"Hier sehen wir einen Server, den muss ich austauschen, der funktioniert nicht mehr."
Ulrich Hergenhahn, IT-Experte bei den Volks- und Raiffeisenbanken, Frankfurt am Main:
"Wahrscheinlich ist das Mainboard kaputt. Aber das Mainboard zu reparieren, ist in der heutigen Zeit fast unmöglich. Und selbst wenn man es könnte, würde es sich nicht lohnen, weil ein neues Mainboard so günstig ist, dass man es einfach wegschmeißt."
Ein Server im Wert von mehr als 1.000 Euro wandert in Müll, weil niemand willens oder in der Lage ist, winzige Kondensatoren auszutauschen.
"Diese Kondensatoren haben oben eine Sollbruchstelle, diese Sollbruchstelle geht bei manchen auf, da kann man optisch schon sehen, dass dieses Mainboard defekt ist. Diese Kondensatoren kosten einzelne Cent, die sind sehr, sehr günstig."
Trotzdem wandert der Rechner in die Tonne. Vergleichbare Fälle gibt es zuhauf: Mal befördern defekte Grafikkarten oder Netzteile teure Laptops in den Mülleimer, mal verwandeln Risse im Display oder Schäden an winzigen Schaltern Smartphones in teuren Elektronikschrott.
"Das ist jetzt in diesem Fall eine der vielen Variationen von Schaltern, die eingebaut werden in Smartphones und in andere Geräte. In dem Fall ist es der Homebutton beim iPhone 4."
Theodor Krall, Servicemechaniker der Firma Phonecare GmbH in Köln:
"Interessant ist in diesem Fall, dass auf dem Metallplättchen ein Kunststofftropfen aufgesetzt ist, der natürlich im Laufe der Zeit immer mehr verschleißt. Das heißt, man kann eigentlich voraussehen, dass nach soundso viel oft Draufdrücken dann die Funktion irgendwann nicht mehr gewährleistet ist."
Weg damit! Ein paar Hundert Euro wandern in den Müll, weil ein Druckknopf im Wert weniger Cent seinen Dienst aufgegeben hat.
Jeder kennt vergleichbare Phänomene: Minimale Defekte münden in Totalschäden. Außerdem treten die Defekte immer früher auf. Ein Fernseher, der 15 Jahren hält? Mittlerweile schwer vorstellbar. Geht es dabei mit rechten Dingen zu? Viele können das nicht glauben. Industriekonzerne, so der Verdacht, bauen künstliche Sollbruchstellen in ihre Produkte ein: Fernseher und Küchenmixer, Tablet-PCs und Waschmaschinen, Glühbirnen und Bohrmaschinen – alles soll nach zwei, drei Jahren kaputt gehen, damit die Kunden rasch neue Geräte kaufen.
Zum Wohle der Produzenten, meint etwa Theodor Krall von der Phonecare GmbH:
"Das wäre ja für die Industrie eine Katastrophe, wenn die Geräte alle ewig halten würden, also, wem soll man das alles verkaufen, was man da gerade erfunden hat?"
Zum Nachteil aber für den Kunden, den die Industrie in einen endlosen Kreislauf von kaufen, wegwerfen und neu kaufen zwingt. Und der sich größtenteils auch gerne dazu verführen lässt.
"Geplante Obsoleszenz" heißt dieser Vorgang. "Obsoleszenz" leitet sich aus dem lateinischen Begriff "obsolescere" ab, was "sich abnutzen" bedeutet, "alt werden", "aus der Mode kommen", "an Wert verlieren". Indizien, dass zumindest Unterhaltungselektronik tatsächlich künstlich eingebaute Mängel enthält, um Lebenszyklen zu verkürzen, sind nicht von der Hand zu weisen. Die Beweislage, dass der Käufer im großen Stil, ja womöglich im Rahmen einer Verschwörung bewusst betrogen wird, ist aber eher dünn. Die Bundestagsfraktion "Bündnis 90/Die Grünen" wollte Licht ins Dunkel bringen und hat ein Gutachten bei der "ARGE REGIO Stadt- und Regionalentwicklung GmbH" in Auftrag gegeben. Herausgekommen ist zunächst einmal, dass die "geplante Obsoleszenz" sich aus einem Bündel unterschiedlicher Facetten zusammensetzt.
"Also, den Begriff, den wir verwenden, ist "Schwachstelle". Und solche gibt es natürlich nachweislich. Wir unterscheiden im Gutachten dann die "leichte" und "grobe" Fahrlässigkeit. Zuletzt ist dann die Frage zu diskutieren, inwieweit Arglist des Herstellers vorliegt. Wir können aber an vielen Beispielen zeigen, dass die Fragen der Produktentwicklung offensichtlich nicht mehr darauf hinauszielen, dem Kundeninteresse nach Langlebigkeit oder Reparierbarkeit nachzukommen, sondern ausschließlich kurze Produktzyklen generieren sollen."
