Mit pornografischer Zahnärztinnenprosa eröffnete die Kieferorthopädin Corinna T. Sievers den heutigen Lesungstag, wo dann Textstellen wie diese zu hören waren:
"Obzwar winzig, streift meine Brust die andere. Nippel habe ich, und die sind steif. Bohren sich wie zwei Kiesel in die Brust des Patienten, der liegt ausgestreckt, einer Puppe gleich. Männerpuppe. Die Raumtemperatur ist jäh gestiegen, Schweiß unter meinen Achseln. Bewegungen fallen schwer, obschon gerade noch möglich, ich greife zum Mundspiegel, führe ihn ein, in herrlichstem Rosa die Reflexion von Zahnfleisch, Zunge, Wangen".
Diese Art von Pornografie passe vielleicht in den Playboy, "aber ob das jetzt Literatur ist im weiteren Sinne, wage ich zu bezweifeln", so das Urteil des Literaturkritikers Carsten Otte.
Klassisch erzählte Texte sorgen für Begeisterung
Für Begeisterung sorgten bei Publikum wie Jury dagegen zwei sehr klassisch erzählte Texte. Bestsellerautor Bov Bjerg überzeugte mit einer unprätentiösen Vater-Sohn-Geschichte und die in der Ukraine geborene Tanja Maljartschuk berichtete aus dem Innen- und Außenleben eines Flüchtlings. Panikattacken gab es, durchaus beachtenswert, bei Ally Klein:
"Ich heulte, aber lief, heulte kindesgleich und stampfte übers Feld, schluchzte auf, lief, jaulte, wie ich es seit Jahren, seit Ewigkeiten, nicht mehr getan hatte, wimmerte vor mich hin, mich hörte niemand."
All das, was gewesen ist und noch kommen wird ist zu hören auf der Deutschlandfunk-Seite unter "Dokumente und Debatten", es ist nachzulesen auf der Seite des ORF, wo die Texte als PDF bereitliegen, der Twitteraccount @DLFBuch ist ebenfalls dabei. Am Sonntagvormittag werden in Klagenfurt unter anderem der mit 25.000 Euro dotierte Ingeborg-Bachmann-Preis verliehen und zum zweiten Mal der mit 12.500 Euro dotierte Deutschlandfunk-Literaturpreis. Sonntag ab 17:05 Uhr sendet der Deutschlandfunk die Eröffnungsrede von Feridun Zaimoglu, im Anschluss werden in "Kultur heute" die 42. Tage der deutschsprachigen Literatur bilanziert.