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Tankerunglück im Atlantik –

Das Unglück begann am 13. November im Sturm vor der Küste Nordwestspaniens. Der unter der Flagge des karibischen Inselstaates Bahamas fahrende Tanker "Prestige" schlug leck. Die "Prestige" war mit 77.000 Tonnen Schweröl vom lettischen Ostseehafen Riga ins Mittelmeer unterwegs. Claus-Peter Davenport sieht bisher keinen Hinweis darauf, dass ein Zusammenstoß Ursache für den Schaden war. Er ist Sprecher des Germanischen Lloyd, einer der weltweit größten Klassifizierungsgesellschaften für Schiffe.

Thomas Mösch |
    Das Unglück begann am 13. November im Sturm vor der Küste Nordwestspaniens. Der unter der Flagge des karibischen Inselstaates Bahamas fahrende Tanker "Prestige" schlug leck. Die "Prestige" war mit 77.000 Tonnen Schweröl vom lettischen Ostseehafen Riga ins Mittelmeer unterwegs. Claus-Peter Davenport sieht bisher keinen Hinweis darauf, dass ein Zusammenstoß Ursache für den Schaden war. Er ist Sprecher des Germanischen Lloyd, einer der weltweit größten Klassifizierungsgesellschaften für Schiffe.

    Es ist einfach geschehen durch die Brutalität der See - an extremen Wetterbedingungen mit hohem Seegang und einem sehr starken Wind - nach meinem Kenntnisstand um acht und neun Beaufort. Wenn ein Schiff auf See irgendwie aus der Seebreite herauskommt und sich quer zur See legt, dann zertrümmert die See ein Objekt. Die See ist wie Beton.

    Das Seegebiet vor der Provinz Galicien ist berüchtigt. Die "Prestige" ist nicht der erste Öltanker, der hier verunglückt. 1976 zerschellte die "Urquillo". 100.000 Tonnen Öl flossen ins Meer. Zwei Jahre später traf es die "Andros Patria". Sie verlor 50.000 Tonnen Öl. Und vor fast genau 10 Jahren lief die "Agean Sea" auf die Felsen vor dem Hafen von La Coruña. 70.000 Tonnen Öl flossen aus.

    Im Vergleich zu früheren Unglücksschiffen war die "Prestige" eher klein. Doch die Bilder ähneln sich: Wieder schwappt Öl an die muschel- und krebsreichen Küsten. Zunächst überlegten die Behörden, das Schiff in einen spanischen oder portugiesischen Hafen schleppen zu lassen, um das restliche Öl abzupumpen. Dann entschlossen sie sich dazu, es auf die hohe See zu schleppen, wo die "Prestige" am Dienstag auseinanderbrach und sank. Der größte Teil der Ladung liegt nun in 3500 Meter Tiefe auf dem Grund des Atlantik. Und dort wird es wegen der niedrigen Temperaturen wahrscheinlich erst einmal bleiben, vermuten Experten wie Christian Bussau von Greenpeace Deutschland.

    Das Öl wird sich hier sofort verklumpen, ist jetzt schon praktisch eine zähe, teerige Masse - wie zähe Konfitüre oder Knetgummi muss man sich das vorstellen -, und selbst, wenn die Tanks aufplatzen beim Runterfallen auf den Boden, wird das Öl dort als zähe Paste lokal bleiben. Es wird dort über Jahre hinweg ganz langsam die Giftstoffe abgeben an den Lebensraum der Tiefsee. Und diese Giftstoffe werden dann auch die Nahrungskette im Tiefsee-Lebensraum erreichen.

    Eine akute Gefahr stellt das vor dem Sinken an der Meeresoberfläche ausgetretene Öl dar, warnt Bussau. Der Westwind treibt Ölteppiche von mehreren hundert Quadratkilometern Größe auf die Küste zu.

    Hier werden unzählige Vögel drin landen. Diese Vögel werden dann leider sterben, weil die Federn verkleben und beim Putzen die Vögel dann das Öl in den Magen-Darm-Trakt bekommen, und hier kommt es dann zu Verätzungen des Magen-Darm-Trakts. Außerdem geht dann die isolierende Wirkung des Federkleides verloren, so dass die Tiere auch auskühlen. Aber auch Wale sind bedroht. Und in dieser Region haben wir ja eine Zugstraße für Wale. Da schwimmen alle großen Walarten längs - also auch Blauwale und Finnwale.

