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Textilkunst
Ruth Koch kreiert Bilder mit der Nähmaschine

Durch Ausstellungen und Auftragsarbeiten unter anderem für Kirchen hat sie sich einen Namen gemacht: die Textilkünstlerin Ruth Koch. Aus Nähgarn, Stoffresten und Stacheldraht kreiert sie Wandbilder von poetischer Kraft.

Von Thomas Senne |
    Eine Schere liegt vor einer Nähmaschine.
    Mit Mamas Stoffresten fing bei Ruth Koch alles an. (picture alliance / dpa / Inga Kje)
    Was für Maler Farben, Pinsel und Leinwand sind, das sind für Ruth Koch Stoffe, Scheren und Nähmaschinen. Damit kreiert die Hemhofener Textilkünstlerin lyrische Stoffbilder – zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion.
    Ruth Koch: "Stoffe haben mich schon als sehr kleines Kind fasziniert. Meine Mutter hat ein bisschen genäht – auch Kleider für sich oder für uns Kinder. Und: Was da so auf den Boden runterfiel beim Schneiden, das fand ich einfach schon mal von der Textur, vom Fühlen her wunderbar. Ich hab einfach schon Schnipsel angefangen zu sammeln und immer gedacht: Da könnte man doch noch was draus machen, Sind immer schon irgendwie Bilder entstanden."
    Beeinflusst von der Textilkünstlerin Gisela Harupa entwickelte sich die nachdenkliche Autodidaktin weiter. Heute arbeitet sie nebenbei noch - als Logopädin.
    Ruth Koch: "Inspiriert bin ich eigentlich von Bildern, die im Kopf entstehen. Und der Grund oder die Ursache für diese Bilder, die können in Gedichten sein. Also, ich lese ein Gedicht und fühle mich angesprochen. Oder es ist ein Wort-Bildgedanke, der eben entsteht bei der Auseinandersetzung mit bestimmten Lebensthemen."
    Lebensthemen wie Trauer, Freude oder Glück. Oft versucht sie, diese zu vertiefen, indem sie Gegensätze thematisiert: Gefangenschaft und Freiheit, Fülle und Leere beispielsweise. Dabei sammelt die 51-Jährige in dicken Kladden Texte, die sie besonders ansprechen, Gedichte von Hilde Domin etwa. In ihrem Poem "Bitte" geht es um Leiden und sein Überwinden. Ruth Koch hat dafür dicke blaugraue Tropfen genäht. Tropfen, die auch Tränen sein könnten. Daneben die Hand eines Ertrinkenden und eine Taube, die mit einem Ölzweig im Schnabel einer stilisierten Sonne entgegenfliegt. Ihre Ideen hält die Künstlerin zunächst in kleinen Bleