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Chinesische Onlinehändler wie Shein und Temu versprechen tolle Shoppingerlebnisse für wenig Geld. Das kommt gut an. Die Zahl der Lieferungen aus China hat in den vergangenen Jahren massiv zugelegt. Allein nach Deutschland werden nach Schätzungen des Handelsverbands HDE am Tag 400.000 Sendungen aus China verschickt - alles per Flugzeug. Schätzungen sagen, dass Temu und Shein täglich 5.000 Tonnen an Waren aus China fliegen.
Doch die chinesischen Online-Plattformen stehen stark in der Kritik, was Qualität, Umweltbilanz und Herkunft ihrer Ware betrifft. Auch sollen die Händler die Zollverordnungen nicht immer ernst genommen haben. Nun verschärfen die USA ihre Einfuhrregeln. Auch die EU will gegen die chinesischen Onlinehändler vorgehen. Das könnte Auswirkungen aufs Geschäft in China haben und ärgert die Staats- und Parteiführung.
Was planen EU und USA gegen Waren aus China?
Wegen sich häufender Beschwerden über mangelhafte Produkte gehen die europäischen Verbraucherschutzbehörden nun verschärft gegen den Online-Händler Shein vor. Die EU-Kommission kündigte ein gemeinsames Verfahren der Behörden in den 27 EU-Staaten an. Brüssel brachte zudem verschärfte Kontrollen von Paketen durch den Zoll und eine Gebühr für Sendungen aus Drittstaaten ins Spiel, die direkt an Verbraucherinnen und Verbraucher gehen.
Gegen den zweiten großen Billig-Onlinehändler Temu hatte die Kommission bereits im Oktober ein Verfahren eingeleitet. Nach Ansicht aus Brüssel vertreibt die in China gegründete Plattform gefälschte oder sogar gefährliche Produkte. Bestätigt sich der Verdacht, drohen empfindliche Strafen.
Mit der Reform soll zudem die bisherige Zollbefreiung für Sendungen im Wert von bis zu 150 Euro wegfallen. Den Unternehmen wird vorgeworfen, Sendungen falsch zu deklarieren, um die Zollfreigrenze zu unterschreiten. Die Anbieter weisen das zurück.
In den USA konnten bisher Pakete mit einem Wert von bis zu 800 US-Dollar zollfrei eingeführt werden. Von dieser Regelung profitierten vor allem Anbieter wie Shein und Temu. Der US-Zoll hatte in der vergangenen Woche mitgeteilt, dass sich der Wert der zollbefreiten Pakete im Jahr 2024 auf über 1,36 Milliarden Dollar belief.
Jetzt muss verzollt werden, inklusive der von Trump neu verhängten Strafzölle gegen China. China reagierte darauf verärgert. Die USA sollten aufhören Handels- und Wirtschaftsangelegenheiten zu politisieren und chinesische Unternehmen zu unterdrücken, so ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. Chinas Führung werde sich dagegen wehren.
Was bieten Onlineplattformen wie Temu an?
Onlineplattformen wie Temu bieten eine breite Palette an Produkten an, die von Kleidung und Elektronik bis hin zu Haushaltswaren reichen: Shampoobürsten für das Haustier, automatische Luftkompressoren, aber auch eine Smartwatch, die eine bestechende Ähnlichkeit zu Apple-Produkten hat. Das alles für ein paar Euro. Shein ist stark auf Kleidung spezialisiert.
Wie unterscheiden sie sich von anderen Plattformen wie zum Beispiel Amazon?
Temu, Shein oder Ali Express verfolgen eine aggressive Preispolitik, um Aufmerksamkeit zu bekommen - zum Teil mit absurden Rabatten von bis zu über 90 Prozent. Dies wird durch "Dropshipping" ermöglicht: Die Produkte werden direkt von den Herstellern ab Fabrik in China nach Deutschland verschickt, ohne Zwischenhändler. So sollen neue Märkte erobert und anderen Anbietern wie zum Beispiel Amazon Konkurrenz gemacht werden.
Amazon hingegen hat eine gemischte Struktur mit Verkäufern aus der ganzen Welt, einschließlich lokaler Händler. Amazon nutzt auch eigene Lagerhäuser, um schnellere Lieferungen zu ermöglichen.
Bei Amazon wird ein großer Teil des Geschäfts durch den Marktplatz erzielt, und dieser Anteil wächst weiterhin. Gleichzeitig betreibt Amazon jedoch auch einen eigenen Handel. Bei Plattformen wie Temu ist dies nicht der Fall; sie dienen ausschließlich als Marktplatz für Händler und verkaufen keine eigenen Produkte.
Bei Temu können der Kundenservice und die Rückgabebedingungen variieren und sie sind oft weniger stringent als bei Amazon. Amazon legt großen Wert auf Kundenzufriedenheit, bietet umfangreiche Rückgaberechte und einen robusten Kundenservice.
Warum funktioniert das Konzept so gut?
