Einen Rückkehrer oder einen zukünftigen Emigranten zu finden, der darüber reden will, ist deshalb nicht einfach.
Suleyman will uns weiterhelfen. Wir haben uns mit ihm verabredet, bei einem Freund, nicht zu Hause bei seinen Eltern. Das ist diskreter. Wir warten. Und trinken Tee. Warten und Tee trinken ist in ganz Westafrika eine Tugend – eine Übung in Gelassenheit. Das Teekochen wird hier zelebriert. Gekocht wird der Tee in der Tat: eine halbe Ewigkeit lang.
Ich sitze in einem Betoninnenhof. Ein paar Meter weiter waschen zwei Frauen Wäsche in vier Plastikkübeln, die auf dem Boden stehen, gefüllt mit Wasser und Schaum. Es wird nicht viel geredet.
Gemächlich rollt die Teezeremonie vor mir ab.
Wir warten auf einen Neffen von Suleyman. Suleyman arbeitet als Haustechniker in einem Büro in der Hauptstadt Dakar. Damit verdient er gut 100.000 Francs, das sind 150 Euro im Monat. Suleyman hat große Pläne: Er spart, damit er sich in Dakar zum Computertechniker ausbilden lassen kann. Das Studium ist teuer, das Gehalt niedrig.
Als ich mich in der Stadt erkundigte, wer jemanden kennt, der sich demnächst auf den Weg nach Europa machen will, habe ich bei einem Straßenhändler nur ein fröhliches Lachen geerntet: "Mein Bruder, Du suchst jemanden, der gehen will? Wir wollen alle gehen!" Suleyman will nicht gehen, sagt er. "Entweder, ich nehme ganz legal das Flugzeug, oder ich lasse es bleiben. Zurückzukommen und nichts zu haben, das wäre zu peinlich."
Sein Neffe, der ist schon mal gegangen – und zurückgekommen mit leeren Händen. Eine Blamage.
Wir sitzen im betonierten Innenhof vor dem dunklen Zimmer, das sich Suleyman in einem Vorort Dakars gemietet hat, in dem die meisten Straßen zwar einen Namen, aber statt Asphalt nur Sand haben, und warten und trinken Tee. Nach dem Freitagsgebet solle er vorbeischauen, hatte Suleyman seinen Neffen gebeten. Das Gebet war mittags um zwei zu Ende; jetzt ist es fast vier.
Mittlerweile ist ein Freund von Suleyman gekommen. Über einem Gaskocher, der eigentlich für große Töpfe bestimmt ist, stellt er eine kleine blaue Blechkanne in die Flamme. Damit das Wasser schneller kocht, verstopft er den Ausguss mit einem zusammengerollten Stück Papier.
Das Wasser kocht; Suleymans Freund schüttet ein Glas Schwarztee hinein. Nach dem ersten Aufkochen schüttet er die Hälfte in ein Glas, in die andere Hälfte stopft er Unmengen von Zuckerwürfeln. Bei zehn höre ich auf zu zählen. Der Tee wird jetzt eine kleine Ewigkeit lang von einem in ein zweites Teeglas hin- und hergeschüttet, bis sich in beiden Gläsern hoher weißer Schaum bildet. Der ist wichtig, sonst schmeckt der Tee nicht, der derweilen in der Blechkanne weiter kocht. Mindestens eine gefühlte Viertelstunde.
Süßer und bitterer Tee kommen jetzt zusammen, und dann können Suleyman, sein Freund, die beiden Wäscherinnen, die sich die ganze Zeit an den Bottichen zu schaffen gemacht hatten und ich das Ergebnis genießen. Der Tee schmeckt sehr bitter und sehr süß, nicht wirklich schlecht, aber auch nicht wirklich gut. Auf jeden Fall weckt er die Lebensgeister.
Wenig später kommt dann auch der Neffe. Er nimmt sich ein Glas, und nach einigem Plaudern frage ich ihn, warum er sich nach Europa aufmachen will. Nur zögernd erzählt er mir seine Geschichte - und Geschichten wie diese werde ich in den nächsten Wochen noch oft zu hören bekommen. Sie handelt von der Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa. Vom Geld, das man dort verdienen und in der Heimat investieren kann. Von den Eltern, denen er ein würdigeres Leben ermöglichen will. Und von den eigenen Kindern, die eine Zukunft haben sollen. Es gibt wohl nichts, was ihn noch davon abhalten könnte, zu gehen.
