Tennis der Frauen
Rittner über Berlins WTA-Zukunft und deutsche Wimbledon-Chancen

Die fünfte Auflage des WTA-Tennisturniers in Berlin ist durch – und Turnierdirektorin Barbara Rittner mit dem Sportlichen zufrieden. Über die aus ihrer Sicht mangelnde Unterstützung des Berliner Senats, die Zukunft des Turniers und die deutschen Chancen in Wimbledon spricht sie im Dlf-Interview.

Barbara Rittner im Gespräch mit Benedikt Kaninski | 23.06.2024
Barbara Rittner, Turnierdirektorin des WTA-Tennisturniers in Berlin, spricht vor Publikum ins Mikrofon.
Barbara Rittner ist seit 2020 Turnierdirektorin beim WTA-Frauenturnier in Berlin. Die ehemalige Tennisspielerin war zuvor lange beim Deutschen Tennis Bund (DTB) in verschiedenen Funktionen, unter anderem als Bundestrainerin, beschäftigt. (picture alliance / nordphoto GmbH / Engler)
Die "Ladies Open" in Berlin sind seit 2020 im Tenniskalender der Frauen ein Highlight. So auch dieses Jahr: Acht der Top-Ten-Spielerinnen waren am Start. Das Finale am Sonntag (23.06.2024) gewann die Weltranglisten-Fünfte Jessica Pegula (USA) gegen die Russin Anna Kalinskaja mit 6:7 (0:7), 6:4, 7:6 (7:3).
"Wir haben absolutes Weltklasse-Tennis gesehen", konstatierte Barbara Rittner nach dem Finaltag im Deutschlandfunk-Interview. "Wir hatten in den letzten drei, vier Tagen ausverkauftes Haus, volle Ränge – und damit kann man sagen: Tennis ist zurück in Berlin."

Von der Fußball-EM womöglich sogar profitiert

Rittner, die von 2009 bis Februar 2024 als Bundestrainerin gearbeitet hat, unterstrich: "Der Zuschauerzuspruch war so gut wie noch nie." Daran habe auch die gerade laufende Fußball-Europameisterschaft der Männer in Deutschland nichts geändert – womöglich gab es sogar einen positiven Effekt.
Die Turnierdirektorin erklärt das so: "Wir fangen täglich um 11 Uhr an und Fußball war oft erst in den Abendstunden. Gerade im Vorfeld hat man natürlich gemerkt, dass bei der Ansprache von Sponsoren oder Unterstützung der Stadt, dass sich viel auf die EURO fokussiert hat. Letztes Jahr waren es die Special Olympics in Berlin, davor die zwei Corona-Jahre. Also es war ein denkbar schwieriger Start. Aber insgesamt, glaube ich, haben wir vielleicht sogar am Ende davon profitiert, dass einige Menschen, die in der Stadt waren, zum Tennis gekommen sind, die eigentlich für die EURO da waren."

Wimbledon: Rittner glaubt an Kerber nach Babypause

Aus deutscher Sicht war es sportlich allerdings eine ausbaufähige Generalprobe für Wimbledon (24. Juni bis 14. Juli). Jule Niemeier als auch Angelique Kerber, die nach der Geburt ihrer Tochter zum Jahreswechsel auf die Tour zurückgekehrt war und seitdem um den Anschluss kämpft, schieden bereits in der ersten Runde aus.
Turnierdirektorin Rittner wollte diesem Umstand aber nicht zu viel Bedeutung beimessen. Sie zeigte sich vorsichtig optimistisch: "Chancen in Wimbledon sind relativ: Deutsche Spielerinnen sind momentan nicht gesetzt bei Grand Slams. Insofern ist man sehr auslosungsabhängig, da gehört ein bisschen Glück dazu. Sie haben sich beide sehr gut präsentiert, haben eine gute Form gezeigt. Beide knapp in drei Sätzen verloren. Man darf auch nicht vergessen, dass in Berlin die schlechteste Starterin im Hauptfeld die Nummer 27 der Welt war."
Vor allem der über weite Strecken starke Auftritt von Kerber bei ihrem Erstrunden-Aus gegen Linda Noskova stimmt Rittner zuversichtlich. Die ehemalige Weltklasse-Spielerin führte aus: "Mit diesem Match in Rücken wird sie sich steigern. Jetzt kommt noch Bad Homburg und dann eben Wimbledon."

Rittner erneuert Kritik an Berliner Senat

Im Dlf-Interview erneuerte sie zudem ihre jüngst geäußerte Kritik am Berliner Senat und den Vorwurf mangelnder Unterstützung beim WTA-Tennisturnier. "Gang und gäbe ist, wenn man in der Stadt ein Turnier hat, dass die Politik das unterstützt durch Anwesenheit. Das hat Herr Wegner [regierender Bürgermeister von Berlin, d. Red.] letztes Jahr gemacht, da war er bei der Eröffnungsfeier und beim Finale. Dieses Jahr hat sich eigentlich niemand blicken lassen, vielleicht auch wegen der Vorgeschichte."
Rittner erörterte ihre Sicht der Dinge: "Man wünscht sich natürlich auch finanzielle Unterstützung gar nicht im Sinne davon, dass da Beträge fließen. Aber in einer Unterstützung der Infrastruktur, so ein Turnier gibt ja auch der Stadt einiges wieder." Es gebe laut Rittner "einige Bilanzen, dass das Berliner Damenturnier der Stadt auch in den letzten Jahren rund 20 Millionen Euro Einnahmen gebracht hat".
Die Turnierdirektorin ergänzte: "Da ist einfach bisher nichts zurückgekommen und das finde ich sehr schade, denn es ist das größte wiederkehrende Frauensport-Event in Deutschland, zusammen mit dem Tennis-Grand-Prix in Stuttgart. Soweit ich weiß, wird in Hamburg, Stuttgart, München überall von den Städten auch unterstützt. Da haben wir das Gefühl, dass wir im Stich gelassen worden sind. Da gab es zwar Gespräche, da hieß es dann: Wir sind zu spät dran. Das konnten wir nicht so richtig nachvollziehen."

Perspektive für Tennisturnier in Berlin gegeben

Hinter den Kulissen des Berliner WTA-Turniers ist gerade nun einiges im Gange. Die "Ladies Open" bleiben die nächsten zwei Jahre in Berlin, bestätigte Rittner im Dlf. Allerdings brauchte s einen neuen Veranstalter: Die Emotion Group von Edwin Weindorfer nahm ein Ausstiegsrecht nach fünf Jahren wahr.
Das bedauerte Rittner im Deutschlandfunk-Gespräch: "Weil jetzt vier, fünf Jahre drum gekämpft worden ist, wieder anzukommen in Berlin. Aber er hat sicherlich seine Gründe. Jetzt muss man schauen, wer der neue Veranstalter wird, aber für Berlin ist es ja erstmal schön, dass das Turnier bleibt."

jti