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Tempo, Kurve, Überschlag

Wenn die Saison der Freizeitparks zu Ende ist, fängt die Kirmeszeit gerade erst an. Die Firma Mack Rides aus dem Schwarzwald hat daher immer gut zu tun: Das Familienunternehmen ist deutscher Marktführer im Achterbahn-Geschäft - ein Business, das sich als recht krisensicher erweist.

Von Michael Brandt |
    Es gibt viel zu tun bei Deutschlands größtem Achterbahnhersteller Mack Rides in Waldkirch im Schwarzwald. Neun Achterbahnen sind derzeit im Bau. Drei davon werden in Europa bleiben, zwei gehen nach Dubai, jeweils eine nach China, Chile, Australien und nach Sotschi ans Schwarze Meer.

    Die anspruchsvollste Bahn entsteht für den Vergnügungspark Liseberg in Schweden, denn es wird, so Achterbahndesigner Dennis Goordt, nicht nur die bislang längste Bahn sein, sondern sie wird auch in eine anspruchsvolle Hanglandschaft eingepasst:

    "Es ist sehr spannend gewesen, das zu realisieren, weil das Gelände sehr kompliziert war. Die Bahn ist an so einem Berghang, und wir haben versucht, den Hang auszunutzen. Und die Bahn schön ins Gelände einzuarbeiten. Nebenher sind schon andere Bahnen da, und die mussten wir dann eben umfahren, denen ausweichen."

    1,4 Kilometer Länge, hohe Beschleunigungen, dynamische Richtungswechsel, Inversionen - eine Herausforderung für den Maschinenbauingenieur, der den Streckenverlauf am Computer entworfen hat. Nur weniger Meter von seinem Arbeitsplatz im Gewerbegebiet bei Waldkirch in Schwarzwald entfernt, wird produziert, was er entwirft. Aus massivem Stahl entstehen die komplex gebogenen Schienen für die Achterbahn.

    Die Umsatzzahlen des inhabergeführten Unternehmens sind der Nachfrage entsprechend gut, und sie werden in diesem Jahr voraussichtlich noch einmal deutlich besser sein als 2012. Denn eine moderne, große Achterbahn kostet zwischen acht und neun Millionen Euro, so Geschäftsführer Christian von Elverfeldt:

    "Wir liegen immer zwischen 30 und 40 Millionen. In diesem Jahr werden wir die 40 Millionen packen. Ich will nur so viel sagen: Uns geht's ganz gut und wir haben auch diese Investitionen hier ohne weitere externe Mittel durchführen können."

    Mit Investitionen meint von Elverfeldt einen Betrag im mittleren einstelligen Millionenbereich, der in den vergangenen Jahren in die Überholung des Maschinenparks geflossen ist. Aber auch mit den neuen Maschinen bleibt beim Achterbahnbau vieles Handarbeit, und diese Handarbeit braucht viel Erfahrung.

    Beim Achterbahnbau ist vieles Handarbeit
    Es gibt die Firma, die heute "Mack Rides" heißt, seit 1780. Damals gründete der Wagnermeister Paul Mack in Waldkirch eine Stellmacherei. In den ersten 120 Jahren entstanden aus Schwarzwaldholz Karren, Kutsche und Karossen in allen Größen; Anfang des 20. Jahrhunderts spezialisierte sich die Firma, mittlerweile in der vierten Generation, dann auf das Schaustellergewerbe. Es entstanden Orgelwägen, Karusselle und alle Arten von Spezialfahrzeugen für Schausteller. Im Jahr 1921 entstand dann in Waldkirch die erste Achterbahn, damals noch aus Holz.

    Die Technik hat sich seitdem weiterentwickelt. Erst kamen die Stahlachterbahnen, die dann immer höher, schneller und wilder wurden, dann die sogenannten Launched Coasters, die ihren Schwung nicht mehr durch eine Bergabfahrt bekommen, sondern durch ein Katapult, und derzeit wird in Waldkirch gerade ein Gerät namens Artur getestet:

    "Und das ist eben jetzt eine Bahn, die nicht mit der Schwerkraft fährt, sondern die Motoren an Bord hat. Und eben dadurch den Vorteil hat, weil sie ist ja einem Gebäude drin, sie ist ein sogenanntes Darkride, sie kann verschiedene Stationen anfahren und dann stehen bleiben. Und dann kann sie weiterfahren und neu beschleunigen."

    Die schnellste Bahn der Welt fährt 240 Stundenkilometer
    Aus Sicht von Juniorchef Michael Mack entwickelt sich das Geschäft mit dem Fahrgeschäft in zwei Richtungen. Die eine ist: schneller, höher, weiter. Die höchste Achterbahn weltweit ist inzwischen 149 Meter hoch, die schnellste fährt 240 Stundenkilometer und eine schafft auf einer Fahrt allein 14 Überschläge. Allerdings ist das Publikum für solche Rekordbahnen eher klein. Meist männlich, zwischen 15 und 19 Jahren. Mack Rides hat zwar mit dem Silverstar im Europapark Rust die schnellste und höchste Bahn in Deutschland gebaut, aber dennoch setzt der Hersteller aus dem Schwarzwald auf die Bahn für die ganze Familie:

    "Es bringt nichts, wenn man eine sehr schnelle, hohe Bahn hat und damit einen kleinen Kundenkreis von 16 bis 18 anspricht. Es muss ein Mix geben. Ein guter Freizeitpark von heute hat genauso die Höhe und die Weite, aber er muss auch die Familien bedienen, und da muss er eine Geschichte erzählen, die ansprechend ist."

    Es klingt bereits an: Bei den Achterbahnen gibt es noch eine zweite Entwicklungslinie. Und zwar weg von den auf- und abbaubaren Bahnen auf Rummelplätzen hin zu fest installierten Bahnen in Freizeitparks.

    Und das ist dann auch die wirkliche Besonderheit der Firma Mack Rides. Die Familie Mack hat im Jahr 1975 im 40 Kilometer entfernten Rust den Europapark eröffnet, mittlerweile der größte Freizeitpark im deutschsprachigen Raum. Was den Umsatz angeht, hat der den des Achterbahnherstellers mittlerweile weit überflügelt - dennoch legt Michael Mack Wert darauf, dass beide Firmen zusammengehören:

    "Wir wissen einen Ticken schneller als der Rest des Marktes, was der Besucher eines Freizeitparkes auch möchte und insofern sind wir, glaube ich, in der Kombination Hersteller und Betreiber näher am Markt als das ein anderer Hersteller sein kann."

    Eine Besonderheit übrigens sowohl des Geschäfts mit Achterbahnen wie auch mit einem Freizeitpark ist, dass er antizyklisch verläuft. In Krisenzeiten, wie zuletzt 2008/2009 entwickeln sich die Zahlen eher positiv, vermutlich weil die Menschen weniger Geld für Urlaub ausgeben und folglich häufiger in die Freizeitparks vor Ort kommen.