Es ist Showtime, und so tänzelt der Schauspieler Samuel Finzi singend im weißen Anzug über einen Gittersteg ran ans Publikum, während an der Rückwand farbige Glühbirnen erstrahlen. Als Sommerfest-Flaneur erzählt er vom Maine-Lobster-Festival, - mit einem Text von David Foster Wallace, den dieser nach dem Besuch des Festivals im Jahr 2003 für eine Gourmet-Zeitschrift schrieb. Man erfährt von Essorgien und der Rummelplatz-Atmosphäre beim Festival, und nachdem er den Hummer wissenschaftlich zergliedert und erklärt hat, wendet sich Finzi der Zubereitung dieses "Meeresinsektes" zu: Der Hummer wird lebend ins kochende Wasser geworfen. Mehr als 25tausend Pfund Lobster kommen beim Festival auf diese Weise ums Leben:
"Gleich daneben wartet schon das Renommierobjekt der Veranstalter, der weltgrößte Hummerkessel. The World Largest Lobster Cooker bewältigt hundert Tiere auf einmal, Nachschub für das Große Fresszelt. Angesichts dieses gigantischen Behältnisses lässt sich einer Frage nun nicht mehr ausweichen. Ist es eigentlich in Ordnung, aus reiner Freude am Genuss ein fühlendes Wesen in einen Topf mit kochendem Wasser zu werfen?"
Fosters Text mäandert nun durch moralisches Gebiet, fragt nach der Schmerzempfindlichkeit von Hummern, erwähnt die Malträtierung von Tieren bei der Zucht und beschreibt mitfühlend das "menschlich" wirkende Fluchtverhalten von in kochendes Wasser geworfenen Hummern.
Samuel Finzi illustriert oder verdoppelt diesen Text nicht etwa mit gestisch-mimischen Mitteln, auch wenn er gelegentlich die Arme wie Hummerfühler ausbreitet, sondern er bleibt ein Entertainer, der Fosters subtile Sprachbewegungen in Körperbewegungen übersetzt. Sprechen und Kommunizieren werden so als eine Bewegung hin auf den Leser, oder in diesem Fall, hin auf den Zuschauer, deutlich. Die sensibel analysierende und argumentierende Sprache des Autors wird bei dieser Bühnenperformance, die wenig Vertrauen in die Wirkungsmöglichkeiten des Textes zeigt, zwar als Denk - und Deutungsbewegung deutlich, wirkt dabei aber plakativ, marktschreierisch und schauspielerisch allzu wirkungssüchtig. Und wenn der Musiker Sir Henry, der in einem offenen Holzkasten mit zwei fühlerartigen Stangen und dem Logo der Bundesanstalt für Arbeit an seinem Synthesizer auf der Bühne sitzt, den Monolog musikalisch untermalt, dann übertönt er den Schauspieler oder setzt peinliche Ausrufezeichen, so beim Hummertod mit Bachs "O Haupt voll Blut und Wunden." Vor allem aber wird die Musikalität des Textes von dieser entbehrlichen Begleitung eher beschädigt als verstärkt.
Das 46. Interview aus Wallace´ "Kurze Interviews mit fiesen Männern" folgt, und eine Überleitung ist nicht nötig, denn es geht um die Auseinandersetzung mit der Frage, wie Menschen Gewalt-Erfahrungen, die sie nicht selbst gemacht haben, überhaupt empfinden und verstehen können:
"Was glauben wir, nicht alles zu wissen über Menschenrechte und Menschenwürde und wie entsetzlich es ist, jemandem diese Würde zu nehmen, deshalb ja Menschenwürde. Aber mitzuerleben, wie es dir selber passiert, erst das heißt wissen. Nein, da kommen sie mit all Ihren handlichen Begriffen und Beurteilungsreflexen nicht weiter. Erst wenn es Ihnen selber passiert, schauen Sie auf die Schattenseite des Lebens."
