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Tarifverhandlungen in Coronazeiten
Arbeitsplatzsicherung steht oft im Vordergrund

In Zeiten der Corona-Pandemie stehen auch Tarifverhandlungen unter besonderen Vorzeichen. Viele Unternehmen wissen noch nicht, wie es weiter geht, andere hingegen haben sogar von der Krise profitiert. Da melden dann die Gewerkschaften direkt Ansprüche an. Etwas anders sieht es bei der Bahn aus.

Von Günter Hetzke |
Ein ICE der Deutschen Bahn auf den Schienen am Bahnhof Köln Deutz.
Auch auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie ist die Bahn immer gefahren. Jetzt stehen wieder Tarifverhandlungen an (picture alliance / Christoph Hardt)
Zwischen der Eisenbahnergewerkschaft EVG und der Deutschen Bahn beginnen wieder Tarifverhandlungen. Während der Coronakrise sind die Züge weitergefahren, kann es sein, dass sie nun bald nicht mehr fahren wegen der Tarifverhandlungen?
Bei der Bahn ist die Chance, dass die Räder möglicherweise nicht stillstehen werden, noch mit am größten im Vergleich mit vielen anderen Branchen oder Unternehmen, in denen derzeit Tarifverhandlungen geführt werden oder noch anstehen. Im Spätsommer und im Herbst wird da noch einiges auf uns zukommen.
Aber natürlich kann es bei der Bahn auch ganz anders kommen. Durch die Corona-Pandemie gibt es derzeit eine ganz schwierige, besonders vertrackte und komplizierte Situation. Die Ausgangslage ist zwar nicht in allen Branchen oder Unternehmen gleich, aber vielfach, so auch bei der Bahn, gilt als Zustandsbeschreibung aus Sicht der Unternehmen: Die Geschäfte laufen schleppend bis schlecht, Einnahmen sind weggebrochen und die Erholung erfolgt nur langsam. Die Perspektive ist völlig ungewiss, weil keiner genau weiß, wie sich die Corona-Pandemie und damit die wirtschaftliche Lage weiterentwickeln wird.
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)
Auf Arbeitnehmerseite wiederum geht es mehr denn je um den Erhalt des Arbeitsplatzes, also um Beschäftigungssicherung. Aber natürlich auch um so viel Einkommen, dass die Mitarbeiter und ihre Familien gut über die Runden kommen. Zusätzlich, und das ist in diesem Umfang seit Jahren mehr zu beobachten gewesen, ein besonders dringendes und leider auch erforderliches Anliegen: Dass, wenn es zum Arbeitsplatzabbau kommt, dies sozialverträglich erfolgt. Soweit zur Großwetterlage.
Warum könnte es bei der Bahn glimpflich ablaufen, also Streiks ausbleiben?
Die Betonung liegt auf "könnte". Bei der Bahn hat der Bund ein wichtiges Wörtchen mitzureden und schon massive staatliche Hilfen zugesagt. Im Mai wurde das Bündnis für Beschäftigungssicherung zwischen Konzern, Arbeitsnehmervertretern und Bund geschlossen. Dabei versprach die Bahn, keine Stellen abzubauen; mehr noch: Es soll sogar an den geplanten Neueinstellungen festgehalten werden. Außerdem gibt es einen Zuschuss vom Bund, um Verluste, die durch die Coronakrise entstanden sind, auszugleichen. Zudem soll die Bahn künftig noch mehr Schulden aufnehmen dürfen als bisher.
Im Gegenzug ist die Bahn angehalten, bei den Personalkosten zu sparen. Um das alles nicht auf die lange Bank zu schieben, wurde vereinbart, dass die Tarifverhandlungen vorgezogen werden. Eigentlich standen sie erst im März kommenden Jahres an. Nun sollen schon jetzt Nägel mit Köpfen gemacht werden. Am 17. August startet die erste, auf fünf Tage angesetzte Verhandlungsrunde.
Ein geschickter Schachzug der Bahn. Denn aktuell wird fast täglich von umfangreichen Stellenstreichungen oder Entlassungen berichtet. Angesichts dieser Gesamtlage könnte es gut sein, dass die Mitarbeiter bei einem kleinen Lohn-Plus zügig einlenken, weil zumindest der Arbeitsplatz in Zeiten wie diesen gesichert ist.
Ein ähnliches Verhalten, sogar mit Einschnitten beim Krisentarifvertrag, ist bei den Fluggesellschaften zu beobachten, aktuell etwa beim Kabinenpersonal bei Lufthansa. Mit den Piloten wird dagegen noch geredet, die Verhandlungen mit dem Bodenpersonal sind bereits abgebrochen. Hier ist unklar, wie es weitergeht.
Welche Trafiverhandlungen - neben denen bei Bahn und Lufthansa - stehen denn noch an?
Hoch spannend wird es ab dem 1. September, wenn die Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst mit Bund und Kommunen beginnen. Zzweieinhalb Millionen Beschäftigte sind davon betroffen. Die Tarifrunde gilt schon jetzt als schwierig und der Begriff Arbeitskampf ist bereits gefallen. In der Baubranche, ein florierender Wirtschaftsbereich, ist die Lage derzeit völlig verfahren. Ebenfalls wirtschaftlich gut steht die Post da. Hier starten die Tarifverhandlungen noch im August, Ende dieses Monats.
Auffällig ist, dass so gut wie alle Gewerkschaften im Vorfeld stets moralisch auf dicke Hose machen. Die Beschäftigten hätten während der Corona-Pandemie Außerordentliches geleistet, heißt es bei der Post, Viel geleistet, was entsprechend gewürdigt werden muss, heißt es von der Bahn und der Papierindustrie. Hier wird sogar von exorbitanter Leistung gesprochen. Papierindustrie, dazu gehören auch die Hersteller von Toilettenpapier. Hier starten die Tarifgespräche in der zweiten Septemberwoche.