Ob Taylor Swift, George Clooney oder Billie Eilish – viele berühmte Namen aus dem Showbusiness haben in den vergangenen Wochen im US-Wahlkampf Position bezogen. Auch andere gesellschaftliche Akteure mischen sich in das Rennen zwischen Kamala Harris und Donald Trump ein. Zuletzt gab es Diskussionen um eine Wahlkampf-Aktion von Multimilliardär Elon Musk. Der Unternehmer verlost seit Kurzem täglich eine Million Dollar unter registrierten Wählern in umkämpften Bundesstaaten.
Dass sich berühmte Persönlichkeiten in den Wahlkampf einmischen, hat in den USA Tradition – anders als in Deutschland. Dabei bringen sie ihre Unterstützung teils mit kreativen Methoden zum Ausdruck. Aber wie groß ist der Einfluss der Stars auf den Ausgang der Präsidentschaftswahl?
Wie positionieren sich Stars im US-Wahlkampf?
Dass sich US-Stars für einen Präsidentschaftskandidaten aussprechen, ist in den USA seit vielen Jahrzehnten üblich. Dabei steht das Showbusiness traditionell eher auf Seiten der Demokratischen Partei. Auch im aktuellen Wahlkampf sprechen sich deutlich mehr berühmte Persönlichkeiten für die Demokratin Harris aus als für den republikanischen Kandidaten Trump.
Popmusik spielt im Wahlkampf eine große Rolle. Begonnen hat diese Tradition mit Frank Sinatra, der für den Wahlkampf von John F. Kennedy 1960 den Text seines Songs „High Hopes“ änderte. Im aktuellen Wahlkampf hat Superstar Beyoncé ihren Song „Freedom“ für die Wahlkampf-Kampagne von Harris zur Verfügung gestellt. Die Sängerin hielt außerdem eine Rede auf einer Wahlkampfveranstaltung der US-Demokraten in ihrer Heimatstadt Houston. Musikalische Unterstützung bekam Harris auch von Soul-Legende Stevie Wonder, der auf dem Parteitag der Demokraten im August seinen Song „Higher Ground“ spielte.
Zahlreiche weitere Prominente haben sich mit Posts in den sozialen Medien für Harris ausgesprochen - viel Aufmerksamkeit erhielt das Statement von Pop-Superstar Taylor Swift. Auch die Sängerinnen Billie Eilish und Ariana Grande, die britische Musikerin Charli XCX sowie Schauspieler George Clooney unterstützen Harris. Für Trump positionieren sich nur wenige Stars, darunter der Sänger Kid Rock, Wrestler Hulk Hogan und Rapper Kanye West.
Umgekehrt versuchen Musikerinnen und Musiker immer wieder, die Nutzung ihrer Songs im Wahlkampf zu untersagen. Rechtlich ist das allerdings kompliziert. Besonders viele Stars wenden sich dagegen, dass Trump ihre Musik auf Wahlkampfveranstaltungen spielt - darunter Adele, Bruce Springsteen, die Angehörigen von Sinéad O'Connor, Phil Collins, Rihanna und Neil Young.
Wie politisch ist der US-Sport?
Auch im US-amerikanischen Sport ist ein Echoraum für den Wahlkampf zwischen Harris und Trump. Während durch die Unterstützung von Taylors Swift, Beyoncé oder Billie Eilish besonders weibliche und queere Fans angesprochen werden, zielt die Wahlkampf-Strategie im Sport auf junge, männliche Sportfans ab.
Seit Langem ein Unterstützer der US-Demokraten ist Basketball-Nationaltrainer Steve Kerr. Zusammen mit neun anderen aktiven und ehemaligen Sportlerinnen und Sportlern steht Kerr an der Spitze der Kampagne „Athletes for Harris“. Für den Soziologen Doug Hartmann zeigt die Kampagne, dass die demokratische Partei inzwischen stärkere Verbindungen mit Sport-Organisationen geknüpft hat. In den vergangenen Jahren habe rechte Politik den Sport dominiert.
Die Republikaner versuchen im Wahlkampf ebenfalls, den Sport für die eigenen Zwecke zu nutzen. Trump zeigte sich bei College-Football-Spielen oder Show-Boxkämpfen. Einer seiner engsten Verbündeten ist Dana White, der CEO der Kampfsport-Organisation UFC.
Hartmann beobachtet, dass sich derzeit viele Akteure im US-Sport so offen wie nie politisch positionieren. Das sei im Sport ungewöhnlich. „Weil er eigentlich versucht, eine breite Masse anzusprechen und sowohl Demokraten als auch Republikaner als Fans zu gewinnen.“
Wie engagiert sich Elon Musk?
US-Milliardär Elon Musk ist der wohl einflussreichste Unterstützer von Trump im Wahlkampf. Laut Angaben der US-Wahlbehörde FEC hat Musk die republikanische Partei innerhalb der vergangenen drei Monate mit 75 Millionen Dollar unterstützt. Die Spenden gehen an das von Musk selbst gegründete Aktionskomitee „America PAC“.
Musk hat sich eine neue Marketing-Strategie überlegt: "America PAC" verlost täglich eine Million Dollar an registrierte Wähler in den umkämpften Swing States, d.h. in den Bundesstaaten, in denen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Harris und Trump erwartet wird. Die Teilnehmenden müssen eine Petition zur US-Verfassung unterzeichnen, in der es um die Meinungsfreiheit und das Recht auf Waffenbesitz geht. Wer andere für die Petition wirbt, soll außerdem 100 Dollar pro Person erhalten.
Die Aktion ist umstritten, laut US-Justizministerium könnte sie gegen das Wahlrecht verstoßen. Denn in den USA ist es verboten, Bürgern Geld für die Stimmabgabe oder die Registrierung als Wähler zu zahlen. Kritiker argumentieren, die Verlosung schaffe einen Anreiz zur Registrierung und sei daher illegal.
Unterstützung für Trump leistet Musk auch auf seiner Online-Plattform X, vormals Twitter. Seit Musk die Plattform übernommen hat, lässt er dort die Verbreitung von ultra-rechten Verschwörungstheorien zu und nutzt X, um seine politischen Ansichten zu teilen. Einer Studie zufolge hat Musk bei X seit Januar 50 falsche oder irreführende Botschaften zur bevorstehenden Wahl verbreitet.
Was ist die Rolle der Medien?
Nicht nur Menschen des öffentlichen Lebens, auch Medien mischen sich in den USA in den Wahlkampf ein. Einige Zeitungen geben eine Wahlempfehlung ab. Anders als bei deutschen Medien sind die Meinungsressorts, die die Empfehlungen abgeben, strikt von den Nachrichtenredaktionen getrennt.
Das "Wisconsin State Journal" empfiehlt seinen Lesern schon seit mehr als 150 Jahren Präsidentschaftskandidaten. In diesem Jahr spricht sich die Meinungsredaktion für die Wahl von Harris aus.
Die eher konservativen "Detroit News" hat sich entschlossen, diesmal keine Empfehlung abzugeben. Man wolle keinen schlechten Kandidaten empfehlen, so der Leiter der Meinungsredaktion Nolan Finley. Grundsätzlich will die Zeitung aber an den Wahlempfehlungen festhalten. „Viele unserer Leser vertrauen auf unsere Hilfe bei der Entscheidungsfindung“, sagt Finley. Die Empfehlung gehöre zum Angebot der "Detroit News" an die Leserschaft.
Aber nicht alle Verlage sehen das so. Der zweitgrößte Zeitungsanbieter der USA, Alden Global Capital, untersagt seinen rund 200 Zeitungen seit zwei Jahren, Wahlempfehlungen abzugeben – mit Ausnahme von lokalen Abstimmungen. In Zeiten der Spaltung seien traditionelle Medien als unparteiische Anbieter von Fakten wichtiger denn je, heißt es zur Erklärung. Die Parteinahme im Wahlkampf stehe diesem Ziel entgegen.
Überraschend ist dagegen, dass traditionsreiche Zeitungen wie die "Washington Post" oder die "Los Angeles Times" kurzfristig darauf verzichtet haben, Wahlempfehlungen abzugeben. Die liberale "Washington Post" unterstützte seit Jahrzehnten die demokratischen Kandidaten. Doch nun gab der Besitzer der "Post", Amazon-Gründer Jeff Bezos, die Anweisung, dass die bereit vorbereitete Empfehlung für Harris nicht veröffentlicht werden solle.
Kritiker vermuten, dass Bezos Nachteile für seine Unternehmen befürchtet, falls Trump die Wahl gewinnt. Aus Protest kündigten mehrere "Post"-Mitarbeiter, zudem kündigten zehntausende Leserinnen und Leser ihre Abos. Das gleiche geschah bei der "Los Angeles Times", die ebenfalls auf die erwartete Unterstützung von Harris verzichtete.
Wie groß ist der Einfluss der Akteure auf die Wählerschaft?
Das kann nicht genau beziffert werden, es spricht aber einiges dafür, dass der Einfluss auf das Verhalten der Wählerinnen und Wähler nicht wahlentscheidend ist. So wird etwa der Effekt der Wahlempfehlungen durch Zeitungen als gering eingeschätzt.
Auch die Macht der Stars, den Wahlausgang zu beeinflussen, scheint begrenzt. Der Autor Mark Harvey hat sich in einem Buch mit dem Thema beschäftigt und ist nicht der Meinung, dass die Positionierung von Prominenten im Wahlkampf einen großen Unterschied macht. „Wenn Leute entscheiden, wen sie wählen, dann schauen sie eher darauf, wie viel Geld sie für Sprit oder Lebensmittel zahlen und wie es um die Wirtschaft steht“, sagt Harvey.
Mit dem Aufruf, sich für die Wahl zu registrieren, konnte etwa Swift zwar nachweisbar junge Menschen mobilisieren. Fraglich ist aber, ob unentschiedene Wählerinnen und Wähler sich davon beeinflussen lassen, für welchen Kandidaten sich ein Popstar ausspricht. Noch zweifelhafter ist, ob Menschen ihre Wahlentscheidung wegen solcher Bekundungen ändern. Wahrscheinlich sei es dagegen, dass sich Menschen in ihrer politischen Meinung bestärkt fühlen, wenn ihr Star dieselbe äußert, meint die Podcasterin Minh Thu Tran.
kau