In Maputo sind Capulanas allgegenwärtig: Händlerinnen legen die bunt-gemusterten Stoffe auf den Bürgersteigen zum Verkauf aus. Marktfrauen wickeln sie als Rock um ihre Hüften. In Boutiquen hängen elegante Kleider mit diesen auffälligen Mustern und knalligen Farben. Und zu Hause gehe es ebenso farbenfroh weiter, erzählt Djamila Machava de Sousa:
"Dort ist die Capulana ebenfalls sehr präsent: als Kissen, Tischtuch oder Sofabezug. Diese Stoffe werden gern für die Dekoration genutzt. Wir Mosambikanerinnen haben immer eine Capulana dabei. Ein Stoff für alle Fälle – vom Picknick am Strand bis zum Schutz vor schlechtem Wetter. Sie ist ein essenzieller Alltagsgegenstand."
Djamila biegt in eine belebte Straße der Altstadt ein. In einem Eckhaus lebt ihre Geschäftspartnerin Wacy Zacarias. Im Erdgeschoss haben die beiden ihre kleine Textil-Manufaktur eingerichtet. Stoffmuster hängen an den Wänden, aber die eigentlichen Schätze befinden sich in einer Holztruhe. Das habe Tradition, erzählt Wacy:
"Viele Capulanas werden gar nicht getragen. Frauen sammeln sie und verwahren sie in Truhen wie dieser. Sie sind Teil der Aussteuer für ihre Töchter oder andere weibliche Familienmitglieder."
Das visuelle Gedächtnis
Wacy und Djamila haben in vielen dieser Truhen gestöbert. Sie haben sich von Großmüttern die Geschichten dieser besonderen Capulanas erzählen lassen, in Museen, Büchern und auf alten Fotos nach ursprünglichen Designs geforscht. Es war der Beginn ihres Start-ups "Karingana wa Karingana", was so viel bedeutet wie "Es war einmal …". Denn jede Capulana erzählt ihre eigene Geschichte.
Wacy: "Diese Geschichten drehen sich meist um ein Ereignis, entweder in der Familie oder auf Landesebene. Sie sind also eine visuelle Erinnerung an diese Zeit im Leben ihrer Besitzer oder in der Geschichte des Landes."
Djamila: "Die Botschaften der Capulanas können auch einen politischen oder religiösen Inhalt haben, einen kommerziellen oder Propaganda-Zweck verfolgen. Zum Beispiel im Rahmen einer Wahlkampagne oder zur Weltmeisterschaft."
Niedergang der Textilindustrie
Heutzutage seien viele Capulanas jedoch nicht mehr als nur ein hübsches Stoffmuster, fügt Djamila hinzu. Seit dem Niedergang der mosambikanischen Textilindustrie in den 80er-Jahren werden die Stoffe im Ausland bedruckt.
"Weil die Designs nicht mehr hier entstehen, erzählen sie auch nicht mehr unsere Geschichten. Zwar benutzen wir die Capulanas hier weiterhin, aber ihr Design hat eigentlich nichts mehr mit Mosambik zu tun."
Genau das wollen die Gründerinnen ändern: Sie haben Mode und Textildesign studiert und im Ausland gearbeitet, bevor sie in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Seit mittlerweile vier Jahren entwerfen sie hier Designs, die wieder zu den Einheimischen sprechen sollen. Inspiriert vom Alltag, von afrikanischer Kunst und Textilgeschichte. Überlieferte Traditionen und Symbole würden dabei mit modernen Elementen kombiniert, erklärt Djamila.
Neue Designs, neue Trends
Djamila: "Wenn wir die Elemente traditionell anordnen, dann wählen wir beispielsweise eine neue Farbkombination. Außerdem achten wir darauf, dass Schneider unsere Stoffe gut verarbeiten können. Die Muster dürfen nicht so groß sein, wie traditionell üblich. Außerdem achten wir bei der Farbauswahl darauf, dass sie nicht nur Menschen aus dieser Region gut stehen, sondern den meisten Leuten."
Dabei experimentieren die beiden Designerinnen auch mit Alternativen zu Baumwollstoffen und unterschiedlichen Drucktechniken. An einer Wand hängen Stoffe aus ganz Afrika – Wacy nennt sie ihr visuelles Archiv:
"Wir sammeln Textilien aus dem ganzen Kontinent. Denn viele wissen gar nicht, wie vielfältig die Traditionen sind. Neben Capulanas gibt es etwa gewebte Stoffe, oder solche, die mit Lehm eingefärbt werden. Wir wollen die panafrikanische Textilindustrie wiederbeleben und Modetrends setzen. Statt uns von außen diktieren zu lassen, was afrikanisches Design ist, wollen wir vorgeben, was in Afrika trendy ist."
Die Capulanas sind also nur der Anfang – afrikanische Textilien haben noch viele weitere Geschichten zu erzählen.