Warschau, August 1944. Die polnische Heimatarmee erhebt sich gegen die deutsche Besatzung. 50.000 Polen kämpfen gegen Verbände der SS und der Wehrmacht, es handelt sich um die größte Revolte im Zweiten Weltkrieg. Im Computerspiel "Warsaw" schlüpft man in die Haut der polnischen Aufständischen. Strezelecka, Kowelska, Listopada: Die strategische Karte, über die man seine Kämpfer bewegt, basiert auf den original Straßenzügen des damaligen Warschau. Ein Warschau, dass sich durch die Ereignisse sehr verändert hat, sagt Krzysztof Paplinski, der Chefentwickler des Spiels:
"Ich habe für viele Unternehmen gearbeitet und dabei Menschen aus der ganzen Welt kennengelernt. Und jedes Mal, wenn die in Warschau zu Besuch waren, waren sie ziemlich enttäuscht. Sie fanden Warschau nicht besonders schön. Und es stimmt ja auch: Die Häuser passen nicht so recht zusammen, es gibt keinen einheitlichen Stil. Ich muss dann immer erklären, dass das natürlich einen Grund hat: 90 Prozent der Stadt wurden am Ende des Zweiten Weltkriegs zerstört. Ich habe dann feststellen müssen, dass viele Leute wenig über das wissen, was damals in anderen Ländern stattgefunden hat."
"Wir möchten eine Diskussion provozieren"
Wenn überhaupt, dann würde der Warschauer Aufstand meistens mit dem jüdischen Aufstand im Warschauer Ghetto verwechselt, erzählt Papliski. Doch der fand mehr als ein Jahr früher statt. Beiden Widerstands-Aktionen gemeinsam ist jedoch, dass sie es mit einer militärischen Übermacht zu tun hatten, es fehlte an Waffen und Munition. Das wird auch im Spiel "Warsaw" spürbar: Die Kämpfe sind anspruchsvoll, Munition ein knappes Gut. Das Strategiespiel präsentiert sich in kantiger Comic-Grafik und orientiert sich mechanisch an dem hochgelobten Taktik-Rollenspiel "Darkest Dungeon". Da stellt sich natürlich die Frage: Darf man das? Darf man ein Ereignis wie den Warschauer Aufstand zum Thema eines Computerspiels machen?
"Natürlich ist es interessant, wenn ausgerechnet ein Spiel diese tragischen Ereignisse thematisiert. Und dann ist dieses Spiel auch anders, als man es vielleicht erwarten würde. Die Comic-Grafik passt natürlich nicht zu den Gräueltaten, die damals begangen worden sind. Aber wir möchten eine Diskussion provozieren. Wir wollen, dass die Leute beginnen über die damaligen Ereignisse nachzudenken und etwas lernen. Das wäre schon ein großer Erfolg."
Es unterhält, wie eine Doku oder Graphic Novel
In den letzten Jahren hat das Medium Computerspiel sich immer öfter an ernste Themen gewagt. Eines der erklärten Vorbilder der Warsaw-Macher war zum Beispiel "This War of Mine", ein Anti-Kriegsspiel, das das Schicksal von Zivilisten thematisiert. Auch dieses Spiel entstand in Polen. So wie "This War of Mine" macht auch Warsaw nicht unbedingt Spaß, schließlich ist der historische Hintergrund des Spiels omnipräsent. Aber es unterhält, in etwa so, wie auch gut gemachte Dokus oder Graphic Novels zu ernsten Themen unterhalten. Kurz gesagt: "Warsaw" nähert sich den damaligen Ereignissen mit den Mitteln eines Unterhaltungsmediums, ohne sie aber zu trivialisieren.
Das ist gut so, denn ernst ist der Hintergrund allemal: Nach etwa zwei Monaten bricht im Oktober 1944 der Aufstand zusammen. Die Deutschen nehmen Rache, etwa 180.000 Zivilisten werden getötet, die Stadt in Schutt und Asche gelegt. Warschau wird nie wieder so aussehen wie vor dem Aufstand.