Stefan Schridde ist Mitautor der Studie "Geplante Obsoleszenz":
"Na ja, offensichtlich wird geschwiegen in der Produktentwicklung. Zum Beispiel, wenn unterdimensionierte Elektrolytkondensatoren auf Elektroplatinen verlötet werden, wo dann jeder Elektrotechniker sofort sagt: Erstens, die sind doch an der völlig falschen Stelle. Zweitens, die sind doch unterdimensioniert. Und bei sonst gleichen Kosten könnte eine Platine mit deutlich mehr Haltbarkeit, zehn Jahre und mehr, hergestellt werden. Wenn das zum Grundwissen gehört, da fragt man sich natürlich, was passiert da nicht mehr in der Produktentwicklung. Da wird dann offensichtlich nicht mehr Wert auf Nachhaltigkeit oder Langlebigkeit gelegt, sondern es wird entweder geschwiegen, nicht mehr geredet. Vielleicht ist es schlicht Blödheit, in den meisten Fällen kann man aber zeigen, dass es grobe Fahrlässigkeit ist. Denn in der Planung werden solche Dinge schon bewogen. Wenn sie dann nicht mehr bewogen werden, dann heißt es eben, wir reden hier von gewollter Unterlassung, dass hier Managementhandlungen unterlassen werden, die Langlebigkeit zur Folge hätten."
Untersucht wurden dabei qualitativ hochwertige und teure Produkte, also nicht der Akkuschrauber für 30 Euro, der wenige Einsätze hält.
"Also, wir haben mittlerweile über sogenannte Whistleblower, also, Leute, die aus dem Fach selber sprechen, die Produktentwickler sind und Produktentwickler kennen, gehört, dass sogar führende Qualitätshersteller Entwicklungsingenieure gesondert beauftragen und ihnen den Auftrag geben: Schauen Sie sich doch bitte mal unser Produkt an, an welchen Stellen wir hier mit etwas geringeren Haltbarkeiten fertigen können, damit es eben nicht so langlebig ist."
Nun sind Informationen von Whistleblowern durchaus nützlich, um eine Szene auszuleuchten, Beweiskraft haben sie nicht. Vor allem beantworten sie nicht die Frage, nach welchen Kriterien die Lebensdauer eines technischen Produktes bestimmt wird.
"Lebensdauergrößen sind immer Zielvorgaben in der Entwicklung."
Mirko Mebold, Professor für Produktentwicklung und Konstruktion an der ETH Zürich:
"Wenn sie zum Beispiel ein Nutzfahrzeug, einen LKW kaufen, der ist dann ausgelegt auf eine Lebensleistung, eine Laufleistung von vielleicht einer Million Kilometer. Im Nutzfahrzeugbereich ist das halt der Standard. Im Bereich PKW sind es 200.000 Kilometer. Das heißt, es hängt immer sehr stark vom Benutzungsprofil des Produktes ab. Und daraufhin wird ein Produkt entwickelt."
Billige Bohrmaschinen aus Baumärkten und Discountern versagen tatsächlich nach vergleichsweise kurzer Zeit. Allerdings wissen die Produzenten aus Untersuchungen, dass solche Maschinen in ihrem Lebenszyklus gerade mal zwischen elf und 15 Minuten genutzt werden. Profiwerkzeug hält natürlich länger, ist aber auch wesentlich teurer. Hier von "geplanter Obsoleszenz" zu sprechen, sei falsch, sagt Mirko Mebold. Die Werkzeugproduzenten passten sich einfach den Kundenwünschen an.
"Die Herausforderung der Hersteller ist es, das Vertrauen der Kunden zu gewinnen. Und gerade für Markenhersteller ist Produktqualität eines der Hauptverkaufsargumente. Die Diskussion, die aus der Dokumentation der geplanten Obsoleszenz entstanden ist, geht in die Richtung, dass sich plötzlich Endkunden über die Nachhaltigkeit ihrer Produkte auseinandersetzen. Das finde ich eine sehr gute Auseinandersetzung, die auch sehr viele Unternehmen freut, da gerade deutsche, österreichische und Schweizer Unternehmen gerade für Produktqualität bekannt sind, sie aber natürlich dort auch im Wettbewerb stehen mit Produkten, die eine minderwertige Qualität haben."
Bei der Diskussion um geplante Obsoleszenz gehe es letztlich um Marktmechanismen, die ebenso minderwertige wie hochwertige Produkte zulassen. Und es gehe um die Rolle des Endkunden in diesem Markt. Natürlich gebe es Firmen, die bewusst minderwertige Produkte herstellen. Es gebe aber auch Firmen, die eine diametral entgegengesetzte Philosophie vertreten, Firmen, die in langlebigen Produkten einen Wettbewerbsvorteil sehen. Der Weiße-Ware-Hersteller Miele zählt dazu, der an seinem Firmensitz in Gütersloh eigens ein Labor eingerichtet hat, in dem Waschmaschinen nur eines beweisen müssen: dass sie sehr, sehr lange halten.
"Hier im Raum werden Lebensdauerversuche an Waschautomaten durchgeführt, also, dass die Geräte hier 20 Jahre Haushaltslebensdauer absolvieren müssen, bevor wir die freigeben."
Sagt Martin Horsthemke, Techniker bei Miele, und schaut mit kritischem Blick auf 40 stoisch vor sich hinwaschende Maschinen, kleine und große, Hightechgeräte und einfache Schätzchen. Alle verbunden mit Computern, die von der eingelegten Wäschemenge über das aktuelle Waschprogramm bis zum letzten Schleuderintervall minutiös registrieren, was gerade passiert.
"Also bei uns dauert die Prüfung etwa 60 Wochen, permanent durchgehender Betrieb der Geräte."
60 Wochen Dauerbetrieb simulieren die Belastung einer Waschmaschine, die 20 Jahre lang fünf Mal pro Woche angeworfen wird.
