Schon früh in der Pandemie trat die Variante D614G auf – heute ist sie global das neue Normal. In Südafrika hat B.1.351 die Epidemie übernommen, in Großbritannien B.1.1.7. Ein Weg, solche Varianten nachzuweisen ist die komplette Entschlüsselung des Virenerbguts. Das ist viel Arbeit, erläutert Evangelos Kotsopoulos vom Verein Akkreditierte Labore in der Medizin.
"Eine Vollgenomsequenzierung bei vollen Läufen bei diesen Next-Generation-Sequenzierungsgeräten dauert 30 Stunden. Dann viele Stunden für die bioinformatische Auswertung, und dann müssen noch viele, viele Gigabytes von Daten übertagen werden, bis diese Auswertung fertig ist."
Fünf Prozent aller Proben komplettsequenziert
Überall auf der Welt wird sequenziert, besonders viel in Großbritannien, in Dänemark, aber auch in Südafrika. Deutschland will hier aufholen. Seit dem 22. Januar sind die Labore aufgefordert, fünf Prozent aller positiven Proben durchzusequenzieren, berichtet Kotsopoulos.
"Das hat einen sehr harten wissenschaftlichen und epidemiologischen Charakter. Das dient der Beantwortung der Frage, wie verändert sich das Virusgenom insgesamt. Nicht nur bei den kritischen Mutationen, die wir momentan anschauen, sondern bei allen."
Für die praktische Gesundheitsvorsorge ist die Komplettsequenzierung dagegen weniger wichtig, dafür dauert sie einfach zu lange.
Spezielle PCR-Tests zum Nachweis der Mutationen
Es gibt aber eine Abkürzung: die intelligente Nutzung spezieller PCR-Tests, maßgeschneidert, auf jeweils eine konkrete Variante von SARS-CoV-2. So wurde übrigens auch in Großbritannien die Bedeutung von B.1.1.7 erkannt. Konkret verwenden die Labore erst die Standard-PCR, um zu prüfen: Ist diese Person überhaupt mit einem Coronavirus infiziert oder nicht. Ist dieser erste Test positiv und noch genug Material vorhanden, können Arzt oder Gesundheitsamt einen zweiten PCR Test anfordern, der gezielt auf die britische oder südafrikanische Variante reagiert, erklärt Labor-Experte Kotsopoulos:
"Das wird hier massiv hochgefahren. In der letzten Woche sind mehrere Zehntausend solcher Teste bereits gemacht worden. Die werden aktuell aufbereitet nachgemeldet und so weiter und so fort."
Die PCR-Tests erlauben es also, schnell auf das Auftreten der bekannten Mutanten zu reagieren. Das Berliner Humboldt-Klinikum zum Beispiel nimmt keine Patienten mehr auf, weil mehr als 35 Personen positiv auf B.1.1.7 getestet wurden. In einem Bayreuther Krankenhaus waren es über 20, während sich die 44 Fälle im Kreis Wunsiedel diffus verteilen. In Köln stellen die britische und südafrikanische Variante inzwischen neun Prozent aller nachgewiesenen Viren. Solchen Einzelmeldungen möchte Evangelos Kotsopoulos aber nicht zu viel Gewicht beimessen:
"Was wir sehen ist, diese Mutationen sind da. Aber das zu extrapolieren und zu sagen, wie weit ist das jetzt und wie entwickelt es sich vor allem. Dafür wäre es heute noch einen kleinen Tick zu früh."
Auswertung der Tests auf Mutanten läuft
Eine bundesweit repräsentative Auswertung der Genomsequenzierungen und der gezielten PCR-Tests läuft gerade am Robert-Koch-Institut. Auf die warten die Experten, um zu sehen: Wo steht Deutschland aktuell?
Bis die Daten vorliegen, ist es beruhigend zu wissen, dass die Infektionszahlen in Großbritannien, Irland und Südafrika im Lockdown deutlich fallen. Das zeigt: die bekannten Kontaktbeschränkungen wirken auch gegen die neuen Varianten. Sie jetzt effektiv einzudämmen ist entscheidend, den sonst entwickeln sie sich weiter und weiter. In Großbritannien ist B.1.1.7. bereits erneut mutiert und kann womöglich so der Immunantwort besser ausweichen.