Dieser Text stellt unterschiedliche Argumentations- und Sprachmöglichkeiten vor und verschiedene Rollen und Erklärmuster in Brechungen aus. Wenn der Schauspieler, jetzt im Frauenkleid, mit raumgreifenden, die Wucht der Argumente versinnlichenden Bewegungen die Frage umkreist, wie das Opfer einer Vergewaltigung die Erfahrung bewältigen könne, zum reinen Gegenstand geworden zu sein, dann verliert sich die ranschmeißerische Spielweise des Abends. Doch insgesamt verlieren die Texte von David Foster Wallace durch die auf Show setzende Inszenierung von Ivan Panteelev viel von ihrer Kraft, die sie beim Lesen entfalten. Eine reine Lesung wäre ihnen sicher besser bekommen.
"Gleich daneben wartet schon das Renommierobjekt der Veranstalter, der weltgrößte Hummerkessel. The World Largest Lobster Cooker bewältigt hundert Tiere auf einmal, Nachschub für das Große Fresszelt. Angesichts dieses gigantischen Behältnisses lässt sich einer Frage nun nicht mehr ausweichen. Ist es eigentlich in Ordnung, aus reiner Freude am Genuss ein fühlendes Wesen in einen Topf mit kochendem Wasser zu werfen?"
Fosters Text mäandert nun durch moralisches Gebiet, fragt nach der Schmerzempfindlichkeit von Hummern, erwähnt die Malträtierung von Tieren bei der Zucht und beschreibt mitfühlend das "menschlich" wirkende Fluchtverhalten von in kochendes Wasser geworfenen Hummern.
Samuel Finzi illustriert oder verdoppelt diesen Text nicht etwa mit gestisch-mimischen Mitteln, auch wenn er gelegentlich die Arme wie Hummerfühler ausbreitet, sondern er bleibt ein Entertainer, der Fosters subtile Sprachbewegungen in Körperbewegungen übersetzt. Sprechen und Kommunizieren werden so als eine Bewegung hin auf den Leser, oder in diesem Fall, hin auf den Zuschauer, deutlich. Die sensibel analysierende und argumentierende Sprache des Autors wird bei dieser Bühnenperformance, die wenig Vertrauen in die Wirkungsmöglichkeiten des Textes zeigt, zwar als Denk - und Deutungsbewegung deutlich, wirkt dabei aber plakativ, marktschreierisch und schauspielerisch allzu wirkungssüchtig. Und wenn der Musiker Sir Henry, der in einem offenen Holzkasten mit zwei fühlerartigen Stangen und dem Logo der Bundesanstalt für Arbeit an seinem Synthesizer auf der Bühne sitzt, den Monolog musikalisch untermalt, dann übertönt er den Schauspieler oder setzt peinliche Ausrufezeichen, so beim Hummertod mit Bachs "O Haupt voll Blut und Wunden." Vor allem aber wird die Musikalität des Textes von dieser entbehrlichen Begleitung eher beschädigt als verstärkt.
Das 46. Interview aus Wallace´ "Kurze Interviews mit fiesen Männern" folgt, und eine Überleitung ist nicht nötig, denn es geht um die Auseinandersetzung mit der Frage, wie Menschen Gewalt-Erfahrungen, die sie nicht selbst gemacht haben, überhaupt empfinden und verstehen können:
"Was glauben wir, nicht alles zu wissen über Menschenrechte und Menschenwürde und wie entsetzlich es ist, jemandem diese Würde zu nehmen, deshalb ja Menschenwürde. Aber mitzuerleben, wie es dir selber passiert, erst das heißt wissen. Nein, da kommen sie mit all Ihren handlichen Begriffen und Beurteilungsreflexen nicht weiter. Erst wenn es Ihnen selber passiert, schauen Sie auf die Schattenseite des Lebens."
Dieser Text stellt unterschiedliche Argumentations- und Sprachmöglichkeiten vor und verschiedene Rollen und Erklärmuster in Brechungen aus. Wenn der Schauspieler, jetzt im Frauenkleid, mit raumgreifenden, die Wucht der Argumente versinnlichenden Bewegungen die Frage umkreist, wie das Opfer einer Vergewaltigung die Erfahrung bewältigen könne, zum reinen Gegenstand geworden zu sein, dann verliert sich die ranschmeißerische Spielweise des Abends. Doch insgesamt verlieren die Texte von David Foster Wallace durch die auf Show setzende Inszenierung von Ivan Panteelev viel von ihrer Kraft, die sie beim Lesen entfalten. Eine reine Lesung wäre ihnen sicher besser bekommen.