Suleyman will uns weiterhelfen. Wir haben uns mit ihm verabredet, bei einem Freund, nicht zu Hause bei seinen Eltern. Das ist diskreter. Wir warten. Und trinken Tee. Warten und Tee trinken ist in ganz Westafrika eine Tugend – eine Übung in Gelassenheit. Das Teekochen wird hier zelebriert. Gekocht wird der Tee in der Tat: eine halbe Ewigkeit lang.
Ich sitze in einem Betoninnenhof. Ein paar Meter weiter waschen zwei Frauen Wäsche in vier Plastikkübeln, die auf dem Boden stehen, gefüllt mit Wasser und Schaum. Es wird nicht viel geredet.
Gemächlich rollt die Teezeremonie vor mir ab.
Wir warten auf einen Neffen von Suleyman. Suleyman arbeitet als Haustechniker in einem Büro in der Hauptstadt Dakar. Damit verdient er gut 100.000 Francs, das sind 150 Euro im Monat. Suleyman hat große Pläne: Er spart, damit er sich in Dakar zum Computertechniker ausbilden lassen kann. Das Studium ist teuer, das Gehalt niedrig.
Als ich mich in der Stadt erkundigte, wer jemanden kennt, der sich demnächst auf den Weg nach Europa machen will, habe ich bei einem Straßenhändler nur ein fröhliches Lachen geerntet: "Mein Bruder, Du suchst jemanden, der gehen will? Wir wollen alle gehen!" Suleyman will nicht gehen, sagt er. "Entweder, ich nehme ganz legal das Flugzeug, oder ich lasse es bleiben. Zurückzukommen und nichts zu haben, das wäre zu peinlich."
Sein Neffe, der ist schon mal gegangen – und zurückgekommen mit leeren Händen. Eine Blamage.
Wir sitzen im betonierten Innenhof vor dem dunklen Zimmer, das sich Suleyman in einem Vorort Dakars gemietet hat, in dem die meisten Straßen zwar einen Namen, aber statt Asphalt nur Sand haben, und warten und trinken Tee. Nach dem Freitagsgebet solle er vorbeischauen, hatte Suleyman seinen Neffen gebeten. Das Gebet war mittags um zwei zu Ende; jetzt ist es fast vier.
Mittlerweile ist ein Freund von Suleyman gekommen. Über einem Gaskocher, der eigentlich für große Töpfe bestimmt ist, stellt er eine kleine blaue Blechkanne in die Flamme. Damit das Wasser schneller kocht, verstopft er den Ausguss mit einem zusammengerollten Stück Papier.
Das Wasser kocht; Suleymans Freund schüttet ein Glas Schwarztee hinein. Nach dem ersten Aufkochen schüttet er die Hälfte in ein Glas, in die andere Hälfte stopft er Unmengen von Zuckerwürfeln. Bei zehn höre ich auf zu zählen. Der Tee wird jetzt eine kleine Ewigkeit lang von einem in ein zweites Teeglas hin- und hergeschüttet, bis sich in beiden Gläsern hoher weißer Schaum bildet. Der ist wichtig, sonst schmeckt der Tee nicht, der derweilen in der Blechkanne weiter kocht. Mindestens eine gefühlte Viertelstunde.
Süßer und bitterer Tee kommen jetzt zusammen, und dann können Suleyman, sein Freund, die beiden Wäscherinnen, die sich die ganze Zeit an den Bottichen zu schaffen gemacht hatten und ich das Ergebnis genießen. Der Tee schmeckt sehr bitter und sehr süß, nicht wirklich schlecht, aber auch nicht wirklich gut. Auf jeden Fall weckt er die Lebensgeister.
Wenig später kommt dann auch der Neffe. Er nimmt sich ein Glas, und nach einigem Plaudern frage ich ihn, warum er sich nach Europa aufmachen will. Nur zögernd erzählt er mir seine Geschichte - und Geschichten wie diese werde ich in den nächsten Wochen noch oft zu hören bekommen. Sie handelt von der Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa. Vom Geld, das man dort verdienen und in der Heimat investieren kann. Von den Eltern, denen er ein würdigeres Leben ermöglichen will. Und von den eigenen Kindern, die eine Zukunft haben sollen. Es gibt wohl nichts, was ihn noch davon abhalten könnte, zu gehen.