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Textilbranche in Bangladesch
"Eine Null-Toleranz-Politik für Korruption"

Transparency International (TI) stellt heute einen Leitfaden vor, der Korruption in der Lieferkette der Textilindustrie bekämpfen soll. TI-Deutschland-Chefin Edda Müller sagte im DLF, Deutschland spiele dabei eine große und wichtige Rolle, da es der zweitgrößte Exportmarkt für Bangladesch sei. Die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen hingen eng mit Bestechungen zusammen.

Transparency-Deutschland-Chefin Edda Müller im Gespräch mit Stefan Römermann |
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    Trauriger Höhepunkt war vor zweieinhalb Jahren das Unglück in der Fabrik Rana Plaza in Bangladesch, bei dem über tausend Menschen getötet und 2400 Menschen verletzt wurden. (picture alliance / dpa)
    Stefan Römermann: Lässt sich für fünf Euro ein T-Shirt produzieren oder für zehn Euro eine Jeans? Offenbar schon, wenn man in die Auslagen mancher Discounter schaut. Allerdings geht das wohl nur unter den zum Teil katastrophalen Arbeitsbedingungen und absurd niedrigen Löhnen. Die Bilder aus den sogenannten Sweatshops in Bangladesch und anderswo gingen um die Welt und auch wir bei "Umwelt und Verbraucher" haben darüber in den vergangenen Jahren immer wieder berichtet. Trauriger Höhepunkt war vor zweieinhalb Jahren das Unglück in der Fabrik Rana Plaza in Bangladesch, bei dem über tausend Menschen getötet und 2400 Menschen verletzt wurden.
    Transparency International stellt heute einen Leitfaden vor, der Korruption in der Lieferkette der Textilindustrie bekämpfen soll. Transparency-Deutschland-Chefin Edda Müller habe ich vor der Sendung gefragt, ob es nicht eigentlich viel wichtiger wäre, für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen.
    Edda Müller: Das hängt eng miteinander zusammen. Man glaubt immer, Korruption hätte nur etwas mit materiellen Dingen zu tun, da besticht einer den anderen und das wird dann vielleicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Wir können am Beispiel der Lieferkette in Bangladesch zeigen, dass Korruption auch soziale Verwerfungen, Menschenrechtsverletzungen mit sich bringt, Leben gefährden kann, und deshalb haben wir uns zusammen mit unseren Kollegen in Bangladesch hingesetzt und gesagt, welche Rolle hat eigentlich die Korruption gespielt bei dem Rana Plaza-Unglück, an das sich sicher viele Menschen noch erinnern.
    Korruption in der Lieferkette der Textilindustrie bekämpfen
    Römermann: Ja! Wie ist es da abgelaufen?
    Müller: Es ist ganz deutlich, dass es nicht allein an den Vorschriften liegt, dass es in Bangladesch nicht ausreichende gesetzliche Regelungen zur Sicherheit am Arbeitsplatz, auch zu Arbeitsbedingungen gibt, sondern hier werden Inspektoren - das sind dann die kleinen Leute - bestochen, damit sie wegschauen und entsprechende Genehmigungen erteilen. Aber das geht hinauf bis in die führenden Etagen der Politik. Da sind viele Politiker oft auch finanziell und wirtschaftlich an der Textilindustrie beteiligt und scheinen, eine sehr kurzfristige Betrachtung zu machen und zu sagen, Korruption ist vielleicht besser, als sich um Qualität und um Sicherheit am Arbeitsplatz zu kümmern.
    Empfehlungen an deutsche Unternehmen
    Römermann: Nun haben Sie jetzt Handlungsempfehlungen veröffentlicht. An wen richten die sich? Ist das vor allem an die Unternehmen gerichtet hier in Deutschland, oder?
    Müller: Zunächst mal richten wir unsere Empfehlungen an die deutschen Unternehmen. Man muss wissen, dass Deutschland der zweitgrößte Exportmarkt für Bangladesch ist. 90 Prozent des Exportes betrifft Textilien. Wir haben also eine große und wichtige Rolle. Von daher sagen wir den deutschen Unternehmen, eine Null-Toleranz-Politik für Korruption auch an der Leitungsebene ist entscheidend, und dann Schulungen, die Einkäufer müssen wissen, womit sie es zu tun haben.
    Aber das zweite: Wir haben ja das Textilbündnis von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller. Das ist wichtig, weil hier müssen sich die deutschen Unternehmen zusammenschließen. Es ist Ziel dieser Aktivität, dass sie gemeinsam sich absprechen, keine Korruption zu dulden. Hier kommen Dinge zusammen, aber die Studie enthält auch Empfehlungen für Bangladesch selber, weil wir die ja mit unseren Kollegen in Bangladesch erarbeitet haben: Was können die tun, um Korruption in ihrem eigenen Land zu bekämpfen.
    Textilbündnis als wichtiger Faktor
    Römermann: Die Frage stellt sich natürlich trotzdem immer. Bedeutet das nicht trotzdem einen, ich sage mal, Wettbewerbsnachteil für die deutschen Unternehmen und ziehen die dann da mit?
    Müller: Es hat ja eine ganze Weile gedauert, bis Gerd Müller sein Textilbündnis zusammengekriegt hat. Natürlich stehen immer diese Wettbewerbsverzerrungen als Sorge im Hintergrund. Aber inzwischen scheint es sich doch herumzusprechen, dass man nicht in Verbindung gebracht werden will mit solchen Menschenrechtsverletzungen, wie wir sie erlebt haben, und von daher sind wir eigentlich ganz optimistisch. Vor allen Dingen: Man darf nicht immer nur das halb leere Glas sehen. Sonst könnten wir uns gleich zur Ruhe setzen. Wir müssen etwas dagegen tun und wir hoffen, möglichst viele Unternehmen mitzunehmen.
    Römermann: Nun richten sich Ihre Handlungsanweisungen speziell an die Unternehmen. Kann ich denn auch als Verbraucher was tun? Kann ich vielleicht auch irgendwo feststellen, ob sich Unternehmen verpflichten, sich an diesen Handlungsempfehlungen zu orientieren?
    Müller: Sie haben Recht. Der Verbraucher ist hier ein ganz, ganz wichtiger Akteur. Er muss sich informieren und auch mal in die Website der Unternehmen gucken, deren Produkte er einkauft.
    Nachhaltigkeits-Management
    Römermann: Und worauf muss ich da achten?
    Müller: Darauf muss man achten: Haben die eigentlich ein Nachhaltigkeits-Management? Gibt es so was wie einen Code of Conduct, in dem drinsteht, was man im Einzelnen einzuhalten hat? Ich gebe mal ein Beispiel, obwohl man hier keine Werbung betreiben soll. Otto zum Beispiel, die haben klare Absprachen, dass sie die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation einhalten. Das betrifft Arbeitszeiten, Arbeitsschutz und so weiter. Wenn man so etwas sieht, dann kann man schon etwas unbesorgter sein. Und wenn so etwas überhaupt nicht erwähnt wird, dann muss man skeptisch sein.
    Römermann: Edda Müller von Transparency International Deutschland. Das Gespräch haben wir vor der Sendung aufgezeichnet.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.