Mann: "In Deutschland dürfen alle Tempo 200 fahren - und wir sollen noch mehr auf die Bremse drücken! Das ist doch seltsam!"
Mann: "Mich interessiert das nicht, ich sitze im Zug. Völlig stressfrei bei Tempo 160 oder 180."
Frau: "Ich finde das sehr gut. Wir sind ein kleines Land, die Abstände nicht so groß - da gewinnt man nicht viel, wenn man 130 statt 100 fährt. Es kostet weniger Benzin, die Staus nehmen ab. Außerdem ist Rasen schlecht für die Umwelt."
Das Tempolimit ist eine von mehreren Maßnahmen aus einem ganzen Notfallpaket, mit dem die Niederländer versuchen, den Ausstoß von Stickstoffoxiden zu reduzieren und die Grenzwerte einzuhalten, die die europäische Naturschutzrichtlinie vorschreibt. Weil Stickstoffoxide das Grundwasser belasten und die Artenvielfalt.
Auslöser der so genannten Stickstoffkrise war ein Urteil vom Raad van State, dem höchsten niederländischen Gericht: Im Mai letzten Jahres hatte es das bis dahin geltende Stickstoffaktionsprogramm der Regierung für nicht ausreichend erklärt, sprich: für nicht EU-rechtskonform.
"Es ist eine beschissene Maßnahme, [...] aber wir haben keine andere Wahl."
Folge: Tausende von Bauprojekten und Infrastrukturmaßnahmen wie zum Beispiel Deichverstärkungen mussten auf Eis gelegt werden. Denn beim Verschieben von Erdmassen und dem Einsatz von Baggern und Baumaschinen kommt ebenfalls Stickstoff frei. Insgesamt geht es um 16.000 Projekte. 70.000 Arbeitsplätze stünden damit auf dem Spiel, so Premierminister Mark Rutte Ende letzten Jahres:
"Es ist eine beschissene Maßnahme, sie gefällt niemandem, aber wir haben keine andere Wahl. Es geht um eine nationale Krise - so extrem komplex und groß, wie ich es in den neun Jahren als Ministerpräsident noch nie erlebt habe."
Für Ruttes rechtsliberale Unternehmerpartei VVD ist die Maßnahme eine besonders bittere Pille, die sie bei den nächsten Wahlen Stimmen kosten könnte: Denn in der Vergangenheit hatte sich die VVD als "Autopartei" profiliert und das Tempo auf bestimmten Autobahnabschnitten von 120 auf 130 erhöht.
Für Geert Wilders von der rechtspopulistischen "Partei für die Freiheit" ist das neue Tempolimit "Hochverrat am Autofahrer": "Weg damit!" wetterte er im Parlament.
Das Hauptargument der Gegner: Alle Autos zusammen sorgen nur für 6,1 % der Stickstoffemissionen. Für den weitaus größten Teil, nämlich 46%, ist die Tierhaltung in der Landwirtschaft verantwortlich. Langfristig soll die Zahl der Bauernhöfe deshalb reduziert werden.
Wer unerlaubt 130 km/h fährt, zahlt 254 Euro
Dass die Autofahrer als erstes dran glauben müssen, liegt daran, dass der Effekt eines Tempolimits sofort messbar ist. Mit dem Stickstoffausstoß, der auf den Autobahnen eingespart werden kann, sollen die Emissionen des Bausektors kompensiert werden. Genug, um 2020 doch noch 75.000 neue Wohnungen zu bauen.
Wer bei Tempo 130 statt 100 erwischt wird, zahlt 254 Euro. Dennoch, so ergab eine Umfrage, wollen sich 46 Prozent der Autofahrer nicht an das Tempolimit halten. Und so manch einer droht damit, das, was er zuhause nicht mehr bekommt, woanders
Mann: "Wir Niederländer fahren sehr gerne in Deutschland Auto – und ihr Deutschen wisst auch genau, warum!"
Frau: "Da haben wir noch schön freie Fahrt!"
Mann: "Ja, genau. Wenn wir rasen wollen, gehen wir nach Deutschland!"