Arfah Farooq, Medienstudentin am Goldsmith College in London, ist frustriert. In Spanien oder Griechenland setze die Jugend ihren Zorn über die Regierung in handfeste Proteste um. Und in Großbritannien?
"Beklagt man sich höchstens bei einer Tasse Tee. Aber man geht nicht auf die Straße."
Empörte Pause. Dann räumt sie ein: So ganz stimme das doch nicht. In London hätten die Märsche gegen die Erhöhung der Studiengebühren noch vor ein paar Monaten ziemlich dramatische Ausmaße angenommen. Arfah seufzt: Aber was haben die Demonstrationen schon gebracht?
"Niemand horcht auf, wenn du von A nach B marschierst. Im Moment sind die Studentenproteste in Großbritannien wieder eingeschlafen. Wir haben keine Anführer. Und auch keinen Direktauslöser. Die meisten Studenten bereiten sich jetzt auf ihre Prüfungen vor. Nun ja, wir verfolgen in erster Linie eben unsere eigenen Interessen. Schließlich nennt man uns nicht umsonst die iPod-Generation."
Und doch hofft Arfah, dass die britische Jugendbewegung im Sommer zu neuen Taten erwacht. Bis dahin würden sich die drastischen Sparmaßnahmen der Regierung auch bei der breiteren Bevölkerung bemerkbar machen. Und möglicherweise könnten sich Alt und Jung im Kampf zum Erhalt des britischen Gesundheitsdienstes solidarisieren.
Arfah Farooq ist 19. Zierlich, impulsiv, politisch aktiv. Dieses Jahr ist sie Studentenvertreterin für Minderheiten. Sie selbst kommt aus einer pakistanischen Migrantenfamilie. Wenn Arfah nicht gerade für eine Prüfung lernt, organisiert sie Sitzproteste und politische Vorträge. Soziale Netzwerke spielen bei der Mobilisierung von Mitstreitern eine wichtige Rolle, meint Arfah. Als Paradebeispiel nennt sie die britische Bewegung UK Uncut, die steuerflüchtige Großkonzerne an den Pranger stellt.
"UK Uncut ist praktisch über Twitter entstanden. Mit ein paar Leuten, die sich in einer Kneipe zusammensetzten, um Aktionen gegen Vodafone und andere Multinationals auszuhecken. Die ersten Filialen, die sie sich vornahmen, waren in der Londoner Oxford Street, aber mithilfe von Internet, Twitter und Facebook hat sich die Bewegung innerhalb kürzester Zeit in ganz Großbritannien ausgebreitet."
UK Uncut sei eine der wenigen Gruppen, die hier auf der Insel weiterhin Protestveranstaltungen durchführten, sagt Arfah. Welch ein Lichtblick! Und doch würde sie an keiner Aktion teilnehmen, bei der sie Gefahr liefe, von der Polizei festgenommen zu werden. Denn sie fürchtet um ihre Chancen auf dem ohnehin schon prekären britischen Arbeitsmarkt. Unter jungen Briten liegt die Arbeitslosigkeit bei 20 Prozent. Fast dreimal so hoch wie der Landesdurchschnitt.
Arfah ärgert sich wahnsinnig, dass sie - wie viele Erstwähler - beim jüngsten Urnengang für die Liberaldemokraten gestimmt hatte. Diese Verräter, schimpft Arfah, jetzt unterstützten sie den harten Sparkurs der Konservativen. Und spätestens seit dem Spesenskandal hat Arfah ohnehin das Gefühl, dass sich die Politiker aller Parteien auf Staatskosten bereicherten. Kein Wunder, dass ihre Generation keinem Politiker mehr über den Weg traue. Wieder ein tiefer Seufzer: Manchmal wäre es leichter, den Kopf in den Sand zu stecken.
Dabei wollte Arfah früher selbst einmal Politikerin werden. Eine Zeit lang arbeitete sie in einem Jugendtreff. Bis er von der neuen Regierung geschlossen wurde. Jetzt träumt sie von einer Karriere in den Medien, um sich für die Interessen der Minderheiten einzusetzen. Und wenn sie das - wie sie meint - reife Alter von 35 erreicht habe, möchte sie wieder mit jungen Leuten arbeiten, als Lehrerin in einem sozialen Brennpunkt. Am liebsten würde sie Schüler in der Oberstufe unterrichten. Die seien hoffentlich aus dem widerspenstigsten Alter heraus und würden ihr nicht allzu viel Ärger machen.
