Bei dem jüngsten Massaker in Nigeria sind offenbar deutlich mehr Menschen getötet worden als bislang bekannt. Die Polizei erklärte am Mittwoch, bei dem Überfall von Dienstag auf Mittwoch auf das Dort Gamburu seien mindestens 125 Menschen ums Leben gekommen. Augenzeugen berichteten von Dutzenden Angreifern, die den Ort im Bundesstaat Borno vor Tagesanbruch umstellt und dann das Feuer eröffnet hätten. Zudem hätten sie Häuser niedergebrannt und Bewohnern die Kehlen durchgeschnitten. Eine Frau sagte der Nachrichtenagentur Reuters per Telefon, sie habe nach 85 Toten aufgehört zu zählen. Die Angreifer hätten auf dem Marktplatz Autos und 17 Anhänger mit Kühen und Getreide verbrannt. Die Zeugin überlebte nach eigenen Angaben, weil sie sich mit ihren Kindern versteckte.
Die Zeitung "Daily Trust" spricht von mehr als 200 Toten. "Die Leute zählen noch immer die Leichen. Bisher sind es 200, aber es gibt noch viel mehr", sagte der Lokalpolitiker Abdulrahman Terab. Unter den Opfern sollen auch 16 Polizisten sein. "Die Angreifer haben den größten Markt des Dorfes zerstört und zahlreiche Waren verbrannt, die für den Export gedacht waren", fügte ein Überlebender hinzu.
Verschleppung von mehr als 200 Schülerinnen
Hinter dem Angriff wird die radikale Islamistengruppe Boko Haram vermutet. Sie wird auch für die Verschleppung von mehr als 200 Schülerinnen verantwortlich gemacht. Der nigerianische Präsident Goodluck Jonathan nahm das Angebot der US-Regierung, bei der Suche zu helfen, offiziell an. Jonathan habe dies bei einem Telefonat mit dem amerikanischen Außenminister John Kerry deutlich gemacht, teilte Regierungssprecher Reuben Abati mit.
"Mr. Kerry hat Präsident Jonathan versichert, dass die USA sich dazu verpflichten, Nigeria alle nötige Unterstützung zu geben, um die entführten Mädchen zu retten und den Terror der Boko Haram zu einem Ende zu bringen", zitierte die Zeitung "Premium Times Nigeria" die Mitteilung. Ein US-Behördenvertreter hatte zuvor gesagt, Washington werde Geheimdienstinformationen mit der nigerianischen Regierung austauschen. Zudem soll offenbar Sicherheitspersonal zur Unterstützung der nigerianischen Suchtrupps entsandt werden.
Obama nennt Geiselnahme "abscheulich"
US-Präsident Obama sagte dem Fernsehsender ABC, es solle herausgefunden werden, wo die Mädchen sein könnten. Das Team bestehe aus Spezialisten von "Militär, Polizei und anderen Behörden".
Obama verurteilte die Entführung als "abscheulich". Er rief zu einer "internationalen Mobilisierung" gegen die Gruppe Boko Haram auf, die sich zu der Tat bekannt hat. Diese sei "eine der schlimmsten regionalen oder lokalen Terrororganisationen".
Die Mädchen waren vor drei Wochen aus ihrer Schule in Chibok im Nordosten des Landes verschleppt worden. Rund 50 Mädchen konnten inzwischen fliehen, etwa 220 sind nach Angaben der Polizei noch in Gefangenschaft. Boko-Haram-Chef Abubakar Shekau kündigte in einem Video den "Verkauf", die "Versklavung" und die "Zwangsverheiratung" der Mädchen an.
Boko Haram kämpft seit fünf Jahren für die Errichtung eines islamistischen Staates im Nordosten Nigerias. Die Extremisten haben wiederholt Anschläge verübt. Die Gewalt überlagert das Weltwirtschaftsforum, das am Mittwochabend in der nigerianischen Hauptstadt eröffnet werden sollte.
(tgs/fwa/nin)