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Terror in Frankreich
Alarmstufe "Attentat"

Am Tag nach dem Attentat im französischen Saint-Quentin-Fallavier steht das Land unter Schock. Die Opposition fordert von Frankreichs Regierung ein stärkeres Engagement gegen den islamistischen Terror. Präsident François Hollande beschwört den Zusammenhalt der Nation und verschärft die Sicherheitsmaßnahmen.

Von Ursula Welter |
    Zwei Polizisten stehen vor der Gasfabrik in Saint-Quentin-Fallavier.
    Die erhöhte Alarmstufe "Attentat" ist vom Staatspräsidenten für die Region Rhône-Alpes für drei Tage angeordnet worden. (picture alliance/dpa/Sebastien Nogier)
    "Wir sehen uns einem extrem erhöhten Risiko ausgesetzt", sagte Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve im französischen Fernsehen."Wir haben es nicht mehr mit Tätern zu tun, die von außen kommen - wir haben es mit einem Phänomen zu tun, dass ich den frei zugänglichen Terrorismus nenne, über das Internet, durch die extrem raffinierte Propaganda der Islamisten, die eine große Zahl verletzlicher Europäer in den Terrorismus abgleiten lässt".

    Der Staatsanwalt von Paris beschrieb unterdessen das Profil des 35 Jahre alten Franzosen, des Mannes, der als Hauptverdächtiger festgenommen worden war, nachdem er auf dem Gelände der US-Firma "Air Product" in der Region Lyon eine starke Explosion ausgelöst und eine weitere versucht hatte und nachdem am Tatort die Leiche seines Arbeitgebers gefunden worden war. Ein 54 Jahre alten Transportunternehmer aus der Region Lyon, enthauptet und mit zwei Fahnen, die arabische Schriftzüge trugen, makaber zur Schau gestellt.
    Im Visier des Geheimdienstes

    "Die tatverdächtige Person war in diesem Transportunternehmen angestellt. Ein Familienvater, verheiratet, drei Kinder, keine Vorstrafen. Aber zwischen 2006 und 2008 unter Beobachtung der Sicherheitsbehörden wegen radikaler, salafistischer Fakten", so der Innenminister. Die Nähe des mutmaßlichen Attentäters zu solchen Kreisen, im Osten Frankreichs und später in der Regoin Lyon, hatte die Geheimdienstermittler zwischen 2011 und 2014 mehrmals erneut auf die Spur des Mannes gebracht. Den Betreibern des Industrielagers, auf dem der 35 Jahre alte Mann gestern festgenommen wurde, war er durch regelmäßige Fahrten und Lieferungen bekannt, deshalb hatten sie das Tor geöffnet, als der Lieferwagen vorfuhr.
    Politiker der Opposition forderten ein stärkeres Engagement der Regierung. Der Chef der konservativen Oppositionspartei "Die Republikaner", der frühere Staatspräsident Sarkozy, verteilte seine Forderung via Internet, sein Parteikollege Eric Ciotti sagte in Paris: "Ich stelle fest, dass wir, angesichts der terroristischen Bedrohung, hinterherlaufen." Für den extremen Front National sagte Parteivize Florian Philippot: "Ich sehe, dass da wie stets agiert wird, aber ohne Konsequenzen, in jeder anderen Demokratie hätte der Innenminister längst zurücktreten müssen."
    Appel an den Zusammenhalt der Nation
    Premierminister Manuel Valls, der seine Lateinamerikareise abgebrochen hatte, um heute an der neuerlichen Sitzung des Sicherheitsrates beim Staatspräsidenten teilzunehmen, appellierte, ebenso wie Francois Hollande selbst, an den Zusammenhalt der Nation und an die Respektierung der Werte der Republik .

    In der Region Rhône-Alpes werden unterdessen 158 Industrieanlagen gesondert geschützt. Die erhöhte Alarmstufe "Attentat" ist vom Staatspräsidenten für diese Region für drei Tage angeordnet worden. Das bedeutet, Militäreinheiten wurden in Gang gesetzt, die Personenkontrollen werden verschärft , spezielle Interventionskräfte sind in Bereitschaft versetzt und das Parken vor Schulgebäuden ist untersagt. Vor dem Rathaus der Gemeinde Saint-Quentin-Fallavier, zu der die Industrieanlage im Departement Isère gehört, wurden die Fahnen auf Halbmast gesetzt. Am späten Vormittag versammelten sich Anwohner, als Zeichen der Trauer um den enthaupteten Kleinunternehmer aus der Region Lyon.