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Reporter ohne Grenzen
Deutschland rutscht in der "Rangliste der Pressefreiheit" weiter ab

Die Organisation Reporter ohne Grenzen hat Deutschland in der weltweiten "Rangliste der Pressefreiheit" erneut herabgestuft. Die Bundesrepublik rangiert jetzt nur noch auf Platz 16. Noch nie wurden demnach so viele gewaltsame Angriffe gegen Medienschaffende gezählt wie im vergangenen Jahr.

    Gewalt gegen Journalisten bei einer Querdenken Demonstration in München am 24. Januar 2021.
    Gewalt gegen Journalisten bei einer Querdenken Demonstration in München am 24. Januar 2021 (imago / Sachelle Babbar)
    Die Zahl der verifizierten gewaltsamen Angriffe auf Journalisten stieg laut Reporter ohne Grenzen im Vergleich zum Vorjahr von 65 auf 80 - und damit wie schon in der Rangliste 2021 auf einen neuen Höchststand. Die meisten Vorfälle gab es demnach bei Protesten der sogenannten Querdenker-Szene gegen die Corona-Schutzmaßnahmen, an denen regelmäßig gewaltbereite Neonazis und Anhänger extrem rechter Gruppen teilnahmen. Medienschaffende wurden bespuckt, getreten und einige bewusstlos geschlagen. Einige klagten über mangelnde Unterstützung durch die Polizei. Zudem wurden zwölf Angriffe der Polizei auf die Presse dokumentiert.

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    Situation der Pressefreiheit nur noch "zufriedenstellend"

    In der "Rangliste der Pressefreiheit" ist Deutschland von Platz 13 auf 16 abgerutscht. Drei Gründe seien für die Verschlechterung zentral, schreibt Reporter ohne Grenzen: eine Gesetzgebung, die Journalistinnen und Journalisten sowie ihre Quellen gefährde, eine abnehmende Medienvielfalt und allen voran die beschriebene Gewalt bei Demonstrationen.
    Ganz oben in dem Ranking zur Pressefreiheit liegen Norwegen, Dänemark und Schweden. Aber auch Litauen, Jamaika und die Seychellen sind besser platziert als die Bundesrepublik. Im vergangenen Jahr war Deutschland erstmals aus der Spitzengruppe geflogen. Seitdem gilt die Situation der Pressefreiheit hierzulande nicht mehr als "gut", sondern nur noch als "zufriedenstellend". Ganz unten im Ranking von Reporter ohne Grenzen liegen die totalitären Regime Turkmenistan, Eritrea und Nordkorea.

    Problematische Lage in Afghanistan

    In Afghanistan hat sich die Situation von Journalistinnen und Journalisten weiter deutlich verschlechtert. Die Journalistin Shikiba Babori sagte im Deutschlandfunk, die Taliban hätten die Berichterstattung der Medien weiter stark reduziert und eingeschränkt. Diese solle beispielsweise "islamkonform" sein. Was das aber konkret bedeute, sei unklar. Babori sprach von Willkür und totaler Zensur, die in Afghanistan entstanden seien. Die Sichtweise von Frauen tauche nur noch wenig in den afghanischen Medien auf.
    In einem Fernsehstudio steht eine Moderatorin, ein Moderator sitzt an einem Tisch. Sie blicken in unterschiedliche Kameras.
    Die Journalistinnen und Journalisten des afghanischen Nachrichtensenders Tolo News stehen unter Druck der Taliban. (IMAGO / Le Pictorium)
    Es gebe aber auch Ausnahmen, beispielsweise den Sender Tolo News, so Babori. Er beschäftige seit der Machtergreifung der Taliban im August 2021 doppelt so viele Frauen wie vorher. Zu Interviews mit den Taliban schicke man außerdem immer wieder Frauen als Reporterinnen. In Polit-Talkshows mit Taliban-Vertretern moderierten Babori zufolge außerdem gezielt Frauen - der Sender komme damit immer wieder durch.