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Tarifverhandlungen
2019 drohen erneut Kita-Streiks

Streiks bei der Bahn sind bis 2021 vom Tisch. Im Tarifkonflikt hat der Konzern mit der Lokführergewerkschaft GDL eine Einigung erzielt. Dafür drohen 2019 in anderen Bereichen Arbeitsniederlegungen. Auch Kindertagesstätten und Schulen könnten betroffen sein.

Günter Hetzke im Gespräch mit Silvia Engels |
    Eine Erzieherin der Kindertagesstätte "Kirschblüte" hängt in Schwerin ein Streik-Plakat an den Eingang der Einrichtung.
    2019 könnte es in öffentlichen Kitas zu Warnstreiks kommen (dpa / picture alliance / Jens Büttner)
    Silvia Engels: Bei den Geldtransport-Fahrern stehen auch heute wieder Warnstreiks an, bei den Tarifverhandlungen ist derzeit keine Einigung absehbar – ganz im Gegensatz zu den Tarifverhandlungen der Bahn mit der Lokführergewerkschaft GDL. Hier wird es in einer Stunde eine Pressekonferenz geben, was auf eine Tarifeinigung schließen lässt. Diese beiden Auseinandersetzungen wollen wir zum Anlass nehmen, um mal auf die weiteren Tarifverhandlungen in diesem Jahr zu schauen. Günter Hetzke aus unserer Wirtschaftsredaktion, wie sieht das Tarifjahr 2019 aus?
    Günter Hetzke: Also, in der Metall- und Elektroindustrie mit immerhin rund 3,9 Millionen Beschäftigten stehen ja in diesem Jahr keine Tarifverhandlungen an. Hier wurde ja Anfang des vergangenen Jahres eine relativ lange Laufzeit von 27 Monaten vereinbart. Da ist erst einmal Ruhe. In anderen Bereichen aber nicht. Insgesamt werden die DGB-Gewerkschaften in diesem Jahr neue Tarifverträge für rund 7,3 Millionen Beschäftigte verhandeln, nachzulesen im Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, in dem alles rund um Tarifverhandlungen erfasst wird. Und bei diesen Verhandlungen, da sind in diesem Jahr auch wieder einige Brocken dabei, die sich wohl nicht so einfach aus dem Weg räumen lassen werden.
    Engels: Gehören zu diesen Brocken auch die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst der Länder?
    Hetzke: Das sieht ganz danach aus. Die Verhandlungen zwischen den Gewerkschaften und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder beginnen am 21. Januar. Ist ja nicht mehr lange hin. Und es zeichnen sich tatsächlich schwierige Gespräche ab. Als Forderung stehen sechs Prozent mehr Geld, mindestens aber ein Plus um monatlich 200 Euro im Raum und das eben nicht nur für die rund eine Million Angestellten. Denn die Einigung, wenn sie denn dann steht, wird anschließend auf die Beamten von Ländern und Kommunen übertragen, betrifft also rund 2,3 Millionen Beschäftigte und zusätzlich dann noch etwa eine Million Pensionäre. Da geht es um zusätzliche Kosten für die Länder zwischen sechs und acht Milliarden Euro pro Jahr, wenn es bei der Forderung der Gewerkschaft bleibt. Dagegen werden sich die Länder vehement wehren.
    "Viele Menschen werden Ausstände zu spüren bekommen"
    Engels: Bei den letzten Tarifauseinandersetzungen blieben ja unter anderem Kitas geschlossen, auch das Schulleben war massiv gestört. Ist in diesem Jahr damit auch zu rechnen?
    Hetzke: Nicht, dass ich es mir wünsche, aber ich befürchte, wir werden auch dieses Mal um Warnstreiks nicht herumkommen. Da werden viele Menschen die harten Verhandlungen durch Ausstände wieder zu spüren bekommen.
    Engels: Und in welchen Bereichen stehen weitere Arbeitskämpfe und Tarifverhandlungen an?
    Hetzke: Mit Blick auf Arbeitskämpfe, da werden wir wohl noch im Januar Streiks auf den Flughäfen bekommen, denn bei den Flughafen-Sicherheitsleuten, da ist die Friedenspflicht zum Jahresende ausgelaufen und die bereits laufenden Verhandlungen gestalten sich schwierig. Zeitgleich mit den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder, also am 21. Januar, starten die Verhandlungen für die rund 55.000 Ärztinnen und Ärzte in den kommunalen Krankenhäusern. Bei den bundesweit rund 80.000 Stahlkochern geht es auf regionaler Ebene bereits in der nächsten Woche los, im Februar dann die erste Runde für die Bankangestellten, um nur einige zeitnahe Beispiele zu nennen.
    Und dann natürlich auch in diesem Jahr der Dauerbrenner, der Tarifkonflikt zwischen Verdi und Amazon, der ja bereits seit 2013 schwelt und wohl auch in diesem Jahr nicht gelöst werden wird. Auffällig bei vielen Tarifforderungen ist übrigens, dass immer mehr Branchen eine Wahlfreiheit für die Beschäftigten fordern, eine Wahl zwischen mehr Freizeit oder Urlaub oder eben mehr Geld. Also, das Verhältnis von Arbeit und Freizeit wird immer wichtiger bei den Tarifverhandlungen.