Einen Tag vor dem Auslaufen des Ultimatums hat die Deutsche Bahn doch ein Angebot vorgelegt. Sie bietet den Lokführern einen lebenslangen Kündigungsschutz, wenn sie fahrdienstuntauglich sind. Zwar lehnt die Bahn die von der Lokführergewerkschaft GdL geforderte Versicherung für solche Lokführer ab, die wegen traumatischer Ereignisse nicht mehr fahren können, die also Selbstmörder überfahren haben. Aber sie bietet eine Erweiterung, eine Sonderregelung für die Gruppe an:
"Diese Erweiterung bedeutet einen arbeitslebenslangen Entgeltschutz in Höhe von 100 Prozent des ehemaligen Tabellenentgelts. Dies gilt unabhängig davon, ob dem Lokomotivführer eine neue Tätigkeit übertragen werden kann oder nicht und unabhängig davon, wie die neue Tätigkeit tariflich bewertet ist."
Die GdL möchte das Angebot der Bahn in Ruhe bewerten, sagte ein Sprecher, man werde sich danach äußern. In dieser Zeit kann man zumindest davon ausgehen, dass es nicht zu Streiks kommen wird – vermutlich auf keinen Fall vor Freitag.
Die traumatisierten Lokführer können aber auch, das bietet die Bahn an, eine eigentlich zumutbare neue Tätigkeit ablehnen und stattdessen mit Zahlung einer Abfindung ausscheiden. Die soll drei Jahre lang bei 80 Prozent des Netto-Entgelts liegen. Sollte die GdL das Angebot der Bahn ablehnen, bleibe es aber auch für die Lokführer bei einer aus Sicht der Bahn umfassenden Beschäftigungssicherung. Die GdL hatte diese zuletzt aus ihrem Forderungskatalog gestrichen. Dazu gehört ein Schutz vor Kündigung aus betriebsbedingten und gesundheitlichen Gründen als auch eine Entgeltsicherung für das gesamte Arbeitsleben von zunächst einhundert Prozent, die dann nach und nach auf mindestens 80 Prozent sinkt.
Eine Versicherung aber, so wie sie die GdL für traumatisierte Lokführer fordere, sei nach erster Bewertung von Versicherungsexperten so auf dem Markt nicht zu erhalten, heißt es bei der Bahn. Versicherungen gegen Flugunfähigkeit gibt es zwar auch bei den Fluggesellschaften – bei der Lufthansa etwa für Piloten und Flugbegleiter. Wenn diese aus gesundheitlichen gründen nicht mehr fliegen dürfen, springt die Versicherung ein. In welcher Höhe, das sei abhängig etwa vom Berufsalter und dem Arbeitsplatz. Die Bahn kommt nach eigener Einschätzung mit ihrem Angebot dieser Versicherungslösung aber recht nahe. Allerdings spürt man in dem offenen Brief an die Gewerkschaft einen gewissen Unmut:
"Wenn die GdL meint, auch dieses Angebot ablehnen und einen irrwitzigen Streik vom Zaun brechen zu müssen, dann muss klar sein, in welcher absolut unakzeptablen Weise spätestens damit die Interessen der Lokomotivführer und unserer Kunden taktischen Spielen geopfert werden."
Denn die GdL ist als Spartengewerkschaft von den aktuellen Plänen der Regierungskoalition bedroht. Die will per Gesetz regeln, dass pro Betrieb nur noch eine Gewerkschaft zuständig ist.