PNR - Passenger Name Record, auf Deutsch "Fluggastdatensatz": Ein wichtiges Teil im europäischen Sicherheitspuzzle. Im Frühjahr 2016 wurde auf EU-Ebene beschlossen, im großen Stil die Daten von Passagieren auf Flügen in die EU und aus der EU zu sammeln. Gut fünf Jahre hat es gedauert, das politisch auszuhandeln. "Eine der wichtigsten Unterschriften meiner Amtszeit", sagte Parlamentspräsident Martin Schulz, als er PNR am 27. April offiziell zum Gesetz machte.
Gesammelt werden durch das PNR-System neben dem Namen des Fluggastes auch Informationen zur Buchung und Zahlungsmethode, auf welchem Platz der Reisende sitze, oder welche Kontaktdaten hinterlegt wurden. Die Informationen sollen dann mit allen relevanten Datenbanken der Sicherheitsbehörden abgeglichen werden - europaweit. Um zum Beispiel Terrorverdächtige oder Gefährder frühzeitig abzufangen.
Bis Mai 2018 muss das System umgesetzt werden, inklusive Datenaustausch zwischen allen EU-Ländern, so EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos: "Ich fordere alle Mitgliedsländer auf, PNR so schnell wie möglich umzusetzen. Das System verbessert die Sicherheit unserer Bürger, garantiert dabei aber auch den nötigen Datenschutz."
Innenminister will Passagierdaten-Gesetz auf die ganze EU übertragen
Doch nicht alle EU-Länder arbeiten laut Kommission mit Hochdruck daran, die neue Fluggastdaten-Überprüfung umzusetzen. Elf Länder, darunter auch Deutschland, wurden von der Kommission im vergangenen Oktober ermahnt, weil sie noch nicht einmal entsprechende Pläne vorgelegt hätten.
Ein Land aber prescht eifrig voran: Belgien. Bereits Ende 2016 wurde hier die Fluggastdatenspeicherung in nationales Gesetz gegossen. Und Belgien geht sogar noch weiter: Es weitet die Datensammelei auch auf Fernbusse, internationale Züge wie ICEs und Passagierschiffe aus.
Es mache ja auch keinen Sinn, eine Tür dicht zu machen "und alle anderen offenstehen zu lassen", so Belgiens Innenminister Jan Jambon im Fernsehsender VRT. Deswegen will er, dass Belgiens Passagierdaten-Gesetz auf die ganze EU übertragen wird. Eine Forderung, die er direkt nach dem Anschlag in Berlin wiederholte: Der Hauptverdächtige, Anis Amri, war nach der Tat mit Bus und Bahn von Deutschland über die Niederlande und Frankreich nach Italien geflohen. Erst dort wurde er von Polizisten gestoppt.
Auch die EU-Kommission hat Bedenken
Vor allem bei Europas Bahngesellschaften stößt das auf Skepsis, sie befürchten bürokratischen Mehraufwand und Kosten - und letztlich wohl auch weniger Bus- und Zugreisende. Die Bahnbetreiber warnten die Regierung in Brüssel jedenfalls schon einmal davor, dass Fernverbindungen nach Belgien wegfallen und der Fahrkartenverkauf stark eingeschränkt werden könnte.
Auch die EU-Kommission hat Bedenken und prüft, ob die belgische Passagierdatenerhebung zu weit geht. Wie das ARD-Studio Brüssel aus Kommissionskreisen erfuhr, befürchtet man dort zudem, dass zusätzliche Sicherheitsprüfungen zum Beispiel an Bahnhöfen zu langen Warteschlangen führen könnten - die wiederum potentielle Ziele für Attentäter wären.
Belgiens Innenminister Jambon jedoch wird seine Pläne, Passagierdaten auch in Zügen und Fernbussen zu erheben, auf EU-Ebene vorantreiben. Als nächstes voraussichtlich beim Treffen mit seinen europäischen Amtskollegen Ende Januar.