"Ich will mein Stück vom Kuchen" ist eine besonders schöne Formulierung bei einem französischen Rapper. Das fand auch die südafrikanische Choreografin Robyn Orlin und machte le gateau zu einem Leitmotiv in ihrem neuen Stück "Call it kissed by the sun better still the revenge of geography. Es ist ein Solo für einen jungen HipHop-Tänzer aus der Pariser Banlieue und dreht sich, - auf die für Orlin so typische verspielte und magische Weise - um die französischen Ideale Freiheit und Gleichheit, zweihundert Jahre nach der Revolution und knapp fünf Jahre nach den gewalttätige Ausschreitungen mit brennenden Autos in den Pariser Vorstädten.
Der Hip-Hop-Tänzer Ibrahim Sissoko also sucht den Kuchen, von dem im Rap die Rede ist. Aber weil wir in Frankreich sind, ist das natürlich nicht bloß der schnöde statistische Kuchenkreis gesellschaftlicher Güter- oder Chancenverteilung, sondern gleich der Kuchen Marie-Antoinettes. Legendär ist ihr Ausspruch, wonach das Volk, wenn es denn kein Brot habe, doch Kuchen essen solle. Es rettet ihre Ehre nicht wirklich, dass sie damals an Brioche dachte, süßes Weißbrot also, und nicht Kuchen im eigentlichen Sinne.
Unter den Hunderten von leeren Pappkartons, die zu einer riesigen Mauer aufgeschichtet sind, taucht am Ende des Abends der eine auf, der den Kuchen birgt. Sissoko strahlt und verteilt ihn an das anwesende Zuschauervolk. Es reicht bei Weitem nicht für alle - natürlich nicht. Die Kuchen-Metapher spielt Robyn Orlin ebenso ironisch durch wie die Mauer-Metapher des Bühnenbilds. Mit nichts als Luft gefüllt ist eigentlich die Mauer der Vorurteile gegenüber den Franzosen aus den ehemaligen Kolonien. Auf leeren Kartons und unter wärmendem Folienabfall lagern sich die Ärmsten der Immigrés vor den Toren der Einkaufszentren.
Hier dient die Pappkarton-Mauer als Projektionsfläche und virtuelles Zeichenblatt des live illustrierenden Künstlers Maxime Rebière. Zu Beginn füllt Delacroix' berühmtes Gemälde der Marianne "La liberté guidant le peuple" den Raum. Aber mit unsichtbarer Hand und wenigen Farben verändert sich das Bild. Der kleine Kämpfer rechts der Marianne bekommt das Gesicht eines Farbigen und eine eigene Trikolore.
Denn das ist immer eine von Robyn Orlins zentralen Fragen: Wem gehört eigentlich die Tradition, was heißt hier Kunst, für wen hat sie eine Bedeutung und könnten wir ihr nicht eine neue geben, indem wir sie bearbeiten, umschreiben, übermalen, neu vertonen oder vertanzen?
Natürlich kann sie. Aber das ist keine einseitige Angelegenheit. Denn diese Werke der klassischen Hochkultur besitzen eine ästhetische Kraft, deren Wirkung Orlin auch zeigen möchte. So lässt sich der Hiphopper aus der Banlieue in ihrem Stück von Debussy verzaubern und schlüpft in die Rolle des Fauns, hingerissen von einer – natürlich gezeichneten Nymphe, die ihm in den Bühnenhimmel entflieht.
Es ist wunderschön, wie Orlin und ihr Ensemble aus Rap, HipHop, Graffiti, Video, und vielen fantastischen Einfällen das Porträt eines jungen Tänzer entwerfen, der es aus der Banlieue auf die Bühne schaffte. Auch wenn seine Mutter ihm nie gesagt hat, seine Haut sei von der Sonne geküsst, sondern eher, er sei am falschen Ort geboren.
Der Hip-Hop-Tänzer Ibrahim Sissoko also sucht den Kuchen, von dem im Rap die Rede ist. Aber weil wir in Frankreich sind, ist das natürlich nicht bloß der schnöde statistische Kuchenkreis gesellschaftlicher Güter- oder Chancenverteilung, sondern gleich der Kuchen Marie-Antoinettes. Legendär ist ihr Ausspruch, wonach das Volk, wenn es denn kein Brot habe, doch Kuchen essen solle. Es rettet ihre Ehre nicht wirklich, dass sie damals an Brioche dachte, süßes Weißbrot also, und nicht Kuchen im eigentlichen Sinne.
Unter den Hunderten von leeren Pappkartons, die zu einer riesigen Mauer aufgeschichtet sind, taucht am Ende des Abends der eine auf, der den Kuchen birgt. Sissoko strahlt und verteilt ihn an das anwesende Zuschauervolk. Es reicht bei Weitem nicht für alle - natürlich nicht. Die Kuchen-Metapher spielt Robyn Orlin ebenso ironisch durch wie die Mauer-Metapher des Bühnenbilds. Mit nichts als Luft gefüllt ist eigentlich die Mauer der Vorurteile gegenüber den Franzosen aus den ehemaligen Kolonien. Auf leeren Kartons und unter wärmendem Folienabfall lagern sich die Ärmsten der Immigrés vor den Toren der Einkaufszentren.
Hier dient die Pappkarton-Mauer als Projektionsfläche und virtuelles Zeichenblatt des live illustrierenden Künstlers Maxime Rebière. Zu Beginn füllt Delacroix' berühmtes Gemälde der Marianne "La liberté guidant le peuple" den Raum. Aber mit unsichtbarer Hand und wenigen Farben verändert sich das Bild. Der kleine Kämpfer rechts der Marianne bekommt das Gesicht eines Farbigen und eine eigene Trikolore.
Denn das ist immer eine von Robyn Orlins zentralen Fragen: Wem gehört eigentlich die Tradition, was heißt hier Kunst, für wen hat sie eine Bedeutung und könnten wir ihr nicht eine neue geben, indem wir sie bearbeiten, umschreiben, übermalen, neu vertonen oder vertanzen?
Natürlich kann sie. Aber das ist keine einseitige Angelegenheit. Denn diese Werke der klassischen Hochkultur besitzen eine ästhetische Kraft, deren Wirkung Orlin auch zeigen möchte. So lässt sich der Hiphopper aus der Banlieue in ihrem Stück von Debussy verzaubern und schlüpft in die Rolle des Fauns, hingerissen von einer – natürlich gezeichneten Nymphe, die ihm in den Bühnenhimmel entflieht.
Es ist wunderschön, wie Orlin und ihr Ensemble aus Rap, HipHop, Graffiti, Video, und vielen fantastischen Einfällen das Porträt eines jungen Tänzer entwerfen, der es aus der Banlieue auf die Bühne schaffte. Auch wenn seine Mutter ihm nie gesagt hat, seine Haut sei von der Sonne geküsst, sondern eher, er sei am falschen Ort geboren.