Ist das herrlich! Einfach mal zurücklehnen, Wagners wunderbare Musik genießen und den Denkapparat etwas, aber nicht zu sehr strapazieren. Und recht kurz ist das Ganze auch noch, was nicht generell gegen die Aufführung des kompletten Notenmaterials sprechen soll, aber in Bremen macht diese Misch- und Strichfassung, die sich an die Wiener Tannhäuser-Erstaufführung anlehnt, Sinn. Der junge, aufstrebende Regisseur Tobias Kratzer hat dabei noch etwas ganz neues entdeckt. Wagner schrieb nämlich - nach seinen Frühwerken - nicht nur eine komische Oper, sondern anderthalb. Meistersinger, das ist ja klar. Aber Tannhäuser? Doch doch, derart viel, teils auch dunklen Witz erlebte man bisher wohl kaum bei dieser oft leicht schmockig wirkenden Oper.
Aber der Reihe nach, am Anfang gibt’s erstmal ein ausführliches Bacchanal. Dazu sehen wir auf der Bühne das Büro einer Bank oder Versicherung, eifrig putzt hier eine Reinigungskraft, die zu Wagners wonnigen Rhythmen ihre Hüften schwingt. Allerdings sinkt die heitere Raumtemperatur wenig später, nachdem der Chef die Putzfrau ermahnt hat, sodann begrüßt er Personal und erste Gäste. Plötzlich stürmen ein Clown, ein menschliches Insekt und ein Pirat herein. Was wie Schabernack von Jugendlichen wirkt, wird bald blutiger Ernst. Es ist ein Überfall und das erbeutete Geld verteilt man großzügig an die verschreckt am Boden kauernden Kunden und packt auch selbst reichlich davon ein. Dummerweise tauchen nun Polizisten auf und beim turbulenten Schusswechsel stirbt die Putzfrau.
Aus diesem Szenario entwickelt Kratzer auf frappierende Weise die gesamte Tannhäuser-Geschichte. Ein etwas ältlicher Mini-Anarchist in Clownsmaske lässt sich von der militanten Wespen-Venus zu diversen Aktionen anstacheln, wobei Venus auch noch mit einem spiddeligen Lover - ideal verkörpert vom österreichischen Tänzer und Choreograph Günther Grollitsch - zusammen lebt. Eine WG der besonderen Art ist das.
Den Terror-Clown überkommen bald Zweifel und er wendet sich kurzzeitig seinem eigentlichen Beruf zu: Sänger. Wagners traumverloren umherstreifender Hirte - brillant: Alexandra Scherrmann - mutiert bei Kratzer zur Bühnenpförtnerin mit radikalen Ansichten, die Tannhäuser vom Verlassen des rechten beziehungsweise eben linken Wegs abhalten will. Der berühmte Sängerwettstreit wird von ebenjener Bank gesponsert, die kurz zuvor noch einen Überfall erlebte. Als Trophäe fürs Wettsingen gibt es statt dem züchtigen Mädel Elisabeth einen Violinschlüsselpokal, wobei den zweifellos Martin Kronthaler als Wolfram verdient hat – die beste Stimme des Abends. Heiko Börner gibt in der Titelpartie zwar alles, kommt aber zeitweise doch an seine Grenzen und intoniert etwas schwammig. Szenisch hat er am Ende sowieso verloren, da er, statt wie bei Wagner nach Rom, hier als Penner durch die Lande streift und zum Finale auf einem Bahnhof à la Bad Kleinen den Tod findet. Dort trifft er zunächst den versöhnlichen Wolfram, und irgendwie denkt man an diesem Punkt, was nun? Wie kommt Tannhäuser, wie kommen wir aus alledem raus? Kratzer weiß Rat! Elisabeth eilt herbei und sieht genauso aus wie Terror-Venus, weil sie Tannhäuser liebt und sich offenbar nun mit der Terroristin identifiziert. Dummerweise kommt die echte Terrorfrau auch noch und gleich danach die GSG 9 und schon sind fast alle tot. Was jetzt vielleicht etwas banal klingt, wirkt auf der Bühne reichlich spektakulär, zudem logisch und völlig konsequent. Das Schönste aber ist Kratzers Fähigkeit, alles konzeptionell Pompöse immer wieder mit Witz und Leichtigkeit aufzulockern.
Am Pult der Bremer Philharmoniker sorgt Markus Poschner für einen Wagner-Klang mit Ecken und Kanten, die Grundtendenz ist straff und impulsiv, es gibt aber auch fein ausgeleuchtete Phrasen mit viel Wärme und Zartheit. Michael Dries singt den Bankchef beziehungsweise Landgraf von Thüringen prächtig, Patricia Andress verleiht Elisabeth viele schöne vokale Facetten, Julia Rutigliano gibt die Venus adäquat brachial, überzeugend auch Christian-Andreas Engelhardt als Heinrich und Loren Lang als Biterolf. Einzig die Chöre hätte man sich etwas präziser und ausdrucksstärker gewünscht – ansonsten bietet Bremen einen Tannhäuser, der die Bayreuther Produktion vom Sommer um Längen schlägt.
Aber der Reihe nach, am Anfang gibt’s erstmal ein ausführliches Bacchanal. Dazu sehen wir auf der Bühne das Büro einer Bank oder Versicherung, eifrig putzt hier eine Reinigungskraft, die zu Wagners wonnigen Rhythmen ihre Hüften schwingt. Allerdings sinkt die heitere Raumtemperatur wenig später, nachdem der Chef die Putzfrau ermahnt hat, sodann begrüßt er Personal und erste Gäste. Plötzlich stürmen ein Clown, ein menschliches Insekt und ein Pirat herein. Was wie Schabernack von Jugendlichen wirkt, wird bald blutiger Ernst. Es ist ein Überfall und das erbeutete Geld verteilt man großzügig an die verschreckt am Boden kauernden Kunden und packt auch selbst reichlich davon ein. Dummerweise tauchen nun Polizisten auf und beim turbulenten Schusswechsel stirbt die Putzfrau.
Aus diesem Szenario entwickelt Kratzer auf frappierende Weise die gesamte Tannhäuser-Geschichte. Ein etwas ältlicher Mini-Anarchist in Clownsmaske lässt sich von der militanten Wespen-Venus zu diversen Aktionen anstacheln, wobei Venus auch noch mit einem spiddeligen Lover - ideal verkörpert vom österreichischen Tänzer und Choreograph Günther Grollitsch - zusammen lebt. Eine WG der besonderen Art ist das.
Den Terror-Clown überkommen bald Zweifel und er wendet sich kurzzeitig seinem eigentlichen Beruf zu: Sänger. Wagners traumverloren umherstreifender Hirte - brillant: Alexandra Scherrmann - mutiert bei Kratzer zur Bühnenpförtnerin mit radikalen Ansichten, die Tannhäuser vom Verlassen des rechten beziehungsweise eben linken Wegs abhalten will. Der berühmte Sängerwettstreit wird von ebenjener Bank gesponsert, die kurz zuvor noch einen Überfall erlebte. Als Trophäe fürs Wettsingen gibt es statt dem züchtigen Mädel Elisabeth einen Violinschlüsselpokal, wobei den zweifellos Martin Kronthaler als Wolfram verdient hat – die beste Stimme des Abends. Heiko Börner gibt in der Titelpartie zwar alles, kommt aber zeitweise doch an seine Grenzen und intoniert etwas schwammig. Szenisch hat er am Ende sowieso verloren, da er, statt wie bei Wagner nach Rom, hier als Penner durch die Lande streift und zum Finale auf einem Bahnhof à la Bad Kleinen den Tod findet. Dort trifft er zunächst den versöhnlichen Wolfram, und irgendwie denkt man an diesem Punkt, was nun? Wie kommt Tannhäuser, wie kommen wir aus alledem raus? Kratzer weiß Rat! Elisabeth eilt herbei und sieht genauso aus wie Terror-Venus, weil sie Tannhäuser liebt und sich offenbar nun mit der Terroristin identifiziert. Dummerweise kommt die echte Terrorfrau auch noch und gleich danach die GSG 9 und schon sind fast alle tot. Was jetzt vielleicht etwas banal klingt, wirkt auf der Bühne reichlich spektakulär, zudem logisch und völlig konsequent. Das Schönste aber ist Kratzers Fähigkeit, alles konzeptionell Pompöse immer wieder mit Witz und Leichtigkeit aufzulockern.
Am Pult der Bremer Philharmoniker sorgt Markus Poschner für einen Wagner-Klang mit Ecken und Kanten, die Grundtendenz ist straff und impulsiv, es gibt aber auch fein ausgeleuchtete Phrasen mit viel Wärme und Zartheit. Michael Dries singt den Bankchef beziehungsweise Landgraf von Thüringen prächtig, Patricia Andress verleiht Elisabeth viele schöne vokale Facetten, Julia Rutigliano gibt die Venus adäquat brachial, überzeugend auch Christian-Andreas Engelhardt als Heinrich und Loren Lang als Biterolf. Einzig die Chöre hätte man sich etwas präziser und ausdrucksstärker gewünscht – ansonsten bietet Bremen einen Tannhäuser, der die Bayreuther Produktion vom Sommer um Längen schlägt.