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Telekom will EM-Rechte
Eine Chance für ARD und ZDF

Die Deutsche Telekom steht offenbar vor einem Coup: Medien berichten, dass sie für ihre Internet-Fernsehplattform Magenta-TV die Rechte an der Fußball-Europameisterschaft der Herren sichern wird, komplett von 2024 an. Für ARD und ZDF ist das aber kein Grund zur Panik, kommentiert Daniel Bouhs.

Von Daniel Bouhs |
Die Telekom ist bereits jetzt bei Sportübertragungen aktiv und will offenbar die Rechte für die Fußball-EM 2024
Die Telekom ist bereits jetzt bei Sportübertragungen aktiv und will offenbar die Rechte für die Fußball-EM 2024 (Bernd Feil/M.i.S./imago)
Ja, dieses neue Zeitalter ist für die Sportredaktionen der klassischen Fernsehsender ein riesiger Einschnitt. Er tut auch weh. Aber: All das ist auch eine wunderbare Chance. ARD und ZDF könnten aus der neuen Not eine Tugend machen. Sie könnten den Public Value, den Mehrwert für die Gesellschaft bieten, wie ihn die Intendantinnen und Intendanten in ihren Sonntagsreden preisen. Der liegt nicht in Preisschlachten um Sportrechte. Mehrwert ist Recherche und Förderung. Beides ist glücklicherweise auch kein komplettes Neuland mehr.
Da ist die Sport-Investigation und da sind hintergründige Sendungen. Lange waren das vor allem die Doping-Recherchen von Hajo Seppelt. Inzwischen zeigen die Sender auch hier mehr, etwa mit Sendereihen wie dem noch jungen "Sportschau Thema", einer Stunde zur Rolle der Spielerberater oder zum Leistungsdruck, intelligent aufgearbeitet – das kann sich nur öffentlich-rechtliche Sportberichterstattung leisten.
Und da ist der – gleich im ersten Anlauf geglückte – Versuch, mit den "Finals" vermeintlich nebensächlichen Disziplinen medial einen Schub zu verleihen. Damit lockten ARD und ZDF Millionen vor die Fernseher. Kleine Sportarten groß machen – das ist Public Value im Sport.
Blick auf das Veranstaltungslogo "Die Finals Berlin 2019", davor ist ein Schwimmbecken zu sehen, in dem gerade ein Wettkampf stattfindet
Auch die Schwimm-Meisterschaften sind bei den Finals eingebettet (Bernd Thissen/dpa )
Man möchte den Programmplanern mehr Selbstbewusstsein wünschen, damit sie sich auf solchen Mehrwert konzentrieren. Doch schon allein diese beiden Beobachtungen der vergangenen Tage zeigen, wie sie sich weiter andienen an den Kommerz des Sport. Der "Weltspiegel" sollte für die "Sportschau" sonntags vor der "Tagesschau" weichen – die "Sportschau" wäre interessanter für populäre Rechte gewesen. Den Plan stoppte nur ein inszenierter Protest.
Und dann ist da ein Programmteppich, den die ARD einem Spitzenverein ausgerollt hat: sie zeigte eine Stunde "Inside Borussia Dortmund" – eine Hochglanzdokumentation, die mehr Vereins-TV ist. denn Journalismus. Ein Wink an die Fußball-Liga, die demnächst wieder Rechte verkauft?
Der Medienjournalist Daniel Bouhs steht im einem Hörfunkstudio
Der Medienjournalist Daniel Bouhs (Jörg Wagner)
Wie gesagt: Public Value, Mehrwert im Sportjournalismus ist etwas anderes. Und das Beispiel Olympia-Rechte zeigt, dass beides gehen kann: Discovery braucht ARD und ZDF, um die Kasse zu füllen und verkauft einen Großteil der Rechte weiter.
Auch die Deutsche Telekom wird bei der Fußball-Europameisterschaft klassische Sender brauchen: Partien mit deutscher Beteiligung und etwa auch das Finale muss das Publikum frei empfangen können. ARD und ZDF haben noch eine Chance. Auch deshalb gilt: ruhig Blut!