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Testamente, Haftstrafen und andere Grausamkeiten

Fünf Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise will die Bundesregierung schärfere Regeln für Banken und Finanzmärkte beschließen. Demnächst bringt das Kabinett gleich drei Gesetzesnovellen auf den Weg, die alle ein Ziel verfolgen: Wer als Banker oder Bank Risiken eingeht muss dafür auch haften.

Von Theo Geers |
    Ob es bis zum Sommer mit der Verabschiedung durch Bundestag und Bundesrat noch klappt ist offen, dennoch wagt Finanzminister Schäuble den Versuch, die Bankenregulierung noch vor der Bundestagswahl weiter voran zu treiben.

    Am Mittwoch wird das Kabinett gleich drei Gesetzesnovellen auf den Weg bringen, die gemeinsam ein Ziel verfolgen: Wer als Banker oder Bank Risiken eingeht muss dafür auch haften. So sollen Bankvorstände - erstens - dazu verpflichtet werden, im Risikomanagement einer Bank sorgfältiger hin zu schauen.

    Hintergrund dieser Neuregelung ist, dass seit Ausbruch der Finanzkrise vor vier Jahren praktisch kein Banker von Gerichten verurteilt wurde – trotz oft haarsträubender Managementfehler. Um diese Regelungslücke zu schließen und Banker leichter haftbar zu machen will die Bundesregierung die Sorgfaltspflichten für Risikogeschäfte im Kreditwesengesetz verschärfen. Wer als zuständiger Geschäftsleiter in einer Bank oder Versicherung dagegen vorsätzlich verstößt und so den Bestand des Unternehmens gefährdet, muss künftig mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe rechnen.

    Zweitens muss jede systemrelevante Bank künftig einen Sanierungs- und einen Abwicklungsplan vorhalten, das sogenannte Banken-Testament. Den Sanierungsplan erstellt dabei die Bank selbst, den Abwicklungsplan aufzustellen ist Aufgabe der Bankenaufsichtsbehörde BaFin.

    Beide Pläne sollen im Fall einer Schieflage die geordnete Abwicklung einer Bank ermöglichen. Das scheiterte in der Vergangenheit teilweise daran, dass manche Banken schlicht zu groß – "too big to fail" - oder zu vernetzt mit anderen Banken – "too connected to fail" - waren, um sie fallen lassen zu können.

    Jetzt sollen systemrelevante Banken praktisch jederzeit Schubladenpläne vorhalten, auf die sie im Krisenfall zurück greifen können, ohne dass der Steuerzahler für die Bankenrettung einspringen muss. Teil drei des Pakets zielt darauf ab, bei Großbanken den Eigenhandel mit Wertpapieren vom Privatkundengeschäft abzutrennen und nur noch in einer rechtlich und wirtschaftlich eigenständigen Tochter zu betreiben.

    Betroffen sind Banken, deren Eigenhandel ein Volumen von 100 Mrd. Euro oder von 20 Prozent der Bilanzsumme übersteigt. Angesichts dieser Schwellenwerte könnte dieser Trennbankenvorschlag anders als bisher angenommen auch mehr als nur die drei deutsche Großbanken treffen, die bislang genannt wurden: die Deutsche Bank, die Commerzbank und die Landesbank Baden-Württemberg.

    Im Finanzministerium wird betont, dass der Trennbankenvorschlag eng mit Frankreich abgestimmt sei, auch um in der EU ein Signal zu setzen. Denn bei der Trennung von Eigenhandel und Kundengeschäft gehe es in Europa nicht schnell genug voran. Das ist allerdings auch in Deutschland fraglich.

    Nach der Niedersachsenwahl kann die absehbare rot-grüne Ländermehrheit im Bundesrat diese Gesetze zumindest erheblich verzögern, zumal die Gesetze umstritten sind. Der SPD gehen sie teilweise nicht weit genug, die Banken selbst warnten heute vor allem beim sogenannten Bankentestament vor nationalen Alleingängen.

    Die Pläne der Bundesregierung seien zwar grundsätzlich sachgerecht, so der Bundesverband deutscher Banken. Der nationale Vorstoß sei aber unverständlich, weil auf EU-Ebene schon seit Juni letzten Jahres ein Gesetzesvorschlag für alle Mitgliedsstaaten auf dem Tisch liege. Durch eine Gesetzgebung im Zick-zack-Kurs sollten aber nicht Hindernisse für eine EU-weit einheitliche Regelung aufgebaut werden.

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