    Die felsigen Küsten Galiciens sind reich an Vögeln, Muscheln, Schnecken und Krebsen. Die Menschen leben von den begehrten Krustentieren. Viel tun könne man derzeit nicht, gibt Bussau zu bedenken. Das Meer sei zu unruhig, um das Öl absaugen zu können. Nun gehe es darum, das angeschwemmte Öl möglichst schnell abzusammeln. Dann besteht Hoffnung, dass sich die Natur in ein bis zwei Jahren weitgehend erholt. Umweltexperten verweisen aber auch auf die Havarie der "Exxon Valdez" 1989 vor Alaska. In der Folge seien einige Arten ganz verschwunden, auch wenn sich die Küstengewässer insgesamt wieder erholt hätten.

    Christian Bussau von Greenpeace meint, dass die spanischen Behörden trotz der widrigen Wetterverhältisse das Ausmaß der Katastrophe hätten verringern können.

    Ich glaube, die spanische Regierung hat relativ hilflos reagiert. Vor Tagen, als die Schlepper die "Prestige" an den Haken hatten, da hätte man das Schiff in die Nähe der Küste bringen können, man hätte Feuerlöschboote hinzuziehen müssen, um das Schiff gegen Explosion und Feuergefahr abzusichern. Wenn man dann einen zweiten Tanker danebengelegt hätte - und das Wetter war eigentlich gut genug -, dann hätte man das Öl umpumpen können, und da hätte es nicht zu der verschärften Ölverschmutzung durch das Auseinanderbrechen des Tankers kommen müssen.

    Auch Bernd Kröger, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Reeder, kritisiert, dass Spanien der "Prestige" keinen Hafen geöffnet hat. Das habe die Gefahr erhöht. Claus-Peter Davenport vom Germanischen Lloyd will sich dieser Kritik nicht anschließen. Er sei selbst schon auf Tankern zur See gefahren und wisse nicht, wie man das Schiff unter den dortigen Bedingungen an die Küste hätte schleppen können.

    Die Aktionskonferenz Nordsee, ein Zusammenschluss von Umweltorganisationen, geht davon aus, dass Deutschland auf ein solches Unglück ähnlich unvorbereitet sei wie Spanien. Immer noch gebe es nur einen einzigen Hochseeschlepper in der Deutschen Bucht. Und die Havarie-Einsatzzentrale in Cuxhaven sei immer noch nicht einsatzbereit. Dies bestätigt auch ein Bericht in der heutigen Ausgabe des Hamburger Abendblattes.

    Auf jeden Fall bezeugt das Schicksal der "Prestige" erneut, dass Europa dringend Häfen braucht, die auf solche Notfälle vorbereitet sind. Nach dem sehr ähnlichen Unglück des Tankers "Erika" vor der Bretagne vor drei Jahren hatte die Europäische Union beschlossen, bis 2004 endlich ein Netz solcher Nothäfen einzurichten. Das dauert zu lange, kritisiert Christian Bussau von Greenpeace.

    Es gibt in Deutschland und in Europa keinen einzigen Safe-Haven. Darunter versteht man einen Sicherheitshafen, der in der Lage ist, so einen havarierten, leckgeschlagenen Tanker aufzunehmen und dort im Hafen diesen Unfall zu bekämpfen. Seit Jahren wird auf politischer Ebene in Europa darüber diskutiert, ein europäisches Safe-Haven-Konzept aufzubauen, d. h. mehrere dieser Sicherheitshäfen entlang der großen Tankerrouten. Das scheitert jedoch am Geld. Kein Staat will das Geld bereitstellen, Häfen umzurüsten oder neue Häfen zu bauen.

    Schützenhilfe bekamen die Umweltschützer am Mittwoch aus den Bundestagsfraktionen von SPD und Bündnisgrünen, die die Dringlichkeit der Nothafenpläne betonten. Für "unbedingt erforderlich" hält dies auch die Umweltbehörde in Deutschlands größtem Hafen Hamburg. Die Diskussion darüber sei allerdings schwierig, erklärt Dirk-Uwe Spengler, der dort das Referat Schadensmanagement leitet. Es gehe ja auch darum, wie man die Anwohner eines solchen Hafens zum Beispiel vor giftigen Qualmwolken schützen könne.

    Der Untergang der 26 Jahre alten Prestige wirft erneut die Frage auf, ob solche alten Schiffe überhaupt noch sicher sein können. Schon macht das Wort vom "Seelenverkäufer" die Runde. Bernd Kröger vom Verband Deutscher Reeder hält das für unangebracht. Er verweist auf die Kontrollen, denen auch die "Prestige" unterworfen war. -- Die wichtigste ist: Welche Klassifikationsgesellschaft, also der Schiffs-TÜV, steht hinter diesem Schiff, und das ist in diesem konkreten Fall ABS - American Bureau of Shipping. Das ist eine der großen, weltweit renommierten Klassifikationsgesellschaften, die insbesondere über ein Know-how im Tankerbau verfügt. Und diese Klassifikationsgesellschaft hat erklärt, sie habe das Schiff bei der letzten Inspektion im Jahre 2001 untersucht, keine Mängel festgestellt und ein Klassifikationszeugnis erneut ausgestellt.

