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"Terminator 2" im Theater
Zeitreise ins Kino der Neunzigerjahre

Das Junge Schauspiel Hannover und "Das Helmi"-Puppentheater aus Berlin haben gemeinsam den Schwarzenegger-Klassiker "Terminator 2" mit Schaumstoff-Puppen auf die Bühne gebracht. Das mag zunächst schräg klingen, doch die dramaturgischen Ansprüche der Macher sind hoch.

Von Alexander Kohlmann |
    Arnold Schwarzenegger in einer Filmszene aus "Terminator ", umgeben von Feuer, schießend
    Nur schwer als Puppe vorstellbar: Arnold Schwarzenegger im Film "Terminator 2" (dpa/picture alliance/dpa-Film)
    Eine Lagerhalle voller Kisten, schummrige Beleuchtung und jede Menge Kunstnebel. Dazu atmosphärische Elektro-Klänge. Wir befinden uns, unverkennbar, im Kino der Neunzigerjahre. Zu einer Zeit, als zwar schon die ersten computergenerierten Spezialeffekte für aufsehenerregende Details sorgten, aber das Gros der Filmbilder noch eine reale Entsprechung hatte. Filmsets noch eins zu ein oder als Miniatur gebaut wurden, und Spezialeffekte keine Pixel, sondern ein Griff in die Trickkiste waren.
    Ein tiefer Griff in die Trickkiste ist auch die "Terminator 2"-Adaption, die jetzt am Jungen Schauspiel Hannover Premiere feierte. Ein Griff in die Puppen-Kiste, um genau zu sein, denn das Staatstheater kooperiert bei dieser Produktion mit der internationalen Berliner Puppenbühne "Das Helmi". Doch ob Puppen oder nicht: Die dramaturgischen Ansprüche sind hoch:
    "Die Konstruktion oder die inhaltliche Linie, die ist ja total aktuell. Und es gibt auch offensichtliche Assoziationen zur christlich, jüdischen Motivik. Dass der Sohn wie so eine Jesus-Figur ist. Der hat irgendwie keinen richtigen Vater, er wird der Erlöser der Menschheit. Die Frau ist so eine Kassandra-Figur,"
    philosophiert Dramaturg Aljoscha Begrich mit Begeisterung. Sein Kollege Florian Loycke, Regisseur und Puppen-Spieler des Terminator, nimmt den Stoff nicht ganz so pathetisch:
    "Man hat zwar diese Folie mit Apokalypse und mit verrückten Zeitreisen, aber eigentlich dieses gestörte Beziehungssystem finde ich gar nicht so unrealistisch, was da drin ist."
    Die Zuschauer sind Zeitreisende
    Beiden Künstlern gemeinsam sind die glänzenden Augen, wenn sie den Terminator-Stoff mit religiöser, spiritueller und ganz heutiger Bedeutung aufladen. Eine Begeisterung, die jenseits aller Intellektualität auch von einem Stück Kindheit geprägt ist, das wahrscheinlich beide mit diesem Stoff verbinden. Denn auch darum geht es bei diesem Abend, um eine Zeitreise in das Kino der Neunzigerjahre, als der kleine Junge John Connor noch stolz verkünden konnte, er habe gerade die Programmiersprache Basic gelernt.

    So gesehen sind wir alle im Publikum Zeitreisende. Wenn wir diese vergessene Welt betreten, und noch einmal verfolgen, wie der Terminator 800, damals gespielt von Arnold Schwarzenegger, vom Killer zum Retter der Menschheit umprogrammiert wird.
    "John Connor!" - "Ja!" - "Halte dieses Gewehr, John Connor, wenn Du leben willst. Wir müssen sofort hier weg. Nimm das Motorrad."
    Florian Loycke spielt den T 800 mit ausdrucksloser Miene und wunderbar lakonischen Schwarzenegger-Kauderwelsch. Dabei switcht er, wie fast alle Darsteller, zwischen dem Spiel mit seinem Körper und der ersatzweisen Verwendung einer Schaumstoff-Handpuppe. Um ein anderes Äußeres anzunehmen, braucht es an diesem Abend keine komplizierte Pixel-Animation. Mit ein wenig bemaltem Schaumstoff ermöglicht "Das Helmi" seinen Darstellern die Flucht in eine andere Identität. Skurril, verzehrt und absurd ausgeleiert sehen diese Puppengeschöpfe aus, mit der die Figuren auch die eigene körperliche Begrenztheit überwinden können.
    Eine Menge Nerd-Humor
    Eine erkennbare Krücke sind diese Puppen, die einzig der Terminator 1000, kurz T 1000, nicht benötigt. Dazu passt, dass der T 1000 vom einzigen Nicht-Puppenspieler an Bord gespielt wird. Mathias Max Herrmann aus dem Ensemble des Schauspiel Hannover, hat als ausgereiftes Schauspieler-, pardon - Maschinenmodell andere Sorgen. Etwa wenn er stets zu spät auf dem riesigen Kistenberg auftaucht. Und traurig räsoniert, dass ihn seine Perfektion unter den Menschen, will sagen den Puppenspielern, zu einem Außenseiter macht.
    "Ich verstehe das nicht. Ich bin das perfekte Modell. Ein Besseres als mich gibt es nicht. Das verstehe ich nicht. Ich verstehe das nicht. Immer bin ich zu spät".
    In solchen Momenten funktioniert der schräge Abend richtig gut. Auch wenn eine Menge Nerd-Humor vonnöten ist, um die nachträgliche Psychologisierung der Killer-Maschine mitzugehen. So wie überhaupt die ganze Inszenierung beständig zwischen einer religiös-analytischen Filmanalyse und einem Videoabend für versponnene Film- und Science-Fiction-Freaks schwankt.
    Immer wieder drohen die Akteure mit ihrer Begeisterung für den Stoff durchzugehen und den Zuschauer zurückzulassen. Der sieht irgendwann nur noch Männer mit Schaumstoff-Fetzen, die Kisten zertrümmern, statt komplexe, kulturgeschichtliche Probleme. "Hasta la vista, baby", der Abend in Hannover macht Lust auf mehr - auf einen ausgedehnten DVD-Abend nämlich - mit solider wissenschaftlicher Begleitlektüre.