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Terrorabwehr
BKA-Gesetz zum Teil verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat das BKA-Gesetz teilweise für verfassungswidrig erklärt. Das Gesetz räumt Ermittlern bei der Terrorbekämpfung weitgehende Abhörbefugnisse ein. Nach Einschätzung der Richter greift das aber unverhältnismäßig stark in die Grundrechte der Bürger ein.

    Der Schatten von BKA-Präsident Holger Münch wirf auf eine Stellwand mit der Aufschrift "Bundeskriminalamt" geworfen (18.11.2015).
    Das BKA-Gesetz ist nach einem Urteil des Bundesverfassungsgericht teilweise verfassungswidrig. (picture alliance / dpa / Fredrik von Erichsen)
    Grundsätzlich halten die Verfassungsrichter die Regelungen mit den Grundrechten für vereinbar. Im Detail seien die Vorschriften aber teilweise zu unbestimmt und zu weit gefasst.
    Das BKA-Gesetz erlaubt es Ermittlern seit 2009 bisher unter anderem, Wohnungen zu verwanzen, Überwachungskameras anzubringen oder mittels einer Software, dem sogenannten Bundes-Trojaner, auf Computer von Terrorverdächtigen zuzugreifen.
    Der Erste Senat des Verfassungsgerichts kommt nun an etlichen Stellen zu dem Schluss, dass das Gesetz nachgebessert werden muss und, er macht zahlreiche Vorgaben. Die Nachbesserungen müssen bis zum 30. Juni 2018 erfolgen, heißt es in einer Erklärung des Gerichts.
    Gericht fordert besseren Schutz Dritter
    Unter anderem geht es um mangelnden Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung, mangelnde Transparenz, fehlende Kontrolle und unzulässige Datenübermittlungen. Dabei stand auch die Frage im Raum, inwiefern Personen im Umfeld von Terrorverdächtigen ebenfalls in die Überwachungsmaßnahmen miteinbezogen werden. Zum Beispiel müsste bei der Videoüberwachung einer Wohnung sichergestellt werden, dass das BKA kein Material zur Auswertung bekommt, das höchstprivate Informationen über Dritte enthält, fordern die Richter. Deswegen brauche es eine Prüfung solchen Materials durch eine unabhängige Stelle.
    Das Gesetz betrifft auch Berufsgruppen, die Informationen teilweise geheim halten müssen oder wollen - also etwa Ärzte, Anwälte oder auch Journalisten. Dazu stellt das Verfassungsgericht fest, es bedürfe eines "hinreichenden Schutzes von Berufsgeheimnisträgern".
    Für unzulässig erklärten die Richter eine Unterscheidung zwischen "normalen" Rechtsanwälten und Strafverteidigern. Letzteren wurde im Gesetz ein absoluter Schutz gewährt, Rechtsanwälte mussten dagegen befürchten, dass ihre Kommunikation mit einem Terrorverdächtigen überwacht wird. Ähnliches befürchteten auch Ärzte und Journalisten.
    Keine einstimmige Entscheidung
    Grundsätzlich fehle es außerdem an einer effektiven Kontrolle durch die Bundesdatenschutzbeauftragte, stellte das oberste deutsche Gericht nun fest.
    Die sechs Richter und zwei Richterinnen des Ersten Senats fällten das Urteil nicht einstimmig. Die Richter Eichberger und Schluckebier votierten dagegen. Sie begründen das in ihren Erklärungen unter anderem damit, dass sie die Vorgaben des Gerichts für zu detailliert und überzogen halten.
    Gegen das Gesetz geklagt hatten unter anderem Ex-Bundesinnenminister Baum, der frühere Kulturstaatsminister Naumann und mehrere Grünen-Politiker. Bundesinnenminister de Maizière hatte indes darauf verwiesen, mehrere Anschläge hätten auch dank des BKA-Gesetzes rechtzeitig vereitelt werden können. Zudem sei die Zahl der überwachten Personen sehr überschaubar, wie ARD-Korrespondent Klaus Hempel im DLF berichtete.
    (pr/kis)