    ABS-Kontrolleure hatten die "Prestige" im letzten Jahr in China der alle fünf Jahre fälligen großen Inspektion unterzogen und sie außerdem routinemäßig in diesem Frühjahr besichtigt. Auch Claus-Peter Davenport vom deutschen Klassifizierer Germanischer Lloyd ist von der Zuverlässigkeit der amerikanischen Kollegen überzeugt. Außerdem gebe es ja noch die so genannte Hafenstaatkontrolle, der sich Schiffe in den Häfen, die sie anlaufen, unterziehen müssen, erklärt Davenport.

    Nach unserem Kenntnisstand hat das Schiff alle technischen Überprüfungen abgewickelt - ohne größere Mängel. Es läuft unter der Aufsicht einer der großen Klassifikationsgesellschaften der Welt, hat nach meinem Kenntnisstand seit 1998 auch fünfmal die portstatecontroll, sprich die Hafenstaatkontrolle durchlaufen, ist nie festgehalten worden - sind kleinere Mängel festgestellt worden, die behoben worden sind. Das einzige, was man sagen kann: Das Schiff ist aufgrund des Alters natürlich lange nicht mehr so belastbar wie ein junges Schiff, was meinetwegen seit einem Jahr gerade in Betrieb ist.

    Genau hier setzen die Kritiker an. Immerhin vermuten Experten, dass die "Prestige" nicht leckgeschlagen wäre, wenn sie jünger gewesen wäre. Hinzu kommt, dass sie wie alle älteren Tanker nur eine Außenhülle besaß. Wegen deren Verletzlichkeit hat die Internationale Seefahrtsorganisation IMO das Verbot von solchen Tankern auf den Weg gebracht. Das begrüßen auch die Reeder, betont Bernd Kröger.

    Man hat sich zu Beginn der 90er Jahre in der IMO darauf verständigt, dass ab `93 gebaute Schiffe mit einer Doppelhülle versehen sein müssen. Und diese Doppelhülle bietet einen größeren Schutz bei bestimmten Havariesituationen. Insbesondere bei Grundberührungen oder bei bestimmten Kollisionen oder bei Strandungen ist eine Doppelhülle eindeutig ein höherer Schutz. Sie bietet keinen Schutz gegen sämtliche denkbaren Unfälle, aber gegen einen Teil ist das ein höherer Schutz.

    Die IMO hat lange Übergangsfristen vorgesehen, sodass die letzten Tanker mit nur einer Hülle je nach Alter erst 2015 verschwinden müssen. Die schon 1976 gebaute "Prestige" hätte ihre Fahrerlaubnis schon in etwa zwei Jahren verloren. Der Germanische Lloyd schätzt, dass von den weltweit 7200 Öltankern erst etwa 1500 eine Doppelhülle haben. Laut Greenpeace ist die Hälfte aller Tanker älter als 25 Jahre.

    Politiker von CDU, SPD, Grünen und auch Umweltminister Jürgen Trittin fordern nun, dass die Europäische Union alte Tanker schon früher aus ihren Häfen verbannen soll, wie das die USA längst getan haben. Für Greenpeacer Bussau zeigt das bisherige Zögern, dass die EU aus der "Erika"-Katastrophe vor der Bretagne nicht wirklich etwas gelernt habe.

    Die Gefahr ist nicht gebannt. Man hat zwar viel diskutiert; man hat Sicherheitspakete geschnürt, aber an dem Gefährdungspotential hat man nicht angesetzt. Denn wenn man das getan hätte, da hätte man sagen müssen: Wir verbieten Tanker, die über 20 Jahre alt sind, denn Ingenieure und Techniker sagen, ab 20 Jahre ist es so, dass ein Tanker eigentlich nicht mehr sicher ist, weil dann Ermüdungserscheinungen, Altersschwächeerscheinungen auftreten können, die bei den im Moment bestehenden Kontrollen nicht festgestellt werden können.

    Die Europäer sollten sich auch bei der IMO dafür einsetzen, dass die alten Tanker weltweit schnellstmöglich verschwinden, fordert Bussau. Doch er weiß, dass diese Unterorganisation der UNO, in der fast alle Staaten Mitglied sind, sehr schwerfällig ist.

