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Terror-Sonderausschuss im Europaparlament
Ringen um Balance zwischen Sicherheit und Freiheit

Im Grunde sind sich alle einig: Beim Vorgehen gegen Terroristen arbeiten die EU-Staaten nicht gut genug zusammen. Deshalb stimmt das EU-Parlament heute über den Einsatz eines Sonderausschusses zum Thema Terrorismus ab. Kritiker sehen darin jedoch ein potenzielles Instrument, um Bürgerrechte aufzuweichen.

Von Thomas Otto |
    Belgien: EU-Logo am Europäischen Parlamentsgebäude in Brüssel. Foto vom 11. September 2016.
    Hinter den Kulissen des Europaparlaments wurde hart um die Art des Ausschusses gerungen. (picture alliance / dpa / Daniel Kalker)
    Guy Verhofstadt, der Fraktionschef der Liberalen im EU-Parlament: "Jedes Mal, wenn wir sehen, dass einer oder mehrere Täter den Behörden und Geheimdiensten bereits bekannt waren und entscheidende Information innerhalb der EU nicht weitergeleitet wurden, jedes Mal sagen die Innenminister dann: 'Ja, da gibt es ein Problem, wir müssen uns besser austauschen'. Aber offensichtlich reicht das nicht aus."
    Liberale und Konservative planen deshalb einen Sonderausschuss, der laut Mandatsentwurf herausarbeiten soll, wo es bei der Anwendung der bisherigen Anti-Terror-Gesetze hapert.
    Ringen um die Art des Ausschusses
    Gianni Pittella, Fraktionschef der Sozialdemokraten, sieht das gleiche Problem, wie sein liberaler Kollege Verhofstadt. Er will aber einen Untersuchungsausschuss einsetzen, für den er die Unterstützung eines Viertels der Abgeordneten braucht:
    "Wir sammeln gerade noch Unterschriften. Der Untersuchungsausschuss soll sich dann mit genau diesen Aspekten beschäftigen. Das würden wir sehr begrüßen."
    Sonderausschuss? Untersuchungsausschuss? Ein Streit um des Kaisers Bart also?
    Hinter den Kulissen wird im EU-Parlament schon seit Monaten versucht, Bündnisse für beziehungsweise gegen den einen oder den anderen Ausschuss zu schmieden. Denn im Kern geht es um viel mehr: Um die richtige Balance zwischen Sicherheit und Freiheit.
    Auf der einen Seite die Vertreter der Konservativen und Liberalen, denen es um die konsequente Umsetzung bestehender Gesetze geht: "Der Ausschuss ist auch Teil des Kooperationsabkommens der Liberalen mit den konservativen Volksparteien vom Januar."
    Bestätigt Guy Verhofstadt, was so im öffentlichen Teil des Kooperationsabkommens der beiden Fraktionen gar nicht drin steht. Nachdem ein Hinweis auf die Wahrung der Grundrechte in den Mandatsentwurf aufgenommen wurde, haben nun auch die Grünen ihre Zustimmung zum Sonderausschuss angekündigt.
    Dieser Sonderausschuss sei auch deshalb notwendig, weil der eigentlich zuständige LIBE-Ausschuss – der für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres - überlastet sei, meint die CSU-Abgeordnete Monika Hohlmeier:
    "Es war immer die Debatte, ob das ganze Thema der Sicherheit mit Asyl, mit Datenschutz, mit Bürgerrechten, mit Rule of Law, mit allem, was in diesem LIBE-Ausschuss ist, für diesen einen Ausschuss zu viel ist, oder nicht."
    Um sich auf die Sicherheits-Herausforderungen zu konzentrieren, brauche es deshalb zunächst einen zeitlich befristeten Sonderausschuss, so Hohlmeier.
    Bedenken, dass Gremium dauerhaft wird
    Dem widerspricht – auf der anderen Seite - die linke Abgeordnete Cornelia Ernst. Sie fürchtet, dass aus dem temporären Sonderausschuss irgendwann ein dauerhaftes Gremium wird, in dem Fragen der bürgerlichen Freiheiten keine Rolle mehr spielten:
    "Ein ständiger Ausschuss, getrennt von dem Innenausschuss, der für Grundrechte zuständig ist, ist gewissermaßen das Einfallstor für die irrsinnigsten und unsinnigsten Vorschläge in der Sicherheitspolitik, wie wir sie in den letzten Jahren hatten. Viele haben wir verhindert. Das wäre der Weg für die Hardliner. Und wir haben genügend Hardliner jetzt schon im Parlament, die sich dort alle drin rumtummeln würden."
    Im Gegensatz zu einem Untersuchungsausschuss, der mit klar umrissenen Kompetenzen Fehler von Kommission und Mitgliedsstaaten aufklären soll, könne ein Sonderausschuss zur Aushöhlung der Kompetenzen des bisherigen Innenausschusses führen, so die Befürchtung der Linken. Daher hätte Linkspolitikerin Cornelia Ernst auch nichts gegen einen Untersuchungsausschuss, so wie ihn die Sozialdemokraten favorisieren. Solange darin auch die Wirksamkeit der Anti-Terror-Gesetze hinterfragt würde.
    Gestern Abend sollen sich bereits die Fraktionschefs der konservativen Fraktionen, einschließlich EU-Skeptiker und Rechtsextreme zusammen mit Liberalen und Grünen für einen Sonderausschuss entschieden haben, gegen die Stimmen von Sozialdemokraten und Linken, heißt es aus Parlamentskreisen. Die heutige Abstimmung im Plenum ist für circa 12:00 Uhr angesetzt.