Christoph Heinemann: Autofahrer merken es bereits seit einiger Zeit: Die Spritpreise steigen. Nach Angaben des ADAC sind die Preise derzeit so hoch wie seit drei Jahren nicht mehr. Günter Hetzke aus unserer Wirtschaftsredaktion, warum? Sind die Ölpreise in den vergangenen Wochen so stark angestiegen?
Günter Hetzke: Nein, sind sie nicht! Ich habe mal nachgeschaut, sowohl bei der Nordseesorte Brent als auch beim US-Leichtöl WTI. Ob im Wochenvergleich, auf Monatssicht oder im vergangenen Vierteljahr – stets sind die Preise rückläufig. Bei der Sorte Brent im Rückblick auf das vergangene Vierteljahr um etwa 10 Prozent, ähnlich die Größenordnung bei der Sorte WTI.
Heinemann: Was ist dann der Grund für die steigenden Spritpreise?
Hetzke: Ein Grund ist sicherlich der Euro, der seit einiger Zeit nachgibt. Rohöl wird ja in US-Dollar gehandelt. Das heißt, wenn der Euro sinkt gegenüber dem US-Dollar, dann verteuert sich der Kauf von Rohöl für die Euro-Länder. Es muss mehr hingeblättert werden. Und im zurückliegenden Vierteljahr hat der Euro um immerhin dreieinhalb Prozent nachgegeben gegenüber dem US-Dollar.
Heinemann: Da bleibt aber noch eine Differenz!
Hetzke: Stimmt. Insofern liegt die Vermutung nahe, dass die Mineralölkonzerne auch die Verunsicherung auf dem Ölmarkt, die Diskussionen darüber nutzen, um die Preise anzuheben – in der Hoffnung, alle haben schon mal gehört, dass hier Konflikte anstehen und meinen dann, es gibt schon einen Grund für anziehende Preise.
Unsicherheit wegen Trump-Drohungen und Venezuela
Heinemann: Welche Verunsicherungen bestimmen denn die Diskussion?
Hetzke: Das fängt an mit dem OPEC-Land Venezuela, das wirtschaftlich am Boden liegt, was sich auch auf die Ölexporte niederschlägt. Dann gibt es die Drohung von US-Präsident Trump, das wichtige Ölförderland Iran weitgehend vom internationalen Ölmarkt auszuschließen. Und im Gegenzug die Drohung aus dem Iran, wichtige Lieferrouten zu blockieren. Aber die Lieferausfälle von Venezuela werden von anderen OPEC-Ländern ausgeglichen. Alles andere sind Drohungen oder Ankündigungen, die erst noch kommen werden oder sollen. Insofern: wenn, dann stehen Verwerfungen auf dem Ölmarkt noch bevor. Derzeit ist es weitgehend ruhig, was wir ja auch am Ölpreis sehen.
Heinemann: Autofahrer müssen trotzdem jetzt schon tiefer als bisher in die Geldbörse greifen. Seit einiger Zeit gibt es ja verschiedene Apps fürs Smartphone, mit deren Hilfe sich günstige Tankstellenpreise finden lassen. Helfen die?
Spritpreise weiter mehrmals täglich angepasst
Hetzke: Ja tatsächlich, die helfen, die sind bei sehr vielen Autofahrern bekannt und werden auch oft genutzt. Das hat erst vor kurzem eine Auswertung der Bundesregierung ergeben. Seit Dezember 2013 müssen ja Tankstellenbetreiber ihre Kraftstoffpreise an eine Markt-Transparenz-Stelle beim Bundeskartellamt melden. Von dort kommen dann die Informationen. Und seitdem wissen wir ja auch, dass Hauptreisezeiten, beispielsweise Sommerferien, kaum noch ein Grund sind, Spritpreise anzuheben. Das passiert mittlerweile mehrmals am Tag, im Schnitt viermal. Im Tagesverlauf liegt der Preisunterschied innerhalb einer Stadt bei bis zu 30 Cent, in ländlichen Regionen bis zu 25 Cent. Die Zeiten zwischen 15 und 17 Uhr sowie 19 und 21, 22 Uhr gelten als günstige Tankzeiträume. Die Apps haben allerdings einen Nachteil: Auf dem Weg zur günstigen Tankstelle kann der Preis schon wieder gestiegen sein. Autofahrer in Österreich haben es da besser, denn dort wird nur einmal am Tag der Preis geändert, pünktlich um 12 Uhr.