    Bleibt die Frage, ob die bisherigen Kontrollen tatsächlich ausreichen. Eine nach dem "Erika"-Unglück vor der bretonischen Küste eingesetzte französische Untersuchungskommission hatte dem italienischen Schiffs-TÜV RINA eine Mitschuld gegeben. Die Kontrolleure hätten den schlechten Zustand des 24 Jahre alten Tankers gekannt und auch Reparaturen verlangt. Die wurden jedoch nicht ausgeführt. Die "Erika" war im Dezember 1999 wie jetzt die "Prestige" im Sturm leckgeschlagen. Christian Bussau weist darauf hin, dass auch bei der "Prestige" vieles auf Materialermüdung als Unfallursache deutet.

    Wenn man sich jetzt klarmachen muss, dass das Schiff ja kontrolliert worden ist - trotzdem wurden diese Materialermüdungserscheinungen nicht festgestellt -, dann muss man feststellen, dass die Kontrollen offensichtlich nicht ausreichen. Deswegen müssen die Klassifikationsgesellschaften noch schärfer kontrollieren, die Hafenstaatkontrolleure müssen noch genauer kontrollieren, d. h. eigentlich muss hier Personal aufgestockt werden - im Moment haben wir viel zu wenig Hafenstaatkontrolleure -, und man muss eigentlich auch dafür sorgen, dass die Flaggenstaaten weltweit ihre Kontrollen auch in anderen Regionen der Welt etwas genauer durchführen.

    Schiffe sind also Kontrollen auf drei Ebenen unterworfen: In dem Staat, dessen Flagge sie führen, in den Häfen, die sie anlaufen und bei den Klassifizierungsgesellschaften: dem Schiffs-TÜV. Für Claus-Peter Davenport vom deutschen Klassifizierer Germanischer Lloyd reicht das auch völlig aus.

    Wegen der umfangreichen Kontrollen lehnt Davenport es ab von "Billigflaggen"- oder "Sub-Standard"-Schiffen zu sprechen. Egal wo ein Schiff registriert sei, es müsse immer die Standards erfüllen. Wilfried Kiesow von der See-Berufsgenossenschaft in Hamburg macht da andere Erfahrungen. Seine Organisation ist in Deutschland für die Hafenstaatkontrolle zuständig.

    Dass alle Schiffe sicher sind, kann so nicht gesagt werden. Es gibt also Schiffe, die absolute Sub-Standard-Schiffe, die dann nach Möglichkeit aus dem Verkehr gezogen werden. Das sind Schiffe, denen man nicht mehr erlauben kann weiterzufahren und wo die Reparaturpläne, die dann erstellt werden, so umfangreich werden, dass sich die Reparatur der Schiffe nicht mehr lohnt.

    Zwischen der Ostküste Kanadas und Russland legen die Kontrolleure jedes Jahr rund 1700 Schiffe an die Kette, berichtet Kiesow. In deutschen Häfen seien es zwischen 120 und 160 Schiffen. Die Hafenstaatkontrolle als zusätzliche Ebene sei 1982 eingeführt worden, weil immer mehr Reeder ihre Schiffe in so genannte "offene Register" ausgeflaggt hätten. Es habe sich gezeigt, dass einige Staaten mit offenen Schiffsregistern nicht in der Lage waren, die Vorschriften durchzusetzen, erklärt Kiesow. Für diese Fälle hat sich der Begriff "Billigflagge" eingebürgert.

    In Europa greifen die Kontrolleure auf eine zentrale Datenbank im französischen St.Malo zurück. Dort sind rund 60.000 Schiffe mit ihrer Kontrollgeschichte verzeichnet. Wenn ein Schiff schon mehrfach aufgefallen ist, unter einer Billigflagge fährt oder sehr alt ist, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer Kontrolle. Die Fachleute der See-Berufsgenossenschaft gehen dann an Bord, prüfen die Papiere und nehmen das Schiff in Augenschein. Finden sie Anzeichen für Schäden, dann intensivieren sie die Kontrolle. Wilfried Kisow ist überzeugt, dass seine Mitarbeiter auch Materialermüdung entdecken können. Er gibt allerdings zu, dass die Kontrolle von Öltankern nicht so einfach ist.

