Kurz vor Beginn der heutigen Verhandlungen wurde es noch einmal etwas lauter - ein paar Dutzend Anhänger der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG waren zur Unterstützung gekommen, um mit Trillerpfeifen und Schokoladen-Osterhasen mehr Tempo in den schon seit Monaten andauernden Verhandlungen einzufordern. "Wir wollen keine faulen Eier, wir wollen sechs Prozent", so die Botschaft.
Immerhin verhandeln die Deutsche Bahn AG und die EVG nun auch endlich über materielle Inhalte, nachdem es mehrere Monate ausschließlich um Fragen der Tarifstruktur im Konzern gegangen ist. Denn parallel führt die Bahn auch mit der Lokführergewerkschaft GDL Tarifgespräche. Beide Gewerkschaften kämpfen um Vertretungsansprüche. Die GDL will künftig auch Berufsgruppen wie Zugbegleiter oder Lokrangierführer in ihre Tarifverträge einbinden, bislang wurden diese Beschäftigten allein von der mitgliederstärkeren EVG vertreten.
Konzentriertes Gesprächsklima
Die heutigen Verhandlungen gingen nach rund fünf Stunden ohne Ergebnis zu Ende, sie werden Ende März fortgeführt. Das Gesprächsklima wird von beiden Seiten als konzentriert dargestellt. Die EVG fordert 6 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 150 Euro Lohnzuwachs im Monat für alle Beschäftigten. Zudem geht es um 16 Punkte, die im Wesentlichen eine Weiterentwicklung des Entgeltsystems beinhalten, beispielsweise Regelungen zur Arbeits- und Schichtzeit.
Ulrich Weber vom Personalvorstand der Bahn sieht generell noch viel Klärungsbedarf, obwohl man sich Schritt für Schritt annähere.
"Weil die Liste der Forderungen zu materiellen Fragestellungen - plus die Sechs-Prozent-Forderung - ja unverändert starker Tobak sind. Was sind die einzelnen Forderungen wert, im Sinne von Euros? Wo sind Prioritäten zu setzen aus Sicht der EVG? Was glauben wir, verhandeln zu können? Und wo haben wir auch Positionen, von denen wir sagen, das steht für uns nicht zur Disposition?"
Wirtschaftlichkeit darf nicht gefährdet sein
Bereits vor zwei Wochen hatte Bahnchef Rüdiger Grube das mittelfristige Umsatzziel des Konzerns zurückgenommen. Und auch bei den gegenwärtigen Tarifverhandlungen angemahnt, dass diese die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens Bahn nicht gefährden dürften.
Die Bahn hat zwar nun den Vertretungsanspruch der GDL anerkannt, will aber weiterhin - so wörtlich - "vergleichende oder sich zumindest nicht widersprechende Tarifergebnisse" für gleiche Berufsgruppen mit beiden Gewerkschaften vereinbaren. Auch Alexander Kirchner, der Vorsitzende der EVG, hält dies für den besten Weg.
"Wir sind dazu bereit. Es ist klar, wir haben unsere Forderungen und kämpfen und streiten dafür, aber wir sind auch für Tarifeinheit im Unternehmen. Wir sind bereit, am Ende inhaltsgleiche Tarifverträge abzuschließen, wenn denn die Angebote des Arbeitgebers stimmen."
Unklare Lage
Ob die Tarifverhandlungen zwischen der EVG und der Bahn bis Ostern beendet werden können, ist noch nicht klar, trotz der von beiden Seiten festgestellten Annäherungen.
GDL-Chef Claus Weselsky hingegen will derzeit zwar nicht von einem neuen Streik sprechen, schließt ihn aber auch nicht aus. Besonders vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung bis zum Sommer ihr Tarifeinheitsgesetz durchbringen will, drückt auch Weselsky aufs Tempo. Denn wird der umstrittene Kabinettsentwurf Gesetz, dann müssten sich kleinere Gewerkschaften tarifpolitisch den größeren unterordnen. Die Verhandlungen mit der GDL gehen am Freitag in die nächste Runde.