"Der Dauerwaschversuch ist so aufgebaut, dass wir einen Zyklus aus unterschiedlichen Programmen zusammengestellt haben, der im kontinuierlichen Ablauf stattfindet."
Karsten Gayk, Leiter des Waschmaschinenlabors bei Miele, Gütersloh:
"Die Versuche laufen dann eine gewisse Zeit eine Zykluswiederholung durch. Dann muss Wäsche gewechselt werden und es muss natürlich im kontinuierlichen Betrieb dafür gesorgt werden, dass alle Medien wie Waschmittel permanent automatisch zugeführt werden und stetig zur Verfügung stehen."
In einem zweiten Dauerversuch durchleiden die Waschmaschinen endlose Schleudergänge, gleichgültig, ob viel Wäsche in der Trommel ist oder wenig. 20 Jahre müssen sie halten, möglichst sogar länger. Getestet werden:
"Vor allem Federn, Dämpfer, alles, was durch die Erschütterungen und Vibrationen in Mitleidenschaft gezogen wird. Die andere Belastung, die wir haben, ist eine sogenannte tribochemische Belastung. Das heißt, wir haben eine mechanische Belastung, gleichzeitig wirkend mit einer chemischen und einer thermischen Belastung. Die wirkt auf alle Teile, die mit der heißen Waschlauge benetzt werden und gleichzeitig durch die mechanische Belastung des Waschens belastet werden."
Viel Aufwand und wenig schnelle Rendite. Warum nutzt das Unternehmen nicht die Möglichkeiten der geplanten Obsoleszenz? Weil dessen Manager glauben, dass Kunden qualitäts- und preisbewusst sind. Und weil sie der Meinung sind, dass hochwertige und langlebige Produkte in letzter Konsequenz für den Kunden preiswerter sind als vermeintliche Schnäppchen, die – gleichgültig ob durch ungeplante oder geplante Obsoleszenz - rasch ihren Geist aufgeben. Bei der Auseinandersetzung rund um die geplante Obsoleszenz gewinnt der Kunde eine entscheidende Rolle, sagt Mirko Mebold von der ETH Zürich:
"Früher hat man gesagt, ein unzufriedener Kunde erzählt es mindestens zehn anderen Kunden. Heute, durch die Möglichkeiten des Internets, kann ich das auch für die Ewigkeit dokumentieren. Das heißt, hierdurch ist eigentlich eine Verschiebung entstanden, dass eigentlich die Verbraucher ein unglaublich mächtiges Werkzeug in die Hand bekommen haben. Das heißt, die Machtverschiebung von Anbieter zum Nachfrager. Und dort ist auch etwas, was sich durch neue Portale, die sich mit dieser Thematik von der Lebensdauer von Produkten auseinandersetzen, entstanden ist, dass man sich dort informieren kann. Und dann entsteht auch wieder ein Markt, dass sich Leute darüber informieren, welche Produkte nachhaltig sind. Und dann kann er das als Information nehmen, um das für ihn beste Produkt zu kaufen."
Die Kunden kaufen kritischer. Schon das sollte Firmen, die schnelles Geld über die geplante Obsoleszenz verdienen möchten, Sorgen machen. Und noch ein Trend ist unübersehbar: Immer weniger Kunden werfen teure defekte Geräte weg, immer mehr möchten sie reparieren lassen.
Die Phonecare GmbH Köln etwa hat sich auf die Reparatur von Handys und Smartphones spezialisiert. Apples iPhone, sagt Servicetechniker Theodor Krall, nehme bei den reparaturbedürftigen Geräten eine unrühmliche Spitzenstellung ein.
"Wenn man sich das überlegt, dass es die Firma Apple zum Beispiel überhaupt geschafft hat, ein Gerät zu verkaufen, wo man die Batterien nicht tauschen kann. Ich sage jetzt einfach mal, mein Vater würde so ein Gerät nicht kaufen. Das ist schon eine Leistung aus meiner Sicht."
Doch die Reparaturen gestalten sich oft alles andere als einfach. Phonecare kann nur mit Mühe Ersatzteile besorgen, wahrscheinlich, weil viele Handyhersteller lieber ihre Neugeräte verkaufen wollen. Stephan Huxoll, Assistent des Phonecare-Geschäftsführers:
"Durch Recherche im Internet kann man durchaus den einen oder anderen Lieferanten finden, Ersatzteile finden. Das führt aber dazu, dass man nie hundertprozentig sicher sein kann, aus welchen Quellen kommen diese Ersatzteile. Handelt es sich da um einen billigen, primitiven Nachbau, handelt es sich um ein Originalersatzteil, das vielleicht aus irgendeinem Grund aus der Produktionskette übrig geblieben ist. Diese Unterscheidung alleine für den Einkauf der Ersatzteile stellt uns immer wieder vor große Herausforderungen."
Für Stefan Schridde verbirgt sich hinter dieser unangenehmen Petitesse noch ein handfestes juristisches Problem.
"Ein Kaufvertrag ist ein Vertrag, bei dem das Eigentum übergeht auf den anderen gegen Geld. Das Eigentum heißt aber auch, dass die Eigentumsrechte übergehen müssen, Verfügungsrechte zum Beispiel. Wenn sie dann aber bei ihrem Produkt selber gar nicht mehr verfügen können, wie sie es reparieren wollen - sie sind meinetwegen selber ein Elektrotechniker, wollen sich ihren Fernseher zu Hause selber reparieren, sie kommen an die Ersatzteile gar nicht ran. Und da muss man schon die Frage stellen, inwieweit hier quasi Monopole aufgebaut werden."
In solchen Fällen von einer "geplanten Obsoleszenz" zu sprechen, liegt für Stephan Huxoll auf der Hand:
"Wenn ein Hersteller das gerne wollte, dass ein Gerät reparabel ist, dann würde er gleichzeitig Zubehör oder Ersatzteile anbieten im Eigenvertrieb. Warum nicht? Was spricht dagegen?"
Die Versorgung mit Ersatzteilen alleine reicht aber nicht; die Geräte müssen überhaupt reparierbar sein.
"Eine ganz wichtige Sache ist Modularität, dass die Teile so hergestellt werden, dass sie die Teile auch in anderen Produkten verwenden können. Dass die Produkte so gebaut sind, dass sie die als Laie auch auseinandernehmen können. Zum Beispiel Lüfter bei Notebooks. Da müssen sie regelmäßig zur Wartung an den Lüfter ran, um den Staub zu entfernen, der sich an den Kühlrippen ablagert. Sie können bei vielen Notebooks schon gar nicht mehr das Teil öffnen. Sie kommen, falls sie es öffnen können, nur sehr, sehr schwer an den Lüfter dran. Ich habe schon gute Beispiele gesehen bei anderen Notebookherstellern, die es so gebaut haben, dass sie ohne Weiteres an den Lüfter ran kommen, den locker entnehmen konnten, Staub entfernen, Lüfter wieder rein und zu das Ding."
Und noch etwas müsse sich ändern, sagt Stephan Huxoll: Vor allem bei Mobilfunkverträgen dürften die tatsächlichen Kosten nicht verschleiert werden.
"Meine persönliche Meinung dazu ist, dass durch die Preispolitik und Vertriebspolitik der Netzwerkbetreiber, die in der Regel Zwölf-Monatsverträge, 24-Monatsverträge anbieten dem Kunden bei vielleicht einem Euro und sie bekommen ein wunderbares Smartphone dazu. Das verschleiert den Wert des Gerätes dem Kunden gegenüber, weil der Endkunde ganz selbstverständlich davon ausgeht: Er bekommt das Gerät, nach Möglichkeit auch das Tollste, Neueste. Das wird das Entscheidungskriterium des Endkunden sein, für welchen Provider er sich entscheidet. Und die Überraschung ist dann groß, wenn ein Schaden eintritt, der nicht über Garantie gedeckt ist. Der Klassiker ist der Glasbruch."
Dessen Reparatur schon mal 100 Euro und mehr kostet.
"Hier haben wir eine Kiste mit kaputten Teilen, insbesondere Displays von 4er-iPhones. Diese Kiste ist bis oben hin voll, wie sie ja sehen. Der Klassiker, die Spinne im Glas, also vorne im Touchscreen, womit man das Gerät bedient. Und man sieht es sehr gut, wenn man es umdreht, da ist eine spiegelnde Oberfläche, das ist der eigentliche Bildschirm, wo also die Farben und alles dargestellt wird. Sie sehen hier, das ist so fest miteinander verklebt, das ist eine Einheit. Nun kann es sein, das Glas außen ist kaputt, aber der Bildschirm ist intakt. Und das ist so miteinander verklebt, dass es sich nur unter industriellen Maßstäben trennen ließe. Wir haben da mal mit Experten gesprochen, das müsste unter Vakuum und Reinraum und so weiter passieren. Letztendlich ist es so, diese Kiste fällt alle 14 Tage an, das sind also Bruchdisplays von den Geräten, die im Grunde genommen Elektroschrott sind und als Sondermüll entsorgt werden müssten. Und es ist eine riesige Ressourcenverschwendung, weil, nur weil das Glas, das vorne drauf ist, zersprungen ist, nur deshalb muss das komplette Bauteil in die Tonne wandern."
Da hofft natürlich mancher Handyhersteller, der Kunde möge sich gleich ein neues Gerät kaufen. Ob dies schon zur geplanten Obsoleszenz zählt, zur geschickten Kundenbindung oder zur normalen Preiskalkulation, sei dahingestellt. Nüchtern betrachtet kommt man wohl zum Schluss: Ja, die geplante Obsoleszenz gibt es. Nicht immer und überall, aber sie kommt vor. Das ist die schlechte Nachricht.
Doch es gibt auch eine gute. Der Verbraucher kann sich wehren. Wenn die Kunden sich eher für Elektrogeräte entscheiden würden, die überhaupt repariert werden können, hätte dies weitreichende Folgen. Die Möglichkeit zur Reparatur und Langlebigkeit sollte also Teil der Kaufentscheidung sein. Und würden sich zweitens mehr Kunden überlegen, ob sie tatsächlich immer das allerneueste Smartphone oder den schmalsten Fernseher brauchen. Wer weiß, wie sich der Markt zukünftig entwickeln würde:
"Da steckt dahinter, genau die Kundenmacht auch zu überlegen: Muss es immer das Neueste sein, reicht nicht das, was ich jetzt noch habe. Muss man nach einem dreiviertel Jahr ein nigelnagelneues Gerät haben, was vielleicht ein paar Prozent mehr Leistung hat? Ich wage das zu bezweifeln, das ist auch eine gewisse Form der Verwöhntheit."
Ulrich Hergenhahn, IT-Experte bei den Volks- und Raiffeisenbanken, Frankfurt am Main:
"Wahrscheinlich ist das Mainboard kaputt. Aber das Mainboard zu reparieren, ist in der heutigen Zeit fast unmöglich. Und selbst wenn man es könnte, würde es sich nicht lohnen, weil ein neues Mainboard so günstig ist, dass man es einfach wegschmeißt."
Ein Server im Wert von mehr als 1.000 Euro wandert in Müll, weil niemand willens oder in der Lage ist, winzige Kondensatoren auszutauschen.
"Diese Kondensatoren haben oben eine Sollbruchstelle, diese Sollbruchstelle geht bei manchen auf, da kann man optisch schon sehen, dass dieses Mainboard defekt ist. Diese Kondensatoren kosten einzelne Cent, die sind sehr, sehr günstig."
Trotzdem wandert der Rechner in die Tonne. Vergleichbare Fälle gibt es zuhauf: Mal befördern defekte Grafikkarten oder Netzteile teure Laptops in den Mülleimer, mal verwandeln Risse im Display oder Schäden an winzigen Schaltern Smartphones in teuren Elektronikschrott.
"Das ist jetzt in diesem Fall eine der vielen Variationen von Schaltern, die eingebaut werden in Smartphones und in andere Geräte. In dem Fall ist es der Homebutton beim iPhone 4."
Theodor Krall, Servicemechaniker der Firma Phonecare GmbH in Köln:
"Interessant ist in diesem Fall, dass auf dem Metallplättchen ein Kunststofftropfen aufgesetzt ist, der natürlich im Laufe der Zeit immer mehr verschleißt. Das heißt, man kann eigentlich voraussehen, dass nach soundso viel oft Draufdrücken dann die Funktion irgendwann nicht mehr gewährleistet ist."
Weg damit! Ein paar Hundert Euro wandern in den Müll, weil ein Druckknopf im Wert weniger Cent seinen Dienst aufgegeben hat.
Jeder kennt vergleichbare Phänomene: Minimale Defekte münden in Totalschäden. Außerdem treten die Defekte immer früher auf. Ein Fernseher, der 15 Jahren hält? Mittlerweile schwer vorstellbar. Geht es dabei mit rechten Dingen zu? Viele können das nicht glauben. Industriekonzerne, so der Verdacht, bauen künstliche Sollbruchstellen in ihre Produkte ein: Fernseher und Küchenmixer, Tablet-PCs und Waschmaschinen, Glühbirnen und Bohrmaschinen – alles soll nach zwei, drei Jahren kaputt gehen, damit die Kunden rasch neue Geräte kaufen.
Zum Wohle der Produzenten, meint etwa Theodor Krall von der Phonecare GmbH:
"Das wäre ja für die Industrie eine Katastrophe, wenn die Geräte alle ewig halten würden, also, wem soll man das alles verkaufen, was man da gerade erfunden hat?"
Zum Nachteil aber für den Kunden, den die Industrie in einen endlosen Kreislauf von kaufen, wegwerfen und neu kaufen zwingt. Und der sich größtenteils auch gerne dazu verführen lässt.
"Geplante Obsoleszenz" heißt dieser Vorgang. "Obsoleszenz" leitet sich aus dem lateinischen Begriff "obsolescere" ab, was "sich abnutzen" bedeutet, "alt werden", "aus der Mode kommen", "an Wert verlieren". Indizien, dass zumindest Unterhaltungselektronik tatsächlich künstlich eingebaute Mängel enthält, um Lebenszyklen zu verkürzen, sind nicht von der Hand zu weisen. Die Beweislage, dass der Käufer im großen Stil, ja womöglich im Rahmen einer Verschwörung bewusst betrogen wird, ist aber eher dünn. Die Bundestagsfraktion "Bündnis 90/Die Grünen" wollte Licht ins Dunkel bringen und hat ein Gutachten bei der "ARGE REGIO Stadt- und Regionalentwicklung GmbH" in Auftrag gegeben. Herausgekommen ist zunächst einmal, dass die "geplante Obsoleszenz" sich aus einem Bündel unterschiedlicher Facetten zusammensetzt.
"Also, den Begriff, den wir verwenden, ist "Schwachstelle". Und solche gibt es natürlich nachweislich. Wir unterscheiden im Gutachten dann die "leichte" und "grobe" Fahrlässigkeit. Zuletzt ist dann die Frage zu diskutieren, inwieweit Arglist des Herstellers vorliegt. Wir können aber an vielen Beispielen zeigen, dass die Fragen der Produktentwicklung offensichtlich nicht mehr darauf hinauszielen, dem Kundeninteresse nach Langlebigkeit oder Reparierbarkeit nachzukommen, sondern ausschließlich kurze Produktzyklen generieren sollen."
Stefan Schridde ist Mitautor der Studie "Geplante Obsoleszenz":
"Na ja, offensichtlich wird geschwiegen in der Produktentwicklung. Zum Beispiel, wenn unterdimensionierte Elektrolytkondensatoren auf Elektroplatinen verlötet werden, wo dann jeder Elektrotechniker sofort sagt: Erstens, die sind doch an der völlig falschen Stelle. Zweitens, die sind doch unterdimensioniert. Und bei sonst gleichen Kosten könnte eine Platine mit deutlich mehr Haltbarkeit, zehn Jahre und mehr, hergestellt werden. Wenn das zum Grundwissen gehört, da fragt man sich natürlich, was passiert da nicht mehr in der Produktentwicklung. Da wird dann offensichtlich nicht mehr Wert auf Nachhaltigkeit oder Langlebigkeit gelegt, sondern es wird entweder geschwiegen, nicht mehr geredet. Vielleicht ist es schlicht Blödheit, in den meisten Fällen kann man aber zeigen, dass es grobe Fahrlässigkeit ist. Denn in der Planung werden solche Dinge schon bewogen. Wenn sie dann nicht mehr bewogen werden, dann heißt es eben, wir reden hier von gewollter Unterlassung, dass hier Managementhandlungen unterlassen werden, die Langlebigkeit zur Folge hätten."
Untersucht wurden dabei qualitativ hochwertige und teure Produkte, also nicht der Akkuschrauber für 30 Euro, der wenige Einsätze hält.
"Also, wir haben mittlerweile über sogenannte Whistleblower, also, Leute, die aus dem Fach selber sprechen, die Produktentwickler sind und Produktentwickler kennen, gehört, dass sogar führende Qualitätshersteller Entwicklungsingenieure gesondert beauftragen und ihnen den Auftrag geben: Schauen Sie sich doch bitte mal unser Produkt an, an welchen Stellen wir hier mit etwas geringeren Haltbarkeiten fertigen können, damit es eben nicht so langlebig ist."
Nun sind Informationen von Whistleblowern durchaus nützlich, um eine Szene auszuleuchten, Beweiskraft haben sie nicht. Vor allem beantworten sie nicht die Frage, nach welchen Kriterien die Lebensdauer eines technischen Produktes bestimmt wird.
"Lebensdauergrößen sind immer Zielvorgaben in der Entwicklung."
Mirko Mebold, Professor für Produktentwicklung und Konstruktion an der ETH Zürich:
"Wenn sie zum Beispiel ein Nutzfahrzeug, einen LKW kaufen, der ist dann ausgelegt auf eine Lebensleistung, eine Laufleistung von vielleicht einer Million Kilometer. Im Nutzfahrzeugbereich ist das halt der Standard. Im Bereich PKW sind es 200.000 Kilometer. Das heißt, es hängt immer sehr stark vom Benutzungsprofil des Produktes ab. Und daraufhin wird ein Produkt entwickelt."
Billige Bohrmaschinen aus Baumärkten und Discountern versagen tatsächlich nach vergleichsweise kurzer Zeit. Allerdings wissen die Produzenten aus Untersuchungen, dass solche Maschinen in ihrem Lebenszyklus gerade mal zwischen elf und 15 Minuten genutzt werden. Profiwerkzeug hält natürlich länger, ist aber auch wesentlich teurer. Hier von "geplanter Obsoleszenz" zu sprechen, sei falsch, sagt Mirko Mebold. Die Werkzeugproduzenten passten sich einfach den Kundenwünschen an.
"Die Herausforderung der Hersteller ist es, das Vertrauen der Kunden zu gewinnen. Und gerade für Markenhersteller ist Produktqualität eines der Hauptverkaufsargumente. Die Diskussion, die aus der Dokumentation der geplanten Obsoleszenz entstanden ist, geht in die Richtung, dass sich plötzlich Endkunden über die Nachhaltigkeit ihrer Produkte auseinandersetzen. Das finde ich eine sehr gute Auseinandersetzung, die auch sehr viele Unternehmen freut, da gerade deutsche, österreichische und Schweizer Unternehmen gerade für Produktqualität bekannt sind, sie aber natürlich dort auch im Wettbewerb stehen mit Produkten, die eine minderwertige Qualität haben."
Bei der Diskussion um geplante Obsoleszenz gehe es letztlich um Marktmechanismen, die ebenso minderwertige wie hochwertige Produkte zulassen. Und es gehe um die Rolle des Endkunden in diesem Markt. Natürlich gebe es Firmen, die bewusst minderwertige Produkte herstellen. Es gebe aber auch Firmen, die eine diametral entgegengesetzte Philosophie vertreten, Firmen, die in langlebigen Produkten einen Wettbewerbsvorteil sehen. Der Weiße-Ware-Hersteller Miele zählt dazu, der an seinem Firmensitz in Gütersloh eigens ein Labor eingerichtet hat, in dem Waschmaschinen nur eines beweisen müssen: dass sie sehr, sehr lange halten.
"Hier im Raum werden Lebensdauerversuche an Waschautomaten durchgeführt, also, dass die Geräte hier 20 Jahre Haushaltslebensdauer absolvieren müssen, bevor wir die freigeben."
Sagt Martin Horsthemke, Techniker bei Miele, und schaut mit kritischem Blick auf 40 stoisch vor sich hinwaschende Maschinen, kleine und große, Hightechgeräte und einfache Schätzchen. Alle verbunden mit Computern, die von der eingelegten Wäschemenge über das aktuelle Waschprogramm bis zum letzten Schleuderintervall minutiös registrieren, was gerade passiert.
"Also bei uns dauert die Prüfung etwa 60 Wochen, permanent durchgehender Betrieb der Geräte."
60 Wochen Dauerbetrieb simulieren die Belastung einer Waschmaschine, die 20 Jahre lang fünf Mal pro Woche angeworfen wird.
"Der Dauerwaschversuch ist so aufgebaut, dass wir einen Zyklus aus unterschiedlichen Programmen zusammengestellt haben, der im kontinuierlichen Ablauf stattfindet."
Karsten Gayk, Leiter des Waschmaschinenlabors bei Miele, Gütersloh:
"Die Versuche laufen dann eine gewisse Zeit eine Zykluswiederholung durch. Dann muss Wäsche gewechselt werden und es muss natürlich im kontinuierlichen Betrieb dafür gesorgt werden, dass alle Medien wie Waschmittel permanent automatisch zugeführt werden und stetig zur Verfügung stehen."
In einem zweiten Dauerversuch durchleiden die Waschmaschinen endlose Schleudergänge, gleichgültig, ob viel Wäsche in der Trommel ist oder wenig. 20 Jahre müssen sie halten, möglichst sogar länger. Getestet werden:
"Vor allem Federn, Dämpfer, alles, was durch die Erschütterungen und Vibrationen in Mitleidenschaft gezogen wird. Die andere Belastung, die wir haben, ist eine sogenannte tribochemische Belastung. Das heißt, wir haben eine mechanische Belastung, gleichzeitig wirkend mit einer chemischen und einer thermischen Belastung. Die wirkt auf alle Teile, die mit der heißen Waschlauge benetzt werden und gleichzeitig durch die mechanische Belastung des Waschens belastet werden."
Viel Aufwand und wenig schnelle Rendite. Warum nutzt das Unternehmen nicht die Möglichkeiten der geplanten Obsoleszenz? Weil dessen Manager glauben, dass Kunden qualitäts- und preisbewusst sind. Und weil sie der Meinung sind, dass hochwertige und langlebige Produkte in letzter Konsequenz für den Kunden preiswerter sind als vermeintliche Schnäppchen, die – gleichgültig ob durch ungeplante oder geplante Obsoleszenz - rasch ihren Geist aufgeben. Bei der Auseinandersetzung rund um die geplante Obsoleszenz gewinnt der Kunde eine entscheidende Rolle, sagt Mirko Mebold von der ETH Zürich:
"Früher hat man gesagt, ein unzufriedener Kunde erzählt es mindestens zehn anderen Kunden. Heute, durch die Möglichkeiten des Internets, kann ich das auch für die Ewigkeit dokumentieren. Das heißt, hierdurch ist eigentlich eine Verschiebung entstanden, dass eigentlich die Verbraucher ein unglaublich mächtiges Werkzeug in die Hand bekommen haben. Das heißt, die Machtverschiebung von Anbieter zum Nachfrager. Und dort ist auch etwas, was sich durch neue Portale, die sich mit dieser Thematik von der Lebensdauer von Produkten auseinandersetzen, entstanden ist, dass man sich dort informieren kann. Und dann entsteht auch wieder ein Markt, dass sich Leute darüber informieren, welche Produkte nachhaltig sind. Und dann kann er das als Information nehmen, um das für ihn beste Produkt zu kaufen."
Die Kunden kaufen kritischer. Schon das sollte Firmen, die schnelles Geld über die geplante Obsoleszenz verdienen möchten, Sorgen machen. Und noch ein Trend ist unübersehbar: Immer weniger Kunden werfen teure defekte Geräte weg, immer mehr möchten sie reparieren lassen.
Die Phonecare GmbH Köln etwa hat sich auf die Reparatur von Handys und Smartphones spezialisiert. Apples iPhone, sagt Servicetechniker Theodor Krall, nehme bei den reparaturbedürftigen Geräten eine unrühmliche Spitzenstellung ein.
"Wenn man sich das überlegt, dass es die Firma Apple zum Beispiel überhaupt geschafft hat, ein Gerät zu verkaufen, wo man die Batterien nicht tauschen kann. Ich sage jetzt einfach mal, mein Vater würde so ein Gerät nicht kaufen. Das ist schon eine Leistung aus meiner Sicht."
Doch die Reparaturen gestalten sich oft alles andere als einfach. Phonecare kann nur mit Mühe Ersatzteile besorgen, wahrscheinlich, weil viele Handyhersteller lieber ihre Neugeräte verkaufen wollen. Stephan Huxoll, Assistent des Phonecare-Geschäftsführers:
"Durch Recherche im Internet kann man durchaus den einen oder anderen Lieferanten finden, Ersatzteile finden. Das führt aber dazu, dass man nie hundertprozentig sicher sein kann, aus welchen Quellen kommen diese Ersatzteile. Handelt es sich da um einen billigen, primitiven Nachbau, handelt es sich um ein Originalersatzteil, das vielleicht aus irgendeinem Grund aus der Produktionskette übrig geblieben ist. Diese Unterscheidung alleine für den Einkauf der Ersatzteile stellt uns immer wieder vor große Herausforderungen."
Für Stefan Schridde verbirgt sich hinter dieser unangenehmen Petitesse noch ein handfestes juristisches Problem.
"Ein Kaufvertrag ist ein Vertrag, bei dem das Eigentum übergeht auf den anderen gegen Geld. Das Eigentum heißt aber auch, dass die Eigentumsrechte übergehen müssen, Verfügungsrechte zum Beispiel. Wenn sie dann aber bei ihrem Produkt selber gar nicht mehr verfügen können, wie sie es reparieren wollen - sie sind meinetwegen selber ein Elektrotechniker, wollen sich ihren Fernseher zu Hause selber reparieren, sie kommen an die Ersatzteile gar nicht ran. Und da muss man schon die Frage stellen, inwieweit hier quasi Monopole aufgebaut werden."
In solchen Fällen von einer "geplanten Obsoleszenz" zu sprechen, liegt für Stephan Huxoll auf der Hand:
"Wenn ein Hersteller das gerne wollte, dass ein Gerät reparabel ist, dann würde er gleichzeitig Zubehör oder Ersatzteile anbieten im Eigenvertrieb. Warum nicht? Was spricht dagegen?"
Die Versorgung mit Ersatzteilen alleine reicht aber nicht; die Geräte müssen überhaupt reparierbar sein.
"Eine ganz wichtige Sache ist Modularität, dass die Teile so hergestellt werden, dass sie die Teile auch in anderen Produkten verwenden können. Dass die Produkte so gebaut sind, dass sie die als Laie auch auseinandernehmen können. Zum Beispiel Lüfter bei Notebooks. Da müssen sie regelmäßig zur Wartung an den Lüfter ran, um den Staub zu entfernen, der sich an den Kühlrippen ablagert. Sie können bei vielen Notebooks schon gar nicht mehr das Teil öffnen. Sie kommen, falls sie es öffnen können, nur sehr, sehr schwer an den Lüfter dran. Ich habe schon gute Beispiele gesehen bei anderen Notebookherstellern, die es so gebaut haben, dass sie ohne Weiteres an den Lüfter ran kommen, den locker entnehmen konnten, Staub entfernen, Lüfter wieder rein und zu das Ding."
Und noch etwas müsse sich ändern, sagt Stephan Huxoll: Vor allem bei Mobilfunkverträgen dürften die tatsächlichen Kosten nicht verschleiert werden.
"Meine persönliche Meinung dazu ist, dass durch die Preispolitik und Vertriebspolitik der Netzwerkbetreiber, die in der Regel Zwölf-Monatsverträge, 24-Monatsverträge anbieten dem Kunden bei vielleicht einem Euro und sie bekommen ein wunderbares Smartphone dazu. Das verschleiert den Wert des Gerätes dem Kunden gegenüber, weil der Endkunde ganz selbstverständlich davon ausgeht: Er bekommt das Gerät, nach Möglichkeit auch das Tollste, Neueste. Das wird das Entscheidungskriterium des Endkunden sein, für welchen Provider er sich entscheidet. Und die Überraschung ist dann groß, wenn ein Schaden eintritt, der nicht über Garantie gedeckt ist. Der Klassiker ist der Glasbruch."
Dessen Reparatur schon mal 100 Euro und mehr kostet.
"Hier haben wir eine Kiste mit kaputten Teilen, insbesondere Displays von 4er-iPhones. Diese Kiste ist bis oben hin voll, wie sie ja sehen. Der Klassiker, die Spinne im Glas, also vorne im Touchscreen, womit man das Gerät bedient. Und man sieht es sehr gut, wenn man es umdreht, da ist eine spiegelnde Oberfläche, das ist der eigentliche Bildschirm, wo also die Farben und alles dargestellt wird. Sie sehen hier, das ist so fest miteinander verklebt, das ist eine Einheit. Nun kann es sein, das Glas außen ist kaputt, aber der Bildschirm ist intakt. Und das ist so miteinander verklebt, dass es sich nur unter industriellen Maßstäben trennen ließe. Wir haben da mal mit Experten gesprochen, das müsste unter Vakuum und Reinraum und so weiter passieren. Letztendlich ist es so, diese Kiste fällt alle 14 Tage an, das sind also Bruchdisplays von den Geräten, die im Grunde genommen Elektroschrott sind und als Sondermüll entsorgt werden müssten. Und es ist eine riesige Ressourcenverschwendung, weil, nur weil das Glas, das vorne drauf ist, zersprungen ist, nur deshalb muss das komplette Bauteil in die Tonne wandern."
Da hofft natürlich mancher Handyhersteller, der Kunde möge sich gleich ein neues Gerät kaufen. Ob dies schon zur geplanten Obsoleszenz zählt, zur geschickten Kundenbindung oder zur normalen Preiskalkulation, sei dahingestellt. Nüchtern betrachtet kommt man wohl zum Schluss: Ja, die geplante Obsoleszenz gibt es. Nicht immer und überall, aber sie kommt vor. Das ist die schlechte Nachricht.
Doch es gibt auch eine gute. Der Verbraucher kann sich wehren. Wenn die Kunden sich eher für Elektrogeräte entscheiden würden, die überhaupt repariert werden können, hätte dies weitreichende Folgen. Die Möglichkeit zur Reparatur und Langlebigkeit sollte also Teil der Kaufentscheidung sein. Und würden sich zweitens mehr Kunden überlegen, ob sie tatsächlich immer das allerneueste Smartphone oder den schmalsten Fernseher brauchen. Wer weiß, wie sich der Markt zukünftig entwickeln würde:
"Da steckt dahinter, genau die Kundenmacht auch zu überlegen: Muss es immer das Neueste sein, reicht nicht das, was ich jetzt noch habe. Muss man nach einem dreiviertel Jahr ein nigelnagelneues Gerät haben, was vielleicht ein paar Prozent mehr Leistung hat? Ich wage das zu bezweifeln, das ist auch eine gewisse Form der Verwöhntheit."