Menschen, die sich als queer bezeichnen, können es im Sport schwer haben: Zum Beispiel, weil sie als Homo-, Trans- oder Intersexuelle diskriminiert werden. Aber auch, weil der Sport in seiner bisherigen Logik eben sehr klar in standardisierte Geschlechterrollen einteilt: Es gibt meist Frauen- und Männer-Wettkämpfe. In der Öffentlichkeit ist das Thema vor allem präsent, seit die südafrikanische Mittelstreckenläuferin Caster Semenya wegen ihrer natürlichen Testosteronwerte von Frauenwettkämpfen ausgeschlossen wird.
In Deutschland kommen seit drei Jahren queere Sportvereine zusammen, um sich zu vernetzen und auszutauschen, aber auch gemeinsam praktische Maßnahmen zur Förderung geschlechtlicher und sexueller Vielfalt im Sport zu entwickeln. Die Bundesnetzwerk-Tagung der queeren Sportvereine (BuNT) findet dieses Jahr vom 22.-28. November virtuell statt - für alle Interessierten zugänglich. Mit dabei ist auch der Verein "Seitenwechsel" aus Berlin: Ein Verein für Frauen, Mädchen, Lesben, Trans- und Intersexuelle.
Der Verein wurde 1988 von Lesben gegründet. Es sei darum gegangen, einen Ort für selbstbestimmten Sport für Frauen und Lesben zu finden, so Conny-Hendrik Kempe-Schälicke, Gründungs- und Vorstandsmitglied von "Seitenwechsel". Trans- und intergeschlechtliche Personen seien nach und nach auf der Suche nach einem Schutzraum im Sport dazugekommen. Kempe-Schälicke selbst möchte nicht mit einem Pronomen, also mit er oder sie, angesprochen werden.
Zusammenarbeit mit den klassischen Sportverbänden
Als 2018 im Personenstandsgesetz das Geschlecht "divers" eingeführt wurde, habe das auch im Sport Diskussionen ausgelöst. Seitdem gebe es eine Zusammenarbeit von queeren Verbänden mit den Landessportbünden und dem Deutschen Olympischen Sportbund. Das sei ein "sehr guter Austausch", erzählt Kempe-Schälicke:
"Wir arbeiten natürlich mit den Personen zusammen, die im Bereich Gleichstellung tätig sind. Und die sind ja grundsätzlich erst einmal sensibilisiert."
Eine strikte Einteilung von Menschen in Geschlechter sieht Kempe-Schälicke kritisch: Geschlechter seien "mehr gesellschaftliche Vereinbarungen als naturwissenschaftliche Phänomene".
Kritik am Fall Caster Semenya
Angesprochen auf den Fall Caster Semenya sagt das Seitenwechsel-Vorstandsmitglied: "Die Frau fühlt sich ja nicht nur als Frau, sie ist ja eine Frau." Der erhöhte Testosteron-Wert sei für manche ein Argument, um ihr das Frausein abzusprechen. "Das heißt dann nicht, dass sie weniger Frau ist."
Außerdem würde das Testosteron-Level nur im Leistungssport eine Rolle spielen: "Weil ein Doping-Test gemacht wird oder weil Geschlechtstests gemacht werden."
Kempe-Schälicke prangert Sexismus im Sport an: "Der ist auch ein Hintergrund dafür, dass Trans- und Interfeindlichkeit dort an der Tagesordnung ist."
Kempe-Schälicke wünscht sich viel Kommunikation und Berichterstattung zum Thema Trans- und Intergeschlechtlichkeit, um Verständnis dafür zu schaffen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.