Jedes Jahr wieder im Oktober werden die Nobelpreise verkündet. Und während die ersten drei – für Physik, Chemie und Medizin – vor allem von Wissenschaftlern in aller Welt mit Spannung erwartet werden, schaut die Öffentlichkeit hauptsächlich auf den Friedens- und den Literatur-Nobelpreis. Denn dort sind die Ausgezeichneten meist entweder politisch brisant oder prominent – oder beides.
"Der Nobelpreis für Literatur 2016 geht an Bob Dylan!"
Ähnlich überraschend wie die Vergabe des Literaturnobelpreises 2016 an den amerikanischen Pop-Poeten dürfte für die Familie Alfred Nobels die Eröffnung seines Testaments gewesen sein – allerdings ohne Jubel.
Am 27. November 1895, knapp ein Jahr vor seinem Tod, hatte er seinen letzten Willen aufgesetzt, handschriftlich auf vier Seiten. Darin vermachte Nobel seinen Verwandten, ein paar Mitarbeitern und Freunden zwar immerhin 1,6 Millionen schwedische Kronen. Aber der größte Teil seines Erbes, 31,6 Millionen, sollte in eine neue Stiftung fließen:
"Das Kapital … soll einen Fonds bilden, dessen jährliche Zinsen als Preise denen zugeteilt werden, die im verflossenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen gebracht haben."
Es ist viel darüber spekuliert worden, warum Alfred Nobel diesen Preis gestiftet hat. Vielleicht war es der wenig schmeichelhafte Nachruf, den eine französische Zeitung schon 1888 versehentlich auf ihn anstelle seines tatsächlich verstorbenen Bruders Ludvig veröffentlicht hatte, mit dem Titel: "Der Kaufmann des Todes ist tot!"
Dabei hatte der Chemiker mit seiner Erfindung des "Dynamits" der Welt eigentlich einen sichereren Sprengstoff gegeben für die Arbeit im Bergwerk, beim Eisenbahn- oder Tunnelbau. Seinen immensen Reichtum aber hat Nobel mit über 90 Fabriken erworben, die weltweit auch Sprengstoff für das Militär produzierten. Er glaubte an ein "Gleichgewicht des Schreckens" als "friedensstiftende Maßnahme", wie ein Brief an Bertha von Suttner zeigt:
"An dem Tag, da zwei Armeekorps sich gegenseitig in einer Sekunde werden vernichten können, werden wohl alle zivilisierten Nationen zurückschaudern und ihre Truppen verabschieden."
Erste Preisvergabe fünf Jahre nach seinem Tod
Aber die enge Freundschaft und der rege Gedankenaustausch mit der österreichischen Pazifistin und Schriftstellerin scheinen Alfred Nobel letztlich doch umgestimmt zu haben. Sie gilt heute als "Anstifterin des Friedensnobelpreises". Vermutlich hatte Nobel Bertha von Suttner als erste Preisträgerin dafür im Sinn, doch sie musste bis 1905 warten.
Ohnehin begann die Preisvergabe erst 1901, fünf Jahre nach Nobels Tod.
Denn einige Verwandte hatten das Testament sofort anfechten lassen und waren erst nach zähem Ringen – und finanziellen Zugeständnissen – bereit, den letzten Willen Alfred Nobels zu respektieren.
Und auch der schwedische Staat weigerte sich zunächst, die Stiftung zu genehmigen. Sie sei "unpatriotisch", weil es im Testament heißt:
"Es ist mein ausdrücklicher Wille, … dass nur der Würdigste den Preis erhält, ob er nun Skandinavier ist oder nicht."
Inzwischen ist es ein sehr feierlicher Akt, wenn jedes Jahr am 10. Dezember, dem Todestag Alfred Nobels, die Preisträger aus aller Welt vom schwedischen Königshaus in Stockholm geehrt werden.
Immer wieder Kritik an der Auswahl der Preisträger
Nur der Friedensnobelpreis wird im norwegischen Oslo verliehen. Auch das hat Nobel in seinem Testament verfügt. Es gab damals noch eine staatliche Union von Schweden und Norwegen, und das Norwegische Parlament hatte sich anders als Schweden für internationale Friedensbemühungen stark gemacht.
An der Auswahl der Preisträger hat es in der langen Geschichte der Nobel-Stiftung immer wieder Kritik gegeben: Der Literaturnobelpreis machte in den letzten Jahren eher als "Skandalpreis" von sich reden, und besonders der jährliche Friedensnobelpreis stiftet fast immer auch ein bisschen Unfrieden. Das kommt von falschen Erwartungen, meint Asle Toje, eines der fünf Mitglieder des norwegischen Nobelkomitees:
"Einige erwarten, dass der Preis Frieden schafft. Das kann er nicht. Er kann aber ermutigen und ein Leuchtfeuer sein."