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Tauziehen um lukratives Geschäft

Damit Abfall effektiver als bisher als Rohstoffquelle genutzt werden kann, soll das Abfallgesetz erneuert werden. Doch die Novellierung des sogenannten Kreislaufwirtschaftsgesetzes kommt nicht voran. Hauptkonfliktpunkt ist die Frage, wer mit dem Müll Geld verdienen darf.

Von Dieter Nürnberger |
    Zuallererst stellt das geplante, vom Bundesrat noch nicht verabschiedete Gesetz, Anforderungen an alle. Die Deutschen sollen mehr Müll sammeln und trennen. Das gilt für Industrie- und Siedlungsabfall ebenso wie für Haushaltsmüll - Papier, Glas, organischer Müll sowie Metall- und Kunststoffe. Dadurch sollen die Recyclingquoten künftig steigen. Als im Oktober der Bundestag den Gesetzentwurf auf den Weg brachte, forderte der zuständige Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) dementsprechend alle zum Mitmachen auf.

    "Die Gesellschaft, die Unternehmen, die Kommunen – sie können immer noch besser werden. Und sie werden besser sein! Das aber verlangen wir von ihnen."

    Doch der Opposition geht der Regierungsentwurf nicht weit genug. So sollen beispielsweise Siedlungsabfälle ab dem Jahr 2020 bis zu 65 Prozent recycelt werden. Diese Vorgabe sei viel zu lasch – und von der Realität zum Teil längst überholt, sagen Experten. Zudem, so vor allem die grüne Opposition, fehlten im Gesetz stärkere Impulse zur Abfallvermeidung, dem eigentlich ersten Schritt einer konsequenten Kreislaufwirtschaft.

    Diese Detailfragen wären sicherlich in der Vermittlung zwischen Bundestag und Bundesrat längst lösbar gewesen, doch es geht um mehr. Müll ist längst ein lukratives Geschäft geworden – und die Frage, wer damit arbeiten und Geld verdienen darf, der Hauptkonfliktpunkt.

    Bundesumweltminister Röttgen spricht von einem fairen Ausgleich zwischen privaten und kommunalen Interessen. Die Bundesländer machen in ihrer Mehrheit bislang aber auch deswegen nicht mit, weil sie um die Konkurrenzfähigkeit der kommunalen Entsorgungsbetriebe fürchten. Christian Ude (SPD), Oberbürgermeister von München und Präsident des Deutschen Städtetages formuliert es so.

    "Die Privaten drängen auf den Markt und wollen einige Bereiche erobern. Dabei natürlich das heraus picken, was lukrativ ist."

    Zwar sieht das Gesetz konkrete Verpflichtungen für die privaten Entsorger vor – längerfristige und verlässliche Verträge, ein guter Service, eine Entsorgung und Sammlung auf kurzem Wege für die Bürger – doch geht dies den Kommunen nicht weit genug. Und den privaten Entsorgern wohl zu weit. Peter Kurth ist Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungswirtschaft-, Wasser und Rohstoffwirtschaft, kurz: BDE.

    "Dass, was die Bundesrepublik in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten als Recyclingstandort erreicht hat, ist im Wesentlichen das Ergebnis der Anstrengungen der Privatwirtschaft."

    Und dass die privaten Entsorger vor allem beim Haushaltsmüll nur dann zum Zuge kommen sollen, wenn die kommunalen Betriebe nicht selbst den Auftrag übernehmen können oder wollen, sorgt für Verdruss beim BDE.

    Mit dem Gesetz soll die Abfallrahmenrichtlinie der EU in nationales Recht umgesetzt werden. Im Vermittlungsausschuss werden der Streit über Detailfragen eines Gesetzes und der schon länger anhaltende Konflikt zwischen öffentlichen und privaten Abfallwirtschaftsunternehmen wohl weiter weitergehen. Neuauflage im Januar.