Durch die direkte Verbindung zu chinesischen Herstellern und geringe Margen können extrem wettbewerbsfähige Preise angeboten werden - sogar ohne Versandkosten. Die große Vielfalt an Produkten zieht eine breite Kundschaft an - mit Rabatten und Billigpreisen besonders die Schnäppchenjäger. Und es wird weltweit versandt. Hinzu kommt aggressive Werbung - so etwa bei der Fußball-EM in Deutschland.
Hat man sich beispielsweise bei der App Temu registriert, greift die "Gamification-Strategie": Es werden regelmäßig neue Rabatt-Countdowns, Glücksräder oder andere Spiele eingeblendet, um zum Kauf zu animieren.
Laut Temu nutzen monatlich rund 75 Millionen Menschen in der EU die Plattform. Temu hält vor allem junge Käufer oft bis zu einer Stunde fest, um sie zum Kauf von Wegwerfartikeln zu verleiten, die sie ursprünglich nicht wollten.
Dieser Erfolg ist mit hohen Kosten verbunden. Temu investiert stark in teure Werbung, wie etwa während des Superbowls in den USA oder der Fußball-EM in Deutschland, und arbeitet mit Influencern zusammen. Dies macht den Markteintritt für Temu derzeit sehr kostspielig.
Das alles sei aber nur der erste Schritt, um eine Infrastruktur aufzubauen, vermuten Handelsexperten wie Theresa Schleicher bei Dlf Nova. Langfristig könnte Temu die Preise erhöhen und damit auch andere Kunden ansprechen. Damit würde Temu zu einer achten Konkurrenz für Amazon oder Zalando.
Wer steckt dahinter und welche Kritik gibt es an Temu, Shein & Co.?
Temu ist eine Tochtergesellschaft von Pinduoduo, einem großen chinesischen E-Commerce-Unternehmen. Pinduoduo ist bekannt für seine gruppenbasierten Einkaufsmodelle und seinen sozialen E-Commerce-Ansatz, der Käufer zur Interaktion und gemeinsamen Bestellung anregt, um günstigere Preise zu erzielen.
Der chinesische Onlinehandel steht aus mehreren Gründen stark in der Kritik: Viele Verbraucher und Behörden kritisieren die niedrigeren Qualitäts- und Sicherheitsstandards chinesischer Produkte im Vergleich zu denen, die auf westlichen Plattformen verkauft werden. Es gibt Berichte über minderwertige oder unsichere Produkte, die nicht den Standards in Europa entsprechen.
Zudem lautet ein Vorwurf, dass Produkte oft unter ihrem wirklichen Wert deklariert werden, um niedrigere Zölle zu zahlen oder Steuern zu umgehen. Dadurch hätten chinesische Verkäufer einen unfairen Vorteil gegenüber einheimischen Unternehmen, die sich an die lokalen Regeln halten müssen.
Des Weiteren stehen die Arbeitsbedingungen in den Fabriken, die für den chinesischen Onlinehandel produzieren, in der Kritik. Es gibt Bedenken hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, niedrigen Löhnen und unzureichenden Sicherheitsmaßnahmen für die Arbeiter.
Ein weiteres großes Problem ist die miserable Umweltbilanz durch den weltweiten Versand und Rückversand. Hinzu kommen Verletzungen von Marken- und Urheberrechten: Viele Produkte auf chinesischen Plattformen seien gefälscht oder kopierten Markenprodukte, was den betroffenen Marken schade und Verbraucher täuschen könne, so ein Vorwurf.
Temu weist die Vorwürfe zurück. Pakete würden nicht aufgeteilt, um den Zoll zu umgehen, sondern zum Beispiel aus logistischen Gründen, sagte ein Unternehmenssprecher. „Temu verpflichtet sich, die Gesetze und Vorschriften in allen Märkten, in denen wir tätig sind, einzuhalten. Wir stellen dieselben hohen Anforderungen an unsere Lieferanten." Diese müssten relevante Unterlagen einreichen und stichprobenartige Kontrollen durchlaufen. Nicht konforme Produkte würden aus dem Verkauf genommen. Gegen Produktfälschungen werde entschieden vorgegangen, Inhaber geistiger Eigentumsrechte könnten Löschungsanträge einreichen. Temu verpflichte sich zu ethischen Arbeitspraktiken und verlange die Einhaltung aller lokalen Arbeitsgesetze.*
Verbraucherschützer aus mehreren europäischen Ländern haben eine Beschwerde gegen Temu eingereicht. Temu wird vorgeworfen, gegen EU-Gesetze für digitale Dienste zu verstoßen und manipulative Techniken einzusetzen. Zudem sei das Löschen von Kundenkonten schwierig. Die deutsche Verbraucherzentrale hatte Temu bereits abgemahnt. Temu gab daraufhin eine Unterlassungserklärung ab.*
* Hinweis: Wir haben die Stellungnahme von Temu ergänzt.
og/nba