    Bei Tankern ist die Schwierigkeit, dass die Schiffe eben normalerweise zum Löschen oder Laden in die Häfen kommen. D. h., die Ladetanks sind nicht zugänglich. In der Regel sind auch die Ballasttanks, die an Ladetanks angrenzen, nicht zugänglich, weil ständig Kohlenwasserstoffe durch die Schotten diffundieren und die Ballasttanks eben also auch mit für Menschen nicht verträglichen Gasen gefüllt sind. Das heißt also, man müsste (bei) Hafenstaatkontrolle Räume gasfrei machen können, um die Räume zu besichtigen. Das ist aber praktisch sehr schwer durchführbar.

    In Hamburg sind Senat und Reeder davon überzeugt, dass die Hafenkontrolleure zuverlässige Arbeit leisten. Beim Blick auf andere europäische Länder, vor allem im Süden und Osten des Kontinents, kommen dem Schadensmanager Spengler aus der Umweltbehörde dagegen ebenso Zweifel wie Bernd Kröger vom Reederverband.

    Hier ist sicherlich einiges noch verbesserungsfähig. In bestimmten Regionen Europas wird nach unserem Eindruck etwas lascher kontrolliert als in anderen Regionen. Und wenn sie auf den deutschen Bereich sehen, dann beklagt die See-Berufsgenossenschaft, dass das für diese Inspektionen notwendige Manpower nur noch begrenzt vorhanden sei, d. h., das ist eine Frage der öffentlichen Mittel, die zur Verfügung stehen und der Bereitschaft, sich dieser Kontrollen so anzunehmen, wie diejenigen es sich vorgestellt haben, die die Vorschriften erlassen haben.

    Einen Mangel an Personal will Wilfried Kiesow von der See-Berufsgenossenschaft jedoch nicht bestätigen. Umweltschutzorganisationen fordern nun von der Europäischen Union, dass sie endlich umsetzt, was sie nach der "Erika"-Katastrophe beschlossen hat. Dazu gehört, dass die Kontrollen in den Häfen nach einheitlichen Kriterien vorgehen. Doch die neue Aufsichtsbehörde, die Europäische Agentur für Sicherheit im Seeverkehr, steckt noch in den Kinderschuhen. Sie soll in Zukunft die nationalen Behörden überwachen.

    Da die Behörden immer wieder Schiffe wegen Sicherheitsmängeln an die Kette legen müssen, scheinen zumindest auch einige Klassifizierungsgesellschaften anfälliger für Fehler zu sein als andere. Danach gefragt, zögert Schiffskontrolleur Kiesow zunächst mit einer Antwort.

    Es muss...(Pause) - will mich hier über die Gründe eigentlich nicht auslassen, kann das auch nicht - es muss aber Unterschiede geben. Es ist so, dass Klassifikationsgesellschaften oder auch Flaggenstaaten ihre Schiffe jährlich besichtigen müssen. Die Schiffe haben alle fünf Jahre ihre Klassenerneuerung, wo wesentlich strengere Auflagen zum Tragen kommen. Trotzdem kommt es eben vor, dass die Schiffe nicht sicher sind.

    Es komme auch vor, dass Reeder die Auflagen des Schiffs-TÜV nicht erfüllen wollen und dann zu einem Klassifizierer wechseln, der nicht zu den weltweit renommierten gehört.

    Wenn dann etwas schiefgeht, dann zahlt zuallererst die Natur die Zeche. Die finanziellen Schäden deckt zum Teil die Haftpflichtversicherung ab, die jeder Reeder abschließen muss, erklärt Bernd Kröger vom Reederverband. Im Fall der "Prestige" dürften das 25 Millionen Euro sein, schätzt er.

    Geht der Schaden über diese Summe hinaus - so sieht das hier aus -, dann tritt ein internationaler Fonds ein. Dieser internationale Fonds sitzt in London, hat ein Haftungsvolumen in der Größenordnung von etwa 180 Millionen Dollar. Im nächsten Jahr wird er auf 270 Millionen aufgestockt. Dieses Haftungsvolumen reicht aus, um das Schadensvolumen abzudecken, das von der spanischen Regierung in der Größenordnung zwischen 60 und 90 Millionen Euro geschätzt worden ist.

    Die Bündnisgrünen fordern unterdessen, die strengen amerikanischen Haftungsbedingungen zu übernehmen. Ihre Bundestagsfraktion weist darauf hin, dass die Eigner der "Exxon Valdez" insgesamt sechs Milliarden Euro für die Sanierung der Küste Alaskas und als Schadenersatz an die Fisch- und Tourismuswirtschaft zahlen mussten. Aus der "Exxon Valdez" waren 1989 35.000 Tonnen Öl ausgelaufen. Die "Prestige" hat bisher etwa 10.000 Tonnen verloren. Die restlichen 65.000 hat sie mit in die Tiefe gerissen.