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Talanx strebt an die Börse

Seit 15 Jahren will der Versicherungskonzern Talanx aus Hannover an die Börse gehen, doch immer wieder kam etwas dazwischen. Nun wagt der Konzern einen neuen Anlauf und drückt aufs Tempo.

Von Brigitte Scholtes | 04.09.2012
    Dieser Anlauf soll gelingen. Noch im Herbst, spätestens Anfang Oktober, strebt der drittgrößte deutsche Versicherungskonzern Talanx eine Erstnotierung an der Frankfurter Wertpapierbörse an. Und er möchte in den MDAX aufgenommen werden. Das hat er zum ersten Mal jetzt förmlich angekündigt. So konkret war es noch nie, meint Steffen Bongardt, Analyst von Independent Research:

    "Zuletzt hat man es ja im Juni probiert, dann hat sich die europäische Schuldenkrise ja doch ein bisschen hoch geschaukelt, was dann dazu geführt hat, dass der Börsengang verschoben wurde. Jetzt, seit Ende Juni/Juli haben wir ja ein verbessertes Sentiment, nicht zuletzt durch die positiven Äußerungen von der EZB hinsichtlich möglicher Stützungskäufe am Anleihemarkt. Das war vor allen Dingen für Finanzaktien relativ gut. Aber wenn das Umfeld so bleibt wie jetzt, ist ein Börsengang im Herbst relativ wahrscheinlich."

    Der geplante Börsengang werde ausschließlich aus einer Kapitalerhöhung bestehen, teilte das Unternehmen mit, machte aber über das Volumen noch keine Angaben. Doch soll der strategische Partner der Talanx in Japan, die Meiji Yasuda Life Insurance, eine Wandelanleihe in Höhe von 300 Millionen Euro in Aktien der Talanx tauschen. Und vor einiger Zeit schon hatte es geheißen, die Gesellschaft wolle mit dem Börsengang 750 Millionen Euro einsammeln, so könnte also insgesamt gut eine Milliarde Euro zusammenkommen. Der bisherige Alleinaktionär, der HDI-Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, will mit einer klaren Mehrheit beteiligt bleiben, angeblich aber höchstens20 Prozent. Grundsätzlich sei die Emission sinnvoll, meint Analyst Bongardt:

    "Man will ja in einem ersten Schritt zehn bis 15 Prozent der Anteile am Markt platzieren. Die Talanx braucht das Geld, um Kredite zurückzuführen und Akquisitionen zu finanzieren. Ohne das Geld aus dem Börsengang ist das relativ schwierig darzustellen."

    Diese Akquisitionen sollen nicht im Kernmarkt Deutschland und Kerneuropa getätigt werden, denn hier klagt die Versicherungsbranche allgemein über schwierige Rahmenbedingungen. Wachsen will deshalb auch Talanx außerhalb dieser Region, sagt Analyst Bongardt:

    "Die Märkte Lateinamerika und Osteuropa sind im Grunde genommen die Wachstumsmärkte, auf denen viele Versicherer momentan versuchen, noch zusätzliche Beteiligungen aufzubauen, also Akquisitionen zu tätigen, weil eben auf den Kernmärkten, sprich Deutschland, Frankreich relativ schwierig ist, zusätzliches Wachstum zu generieren, also es sind im Grunde genommen Lateinamerika, Asien und natürlich auch Zentral- und Osteuropa."

    In 150 Ländern ist die Gruppe aktiv. Talanx ist die Dachgesellschaft für verschiedene Versicherungen, so gehören die Neue Leben, Targo und HDI-Gerling zum Konzern, aber auch die Mehrheit der Hannover Rück, des drittgrößten Rückversicherers der Welt. Im vergangenen Jahr hatte Talanx in der Gruppe knapp 24 Milliarden Euro Prämienvolumen eingenommen und verdient. Im ersten Halbjahr legte der Überschuss um zwei Drittel auf 354 Millionen Euro zu. Dieses gute Ergebnis untermauere die Stärke im Konzern, sagte Talanx-Chef Herbert Haas.