Nicht nur US-Medien beschweren sich seit einiger Zeit, dass Tesla ihre Fragen nicht beantwortet. Auch in Deutschland setzt der Autokonzern auf Blockade, wie das Beispiel Grünheide zeigt. Seit gut einem Jahr baut Tesla in dieser brandenburgischen Gemeinde seine Großfabrik, die der Konzern selber (und auch viele Medien) "Gigafactory" nennt.
Der brandenburgische Landeskorrespondent Christoph Richter hat das von Anfang an für den Deutschlandfunk begeitet. Eine knapp einstündige
Sendung zu seinen Recherchen Ende Februar
beendete Richter mit dem Hinweis: "Gerne hätte ich auch mit Verantwortlichen gesprochen." Seit einem Jahr habe er das vergeblich versucht. Doch in den Antworten heiße es, das sei nicht vorgesehen, "Baustellenbesichtigungen durch Journalisten seien nicht erwünscht".
ZDF-Autorin: Haben uns nichts ausgedacht
Auch das ZDF hat gerade über den Tesla-Bau berichtet. Die 43-minütige Doku "Turbo, Tempo, Tesla" der Redaktion Frontal 21 wirft einen kritischen Blick auf das Bauvorhaben. Christian Esser und Manka Heise thematisieren unter anderem die Frage, welche Folgen der zu erwartetende Wasserverbrauch von mehreren Millionen Kubikmetern im Jahr für die Region haben wird.
In dem Film wird ein Tweet von Musk, dem auf Twitter fast 50 Millionen Menschen folgen, zitiert. Zu sehen ist ein Screenshot und die ins Deutsche übersetzten Sätze Musks: "Ich glaube, wir müssen ein paar Sachen klar stellen: Tesla wird nicht jeden Tag so viel Wasser brauchen." Die Nachricht geht, auch das ist zu erkennen, weiter, doch dieser Teil ist mit weißer Farbe unkenntlich gemacht.
Autorin Manka Heise verteidigt das Vorgehen: "Wir haben uns nichts ausgedacht, wir haben einen Teil nicht zu Ende zitiert", sagte Heise im Deutschlandfunk. Und der zweite Teil sei nicht relevant für den Sachverhalt gewesen. Ohnehin hätte man lieber mit jemandem bei Tesla persönlich gesprochen, so Heise. Doch entweder seien Anfragen nicht beantwortet worden oder es sei untersagt worden, Zitate zu verwenden.
Kritik aus Blog-Szene mit Tesla-Kontakten
Über die gesamte Doku, die Wasser-Frage und die Art der Tweet-Darstellung wird seit ihrer Ausstrahlung in sozialen Netzwerken diskutiert. Eine Debatte, die nun durch eine Nachricht von Musk befeuert wurde, der "Wow, shame on ZDF Info!" geschrieben hat, also "Schande über ZDF Info". Er reagierte damit auf eine Userin namens "Eva CyberFox", die deutschen Medien vorwirft, immer wieder werde die "Realität verzerrt, um sich ein negatives Bild von dem amerikanischen Hersteller zu machen".
"Eva CyberFox" schreibt, das weist sie in ihrem Profil aus, für eine Seite namens tesmanian.com. Dort findet sich neben Berichten über Tesla oder SpaceX, das Raumfahrt-Projekt von Musk, auch ein Shop, in dem sich Ersatzteile für Tesla-Fahrzeuge bestellen lassen.
Ähnlich sieht es aus bei einem anderen Blogger namens Alex Voigt, der auf Twitter – bereits sechs Tage vor Musk – "Shame on ZDF Info" geschrieben hat und den Sender kritisiert, Musks Tweet aus dem Film manipuliert zu haben. Ein Link aus Voigts Twitter-Profil führt zum offiziellen Portal des US-Unternehmens und dort zu der Rubrik "Mit Alexander’s Weiterempfehlung sparen".
Experte: Keine Trennung zwischen Journalismus und Geschäft
In der Tech-Szene gebe es etliche kleinere Blogs von "technikverliebten Autorinnen und Autoren, die meist auch Fans der Marken sind, über die sie schreiben", beobachtet Lutz Frühbrodt, Professor für Fachjournalismus und Unternehmenskommunikation an der Hochschule Würzburg. Dort werde aber häufig nicht sauber getrennt zwischen Journalismus und Geschäft.
Das gebe es allerdings auch bei anderen Firmen, so Frühbrodt. Die Besonderheit bei Tesla sei, dass der US-Konzern inzwischen ohne eigene Kommunikationsabteilung auskomme und Elon Musk diese Aufgabe quasi auf Twitter übernommen habe. Doch gehe Musk dort nicht immer mit faktenbasierten und rational fundierten Argumenten vor, sondern sei oft geleitet von Zuspitzungen und Affekten.
"Wir schämen uns nicht"
Aus den USA habe man von Journalistinnen und Journalisten erfahren, es gebe regelrechte "Online-Armeen, die die Verteidigungsarbeit und Informationspolitik für Elon Musk übernehmen", sagt ZDF-Autorin Manka Heise. Wer genau dahinter stehe, wisse man aber nicht. Auch in den USA gelte Tesla deshalb als intransparentes Unternehmen.
Dass Musk nun die Doku von Frontal 21 wahrgenommen hat, freut die Journalistin. Man schäme sich aber nicht, wie der Unternehmer es in seinem Tweet fordert. Ihre Redaktion habe stattdessen ihr Gesprächsangebot an ihn erneuert. "Uns wäre es ein Fest, ihn persönlich zu sprechen", betont Heise.