Für einen Radiosender ist das ungewöhnliche Musik, die man eigentlich nur in Clubs und auf Raves hört: Im Radio besetzt der Sender "Sunshine live" mit elektronischer Tanzmusik erfolgreich eine Nische. Seit das Digitalradio DAB+ vor zehn Jahren gestartet ist, ist "Sunshine live" dabei – und gilt heute als Zugpferd für den neuen Digitalradiostandard.
UKW-Frequenzen sind knappp
Aber auch so etwas gibt es bei DAB+: "Radio Horeb", ein privater römisch-katholischer Radiosender, der die Lehre der Kirche verbreiten will – wie mit diesem Angebot zum Mitbeten. Mit "ERF plus" gibt es ein ähnliches Angebot von evangelischer Seite.
Programme wie diese haben das in Deutschland lange eher kleine Radioangebot erweitert. Bis in die 80er-Jahre hinein gab es im Wesentlichen nur öffentlich-rechtliche Radiosender mit einem begrenzten Angebot. Dann wurden nach und nach Privatradios zugelassen, aber je nach Bundesland immer noch stark reguliert – wegen knapper Frequenzen schaute die Politik sehr genau darauf, welche Programme sie zuließ.
Erst mit breitbandigem Internet waren die Sendeflächen praktisch unbegrenzt. DAB+ will eine größere Vielfalt auch ins Antennenradio bringen. Es bietet zwar weniger Platz als das Netz, aber perspektivisch deutlich mehr Sendeplätze als UKW, auch wenn von diesen Kapazitäten bisher nur wenig ausgeschöpft wird.
Startschuss für DAB+ fiel 2011
Im August 2011 startete die erste Palette an DAB+-Programmen auf Bundesebene und weitere auf Ebene der Bundesländer, darunter auch die Programme der regionalen ARD-Sender, erläutert Carsten Zorger, Leiter des Digitalbüros Deutschland, das den Ausbau von DAB+ koordiniert:
"Es gibt zunächst einmal jetzt zwei große bundesweite Belegungen, also zwei Schichten bundesweit. Und dann gibt es natürlich je nach Stadt und Land noch regionale beziehungsweise sogar lokale Belegungen, je nachdem, wo sie sind. In München zum Beispiel haben sie drei lokale, zwei bundesweite und zwei überregionale Belegungen."
Bayern fördert DAB+ besonders
Tatsächlich ist Bayern Vorreiter beim Ausbau von DAB+. Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien unterstützte in den vergangenen Jahren den Ausbau der Netze auch für die privaten Sender. Auch deshalb sind in Bayern mittlerweile 98 Programme im Angebot, so viele wie in keinem anderen Bundesland. Auch bei der Verbreitung von Empfangsgeräten liegt Bayern vorne, wenn auch nicht weit: In 31 Prozent der Haushalte gibt es mindestens ein DAB+-Gerät, im Vergleich zu 24 Prozent bundesweit.
Radio heißt bei DAB+ allerdings vor allem: Musikradio. Die gestiegene Vielfalt bezieht sich auf die Zahl der Sender und auf die verschiedenen musikalischen Stilrichtungen, weniger auf journalistische Inhalte. Automatisierte Playlisten halten die Kosten niedrig. Viele Programme senden immerhin stündlich Nachrichten – auch diese Sender für alle, die im Auto unterwegs sind, darunter vor allem Lastwagenfahrer.
Spezielle Kanäle für Sport und Autofahrer
Damit nutzen die Programmmacher auch den Vorteil, dass DAB+ auf fast jedem Autobahnkilometer in Deutschland zu empfangen ist – ohne Aussetzer und Senderwechsel. Das "dpd Driver’s Radio" gehört zum zweiten Schwung von DAB+-Programmen, die seit Oktober und noch bis zum Sommer nach und nach starten: Diesmal sind, anders als vor zehn Jahren, auch viele komplett neue Angebote dabei – und auch solche, die sich nicht über die Musik definieren, wie etwa "Femotion" speziell für Frauen und das "Sportradio" mit Hintergründen zum Sportgeschehen.
Was für die Hörerschaft ein Vorteil ist, nämlich mehr Auswahl, bedeutet für die Sender selbst mehr Konkurrenz, finden sich doch im selben Gerät statt einer Handvoll nun Dutzende Programme, zu denen sich schnell wechseln lässt. Olaf Hopp, Geschäftsführer des Radiobetreibers Energy Deutschland, sieht darin aber auch Chancen:
"DAB Plus bietet heute neuen Anbietern die Möglichkeit, Märkte zu betreten, die bis dato abgeschottet waren aus politischen Gründen, wo einfach kein Zugang bestand. Das ist ein Plus für Hörer, weil sie mehr Auswahl haben. Das ist ein Plus für neue Angebote, weil sie die Möglichkeit haben, ein neues wirtschaftliches geschäftliches Terrain zu erschließen."
Inzwischen erweitern auch andere Bundesländer das Angebot. So hat Nordrhein-Westfalen gerade erstmals DAB+-Sendeplätze für landesweite Privatradios vergeben, die es bisher nicht auf UKW gab. Und Mecklenburg-Vorpommern bietet DAB+-Kapazitäten für nichtkommerzielle Radioprogramme in Rostock an.
Der Markt für Programme über DAB+ allerdings bildet sich gerade erst. Wer den Wettbewerb übersteht, ist nicht absehbar. Und das hängt nicht nur davon ab, welche Programme die Hörer annehmen – sondern auch davon, wie viele Hörer DAB+ überhaupt künftig haben wird.