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"Beklagt man sich höchstens bei einer Tasse Tee. Aber man geht nicht auf die Straße."
Empörte Pause. Dann räumt sie ein: So ganz stimme das doch nicht. In London hätten die Märsche gegen die Erhöhung der Studiengebühren noch vor ein paar Monaten ziemlich dramatische Ausmaße angenommen. Arfah seufzt: Aber was haben die Demonstrationen schon gebracht?
"Niemand horcht auf, wenn du von A nach B marschierst. Im Moment sind die Studentenproteste in Großbritannien wieder eingeschlafen. Wir haben keine Anführer. Und auch keinen Direktauslöser. Die meisten Studenten bereiten sich jetzt auf ihre Prüfungen vor. Nun ja, wir verfolgen in erster Linie eben unsere eigenen Interessen. Schließlich nennt man uns nicht umsonst die iPod-Generation."
Und doch hofft Arfah, dass die britische Jugendbewegung im Sommer zu neuen Taten erwacht. Bis dahin würden sich die drastischen Sparmaßnahmen der Regierung auch bei der breiteren Bevölkerung bemerkbar machen. Und möglicherweise könnten sich Alt und Jung im Kampf zum Erhalt des britischen Gesundheitsdienstes solidarisieren.
Arfah Farooq ist 19. Zierlich, impulsiv, politisch aktiv. Dieses Jahr ist sie Studentenvertreterin für Minderheiten. Sie selbst kommt aus einer pakistanischen Migrantenfamilie. Wenn Arfah nicht gerade für eine Prüfung lernt, organisiert sie Sitzproteste und politische Vorträge. Soziale Netzwerke spielen bei der Mobilisierung von Mitstreitern eine wichtige Rolle, meint Arfah. Als Paradebeispiel nennt sie die britische Bewegung UK Uncut, die steuerflüchtige Großkonzerne an den Pranger stellt.
"UK Uncut ist praktisch über Twitter entstanden. Mit ein paar Leuten, die sich in einer Kneipe zusammensetzten, um Aktionen gegen Vodafone und andere Multinationals auszuhecken. Die ersten Filialen, die sie sich vornahmen, waren in der Londoner Oxford Street, aber mithilfe von Internet, Twitter und Facebook hat sich die Bewegung innerhalb kürzester Zeit in ganz Großbritannien ausgebreitet."
UK Uncut sei eine der wenigen Gruppen, die hier auf der Insel weiterhin Protestveranstaltungen durchführten, sagt Arfah. Welch ein Lichtblick! Und doch würde sie an keiner Aktion teilnehmen, bei der sie Gefahr liefe, von der Polizei festgenommen zu werden. Denn sie fürchtet um ihre Chancen auf dem ohnehin schon prekären britischen Arbeitsmarkt. Unter jungen Briten liegt die Arbeitslosigkeit bei 20 Prozent. Fast dreimal so hoch wie der Landesdurchschnitt.
Arfah ärgert sich wahnsinnig, dass sie - wie viele Erstwähler - beim jüngsten Urnengang für die Liberaldemokraten gestimmt hatte. Diese Verräter, schimpft Arfah, jetzt unterstützten sie den harten Sparkurs der Konservativen. Und spätestens seit dem Spesenskandal hat Arfah ohnehin das Gefühl, dass sich die Politiker aller Parteien auf Staatskosten bereicherten. Kein Wunder, dass ihre Generation keinem Politiker mehr über den Weg traue. Wieder ein tiefer Seufzer: Manchmal wäre es leichter, den Kopf in den Sand zu stecken.
Dabei wollte Arfah früher selbst einmal Politikerin werden. Eine Zeit lang arbeitete sie in einem Jugendtreff. Bis er von der neuen Regierung geschlossen wurde. Jetzt träumt sie von einer Karriere in den Medien, um sich für die Interessen der Minderheiten einzusetzen. Und wenn sie das - wie sie meint - reife Alter von 35 erreicht habe, möchte sie wieder mit jungen Leuten arbeiten, als Lehrerin in einem sozialen Brennpunkt. Am liebsten würde sie Schüler in der Oberstufe unterrichten. Die seien hoffentlich aus dem widerspenstigsten Alter heraus und würden ihr nicht allzu viel Ärger machen.
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