An einen ruhigen Stadtbummel ist allerdings nicht zu denken. Denn kaum setzt der europäische Besucher seine weiße Haut der Sonne und dem Licht Dakars aus, wird er eingekreist, umzingelt, und angequatscht. Gegenmittel gibt es keine.
Es passiert also folgendes: Auftritt Weißer auf Straße. Beginn Hupkonzert: Jedes sich irgendwie in Sichtweite befindliche Taxi lässt sein Signalhorn ertönen. Jedes: die Legalen, erkennbar an der gelben Farbe und die Illegalen, die nicht an ihrer Farbe erkennbar sind (sie heißen demzufolge auch "clando", abgeleitet von "clandestin" – illegaler Emigrant). Der Tourist läuft nicht gern, das weiß jeder, also muss man ihm sagen, dass man da ist. Das Ergebnis ist laut und schwer zu ignorieren, vor allem, wenn dann noch heftiges Winken von der Fahrerseite aus folgt.
Es treten dann auf in beliebiger Reihenfolge:
Kleine süße und sehr schmutzige Kinder. Sie bevölkern mittlerweile in vielen afrikanischen Ländern mit größerem muslimischem Bevölkerungsanteil die Straßenkreuzungen. Sie sind vier bis zehn Jahre alt, immer in dreckige Lumpen gehüllt und halten oben aufgeschnittene Blechbüchsen in der Hand. Es sind Kinder, die von ihren Eltern in Koranschulen abgeschoben worden sind, weil sie nicht wissen, wie sie ihren Nachwuchs durchfüttern und auch noch das Geld für richtige Schulen bezahlen sollen. In der Koranschule lernen sie zunächst das Betteln zum Wohl des Meisters. So finanziert sich der Lehrer.
So dann folgen: der Zeitungsverkäufer, die Puppenverkäuferin, Männer, die gefälschte Parfums oder T-Shirts, Sonnenbrillenplagiate, oder Andenken, afrikanische Kleidung oder sonstiges verkaufen.
Eines haben sie alle gemeinsam: Vermutlich wird es keiner von ihnen irgendwann zu Wohlstand bringen. Koranschüler und Schuhputzer brauchen gar nicht darüber nachzudenken, doch auch die aktivsten Verkäufer laufen nicht durch die Straßen Dakars, weil das so lukrativ ist, sondern weil es immer noch besser ist, als zu Hause zu bleiben und nichts zu tun. Wenn sie Glück haben, verdienen sie am Tag genug, um die Busfahrt in ihren Vorort bezahlen zu können und ein bisschen Essen für die Familie einzukaufen. Selbst heiraten und eine eigene Familie gründen ist für die meisten unerreichbar – mit ihren Straßengeschäften verdienen sie zu wenig.
Trotz allem Mitgefühls: Wer mehrere Tage lang zu Fuß in Dakar unterwegs ist, kann einen gewissen Unmut nur schwer unterdrücken. Warum soll ich etwas kaufen, das ich gar nicht kaufen will? Ein höfliches "Nein, danke", gilt höchstens als Ansporn. Ignorieren führt im besten Fall zu lautem Rufen, im schlimmeren Fall dazu, dass man nach kurzer Zeit eine ganze Traube von Händlern hinter sich her zieht.
Argumentatives Vorgehen ist ebenfalls zwecklos: "Mein Bruder", sagte ich einmal, weil das eine besonders freundliche Anrede ist, "mein Bruder, warum glaubst Du, dass ich Dir etwas abkaufe, wenn Du mir auf die Nerven gehst?" Die Antwort meines Bruders: "On est comme les mouche: collant, mais on agresse pas!" Was willst Du, Fremder? Wir sind wie die Fliegen: wir kleben an Dir, aber wir greifen Dich nicht körperlich an! Dies ist Senegal, das Land der Taranga, der Gastfreundschaft:
Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich in einem Café. Vor dem Ausgang stehen sie und warten. Ich werde ihnen und ihren Montblanc-Kugelschreibern, Zeitungen und Telefonkarten nicht entkommen.
Es passiert also folgendes: Auftritt Weißer auf Straße. Beginn Hupkonzert: Jedes sich irgendwie in Sichtweite befindliche Taxi lässt sein Signalhorn ertönen. Jedes: die Legalen, erkennbar an der gelben Farbe und die Illegalen, die nicht an ihrer Farbe erkennbar sind (sie heißen demzufolge auch "clando", abgeleitet von "clandestin" – illegaler Emigrant). Der Tourist läuft nicht gern, das weiß jeder, also muss man ihm sagen, dass man da ist. Das Ergebnis ist laut und schwer zu ignorieren, vor allem, wenn dann noch heftiges Winken von der Fahrerseite aus folgt.
Es treten dann auf in beliebiger Reihenfolge:
Kleine süße und sehr schmutzige Kinder. Sie bevölkern mittlerweile in vielen afrikanischen Ländern mit größerem muslimischem Bevölkerungsanteil die Straßenkreuzungen. Sie sind vier bis zehn Jahre alt, immer in dreckige Lumpen gehüllt und halten oben aufgeschnittene Blechbüchsen in der Hand. Es sind Kinder, die von ihren Eltern in Koranschulen abgeschoben worden sind, weil sie nicht wissen, wie sie ihren Nachwuchs durchfüttern und auch noch das Geld für richtige Schulen bezahlen sollen. In der Koranschule lernen sie zunächst das Betteln zum Wohl des Meisters. So finanziert sich der Lehrer.
So dann folgen: der Zeitungsverkäufer, die Puppenverkäuferin, Männer, die gefälschte Parfums oder T-Shirts, Sonnenbrillenplagiate, oder Andenken, afrikanische Kleidung oder sonstiges verkaufen.
Eines haben sie alle gemeinsam: Vermutlich wird es keiner von ihnen irgendwann zu Wohlstand bringen. Koranschüler und Schuhputzer brauchen gar nicht darüber nachzudenken, doch auch die aktivsten Verkäufer laufen nicht durch die Straßen Dakars, weil das so lukrativ ist, sondern weil es immer noch besser ist, als zu Hause zu bleiben und nichts zu tun. Wenn sie Glück haben, verdienen sie am Tag genug, um die Busfahrt in ihren Vorort bezahlen zu können und ein bisschen Essen für die Familie einzukaufen. Selbst heiraten und eine eigene Familie gründen ist für die meisten unerreichbar – mit ihren Straßengeschäften verdienen sie zu wenig.
Trotz allem Mitgefühls: Wer mehrere Tage lang zu Fuß in Dakar unterwegs ist, kann einen gewissen Unmut nur schwer unterdrücken. Warum soll ich etwas kaufen, das ich gar nicht kaufen will? Ein höfliches "Nein, danke", gilt höchstens als Ansporn. Ignorieren führt im besten Fall zu lautem Rufen, im schlimmeren Fall dazu, dass man nach kurzer Zeit eine ganze Traube von Händlern hinter sich her zieht.
Argumentatives Vorgehen ist ebenfalls zwecklos: "Mein Bruder", sagte ich einmal, weil das eine besonders freundliche Anrede ist, "mein Bruder, warum glaubst Du, dass ich Dir etwas abkaufe, wenn Du mir auf die Nerven gehst?" Die Antwort meines Bruders: "On est comme les mouche: collant, mais on agresse pas!" Was willst Du, Fremder? Wir sind wie die Fliegen: wir kleben an Dir, aber wir greifen Dich nicht körperlich an! Dies ist Senegal, das Land der Taranga, der Gastfreundschaft:
Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich in einem Café. Vor dem Ausgang stehen sie und warten. Ich werde ihnen und ihren Montblanc-Kugelschreibern, Zeitungen und Telefonkarten nicht entkommen.