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Tarifgespräche gescheitert
Wieder Streiks bei der Lufthansa?

Streik Nummer 13? – Lufthansa-Piloten wollen mal wieder die Arbeit niederlegen. Zwölf mal haben die Piloten im Tarifkonflikt mit der Lufthansa seit April 2014 gestreikt. Der Schaden liegt nach Konzernangaben inzwischen bei über 300 Millionen Euro. Im Sommer noch sah es nach einer Einigung aus. Jetzt die neue Eskalation?

Von Michael Braun |
    An einem Flugschalter der Lufthansa in Frankfurt am Main ist auf dem Display zu lesen: "Serviceschalter für annulierte Flüge ab 5 Uhr." Vor dem Schalter sind unscharf Fluggäste zu erkennen; dahinter sitzen zwei Service-Angestellte der Lufthansa.
    Lufthansa-Pilotenstreik am 18.3.2015: Serviceschalter für annulierte Flüge am Airport in Frankfurt am Main (dpa / Christoph Schmidt)
    Sie kommen nicht zusammen. Zwei Jahre Verhandlungen und bisher zwölf Pilotenstreiks seit 2014 waren umsonst. Gestern Abend scheiterten die den ganzen August über geführten Gespräche über ein "Bündnis für Wachstum und Beschäftigung" bei der Lufthansa. Und jetzt, so Jörg Handwerg, Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, sind eben wiederum Streiks angesagt:
    "Also, wir werden die Streiks mit Rücksichtnahme auf die Kundschaft mindestens 24 Stunden vorher ankündigen. Es wird betroffen sein Lufthansa Passage, sowohl die Kurz- als auch die Langstrecke. Betroffen sein kann Germanwings und Lufthansa Cargo."
    Lufthansa gab sich überrascht. Eine solche Schlussfolgerung aus dem Verhandlungsstand habe sich gestern nicht abgezeichnet, hieß es bei dem Unternehmen. Konzernsprecherin Barbara Schädler:
    "Interessenvertretungen sind Interessenvertretungen. Und die müssen ihre Aufgabe machen. Ich hoffe dennoch, dass wir wieder ins Gespräch kommen und endlich Tarifverhandlungen aufnehmen können, die ja bisher noch gar nicht stattgefunden haben."
    Es war ein Spitzengespräch gestern, an dem auch der Vorstandsvorsitzende der Lufthansa, Carsten Spohr, teilgenommen hatte. Noch Anfang August hatte er das Ziel, bis zum 1. September mit den Piloten auf einen Nenner zu kommen, zwar als "nicht realistisch" bezeichnet. Aber er habe "ein gutes Gefühl":
    "Ich freue mich, dass wir wieder im Dialog sind. Und ich glaube, beide Seiten haben Interesse, hier nicht länger zu verhandeln als nötig, aber doch so nötig, wie es der Komplexität der Themen gerecht werden muss."
    Es ist kaum mehr die Übergangsversorgung für Piloten, die vor der gesetzlichen Rente aus dem Unternehmen ausscheiden wollen, die strittig ist. Es ist vor allem die Umstrukturierung des Unternehmens. Lufthansa spürt den Preisdruck von Billigfliegern wie Ryanair oder Easyjet. Ein Wettbewerber beschäftige die Hälfte der Piloten als Ich-AG, also ohne Sozialkosten. Ein anderer zahle 40 Prozent weniger Tariflöhne, argumentiert die Lufthansa. Und auch wenn dieses Jahr ein Vorsteuergewinn von 1,5 Milliarden Euro herauskommen soll, sei das zwar ordentlich, aber auch nötig, sagt Lufthansa-Chef Spohr.
    "Wir haben das größte Investitionsprogramm in der Geschichte der Lufthansa vor uns. Wir haben jedes Jahr zwischen zwei und 2,5 Milliarden Investitionen für neue, moderne Flugzeuge vor uns."
    Die Vereinigung Cockpit handelt nach anderen Kriterien. Ihr Sprecher Handwerg beklagt Strukturpläne, die nicht nur Kosten, sondern auch Mitbestimmungsrechte einschränkten:
    "Weil man sich von dem Kurs, die Macht der Gewerkschaften hier zu brechen, nicht abbringen lassen will. So wie jetzt Arbeitsplätze nach Österreich abgeschoben werden zu einer Eurowings Österreich. Diese Menschen, die dann angestellt werden, haben keine Tarifverträge. Sie haben Arbeitskonditionen, die am unteren Ende des Pilotenmarktes liegen. Das ist natürlich etwas, was das genaue Gegenteil eines 'Bündnisses für Wachstum und Beschäftigung' ist. Und deswegen ist es auch keine Grundlage, auf der man verhandeln kann."
    Nun seien die Verhandlungen wieder auf dem Stand von 2014, sagt Cockpit. Und Streik Nummer 13 steht bevor.