Unzugängliche Regenwälder und riesige Moore bedecken den Südwesten Tasmaniens vor der Küste Australiens. Eine kalte, urtümliche Landschaft, deren enorme Niederschläge sich aus den Roaring Forties speisen, jener Westwinddrift, die ungebremst von anderen Landmassen von Südamerika über den Ozean heran rast und bis zu 3.000 Millimeter Regen pro Quadratmeter und Jahr bringt.
Oder besser: brachte. Denn seit einigen Jahren verschieben sich die Wind- und Luftdruckgürtel auf der Südhalbkugel, erzählt David Bowman, Professor für Umweltveränderungen an der Universität von Tasmanien in Hobart:
"Offensichtlich hat der Hochdruckgürtel, der früher weiter nördlich lag, die Roaring Forties nach Süden gedrückt, sodass sie jetzt eher entlang des 45. oder 50. Breitengrades wehen. Und dadurch ändert sich das Wetter in Tasmanien. Bislang gab es hier sehr verlässliche Niederschläge. Aber plötzlich liegen wir im Einflussgebiet des Hochdruckgürtels und leiden unter Trockenheit. Gleichzeitig kommt es zu einer viel stärkeren Vermischung kalter und warmer Luftschichten und dadurch zu immer häufigeren Gewittern. Blitzeinschläge nehmen zu und diesen Sommer brach dann die Hölle los."
Gewitter entzünden Brände
70 trockene Gewitter an einem einzigen Tag Mitte Januar entzündeten Dutzende Brände in den ausgetrockneten Landschaften. Drei Wochen später: neue Gewitter und noch mehr Brände. 28 davon sind bis heute nicht unter Kontrolle.
Mittlerweile sind fast 500 Feuerwehrleute im Einsatz, das Militär wurde herbeigerufen und 124.000 Hektar Land sind schon verbrannt – fast zwei Prozent der gesamten Insel.
Fast überall in Australien ist die Vegetation an immer wiederkehrende Waldbrände angepasst, sodass die Pflanzen nach den Feuern schnell wieder austreiben. Die Regenwälder Tasmaniens aber haben sich ohne Feuer entwickelt. Deshalb besitzen sie keine feuerfesten Fruchtstände, keine unterirdischen Samenspeicher, keine dicke Borke, die das Überleben ihrer Art im Flammenmeer sichern würden. Verbrennen diese Bäume, sind sie verloren.
"Sie werden sich nie von den aktuellen Feuern erholen", sagt David Bowman. "Einige dieser uralten Wälder wachsen hier vermutlich seit dem Ende der letzten Eiszeit vor 35.000 Jahren. Ich habe dafür keine Beweise, aber neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass selbst die 1000 Jahre alten Bäume, die wir kennen, nur Klone noch viel älterer Bäume sind, aus deren Wurzelgeflecht sie ausgetrieben sind."
Die zypressenähnliche und die sichelförmige Schuppenfichte, die Tasmanische Scheinbuche und unzählige andere Arten wachsen weltweit einzig und allein in den kaltgemäßigten Wäldern Tasmaniens. Ihre Wurzeln stecken in zum Teil meterhohen Torfschichten. Selbst dort, wo die Feuer gelöscht werden konnten, schwelt der Torf vor sich hin und lässt die Flammen immer wieder neu auflodern.
"Wenn diese Bäume verbrennen, und ganz besonders wenn der Torf darunter Feuer fängt, können die Bäume sich nicht mehr erholen. Und selbst wenn sie sich von den Flammen erholen könnten, wenn Sie also Samen ausbringen würden, wäre das sinnlos. Denn das Klima dort wird immer trockener. Um die Wälder zu schützen, müssten Sie sie woanders hinbringen. Ich denke die aktuellen Brände sind ein Warnschuss für uns alle. Was wir hier sehen, sind wirklich ungewöhnliche Feuer, Feuer in Regionen die nie gebrannt haben. Und wir sehen solche Feuer nicht nur Australien, wir sehen sie in Patagonien, im Westen der USA, in Kanada, rund ums Mittelmeer, in Afrika. Wir sehen sie überall."
Ökosysteme bewahren
Es gebe nur eine einzige Möglichkeit, die Feuer zu stoppen und die Ökosysteme zu bewahren, sagt David Bowman:
"Wir müssen das Klima stabilisieren und den Klimawandel so schnell wie möglich stoppen, und ich denke das werden wir nicht tun. Ich bin da nicht sehr optimistisch."