"Zug fällt aus", "Heute ca. 30 Minuten später": Bei der Deutschen Bahn läuft der Verkehr wieder wie immer, mögen Bahnreisende ironisch anmerken. Zwar wurde der sechste Ausstand in der laufenden Tarifrunde vorzeitig schon am Samstagabend beendet. Doch auch heute sollen im Fernverkehr auf den Hauptstrecken nur 60 Prozent der eingeplanten Züge rollen. "Oft sind Züge und Personal nicht dort, wo wir sie brauchen, vor allem im Fernverkehr", sagte ein Bahnsprecher. Vor allem am Nachmittag sei wegen der Wochenendpendler mit sehr vollen Zügen zu rechnen.
Besonders große Probleme gibt es noch in Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Wegen Brandanschlägen bleibe dort der Ersatzfahrplan in Kraft, sagte ein Bahnsprecher. Die Schäden konnten nicht sofort behoben werden, da nicht alle Ersatzteile vorrätig waren. Unbekannte hatten gestern in Bremen, Niedersachsen und Brandenburg in Kabelschächten entlang der Gleise Feuer gelegt. Die Polizei prüft inzwischen ein Bekennerschreiben von angeblichen Atomkraftgegnern, das auf dem linken Medienportal Indymedia veröffentlicht wurde. Mehrere Staatsanwaltschaften ermitteln.
"Wir warten auf Verhandlungen"
Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) setzt in dem Tarifkonflikt auf eine Verhandlungslösung. "Die Frage, ob wir tatsächlich noch mal streiken müssen, die beantwortet die Deutsche Bahn AG", sagte GDL-Chef Claus Weselsky gestern am Leipziger Hauptbahnhof. Man erwarte jetzt eine Einladung für Verhandlungen durch die Bahn. Weselsky sagte, er sei bereit zu parallelen Verhandlungen der Bahn mit der GDL und der rivalisierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) zur gleichen Zeit und am gleichen Ort. Nach Angaben von Bahn und Gewerkschaft gibt es bisher noch keine Verhandlungstermine.
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, Rüdiger Grube, meldet sich in der "Bild am Sonntag" zu Wort. "Wir müssen uns jetzt schnell an den Verhandlungstisch setzen und eine Lösung erarbeiten." Die GDL "muss sich ihrer Verantwortung bewusst und zu Kompromissen bereit sein". Grube sagte, die Deutsche Bahn habe mehrere Kompromisse und Schlichtungen angeboten. "Die GDL sagt aber bisher zu allem kategorisch Nein. Selbst zu den Vergleichsvorschlägen unabhängiger Arbeitsrichter."
(sdö/nin)