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Tech-Konzerne fördern US-Journalismus
Finanzspritze für gute Geschichten

In den USA schließt eine Zeitung nach der anderen. Ausgerechnet Facebook und Google greifen der Lokalpresse mit einem Förderprojekt unter die Arme - wohl auch, weil sie von journalistischen Inhalten profitieren.

Von Katja Ridderbusch |
Ein Zeitungsstand, aufgenommen am 22.05.2012 in Chicago, Illinois/USA.
In den vergangenen 15 Jahren mussten in den USA knapp 2.000 Tageszeitungen schließen. (dpa-Zentralbild/ Peer Grimm)
Als Hurrikan Harvey vor zwei Jahren den ländlichen Süden von Texas verwüstete, wusste Ciara McCarthy: Sie wollte über die Folgen des Wirbelsturms für die Menschen in der Region berichten. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete die heute 26-jährige Journalistin allerdings noch in New York, beim Digitalmagazin "Patch.com". Aber sie wollte in den Lokaljournalismus zurückzukehren, wo sie angefangen hatte, wollte mehr Zeit in Recherchen für Geschichten investieren.
Seit über einem Jahr arbeitet McCarthy jetzt beim "Victoria Advocate", einer kleinen, 173 Jahre alten Lokalzeitung in Süd-Texas, in einem Team von 24 Redakteuren und Reportern. Und zwar dank Report for America, einer Non-Profit-Organisation, die seit 2018 ausgewählte Journalisten in Lokalzeitungen überall in den USA platziert. Die Journalisten unterstützen für jeweils ein oder zwei Jahre das Redaktionsteam. Report for America zahlt den Großteil ihres Gehalts.
Knapp 2.000 Zeitungen mussten schließen
Seine Zeitung nutze seit Jahren jede Chance auf Hilfe von Nonprofit-Organisationen, sagt der Chefredakteur des "Victoria Advocate", Chris Cobler. Für Journalistenfortbildung zum Beispiel. Weil die Zeitung nur begrenzte finanzielle Mittel habe.
Knapp 2.000 Tageszeitungen mussten in den vergangenen 15 Jahren in den USA schließen, viele kämpfen ums Überleben. Report for America ist eine von mehreren gemeinnützigen Programmen und Organisationen, die den krisengeschüttelten Lokaljournalismus in den USA unterstützen. Weitere sind die Knight Foundation, Pro Publica, die Google News Initiative, Facebooks News-Accelerator-Programm oder das American Journalism Project.
Nachhaltige Konzepte gesucht
Sie verfolgen unterschiedliche Konzepte – von Stipendien für einzelne Reportageprojekte oder Reporter über stiftungsfinanzierte Journalistenbüros bis zur Hilfe beim Umbau des Geschäftsmodells von lokalen Medien. Vor allem Hilfe bei der wirtschaftlichen Seite des Nachrichtengeschäfts sei hochwillkommen, sagt David Armstrong, Journalismusprofessor an der Kennesaw State University bei Atlanta und Leiter des Georgia News Lab, eines Kollektivs von jungen Investigativjournalisten.
Journalisten seien nicht unbedingt für ihren Geschäftssinn bekannt, so Armstrong. Und gerade deshalb hält er Projekte für wichtig, die nicht nur mit dem nächsten Stipendium Löcher stopfen, sondern dabei helfen, die Nachrichtenorganisationen nachhaltig auf eigene wirtschaftliche Beine zu stellen.
Symbiose von Medien und Tech-Unternehmen
Unter den Rettern der lokalen Medienhäuser sind ausgerechnet diejenigen Organisationen, die die Krise des Journalismus überhaupt erst herbeigeführt haben – Tech-Unternehmen wie Google und Facebook. Die gehören auch zu den Geldgebern von Report for America.
Keine Frage: Diese Organisationen seien für den Niedergang des Journalismus mitverantwortlich, sagt Armstrong. Doch jetzt wollten sie den Journalismus unterstützen, und zwar nicht nur aus reiner Nächstenliebe. Die Tech-Unternehmen brauchten Inhalte, die sie auf ihren Plattformen verbreiten könnten – und zwar auch geprüfte und glaubwürdige Inhalte. Und diese Inhalte lieferten eben Journalisten. Das sei also durchaus ein symbiotisches Verhältnis.
Preisgekröntes Ergebnis
Report for America entlaste unterbesetzte Lokalredaktionen, sagt Armstrong. Aber das Programm biete nur eine vorübergehende Lösung. Was fehle, sei der Blick Richtung Horizont.
Beim "Victoria Advocate" schaut man erst einmal bis ins nächste Jahr. Sie habe viel von erfahrenen Redakteuren beim "Victoria Advocate" gelernt, sagt Report-for-America-Stipendiatin Ciara McCarthy. Gerade hat die Organisation ihren Einsatz bei der Lokalzeitung um weitere zwölf Monate verlängert.
Nonprofit-Organisationen dürften auch in Zukunft ein wichtiger Teil der Antwort auf die Krise des Journalismus sein, sagt Chefredakteur Chris Cobler. Jedenfalls sei die preisgekrönte Serie über Hurrikan Harvey ohne Report for America nicht möglich gewesen. Und er setzt hinzu: Es war ein großartiges Jahr für den Journalismus beim "Victoria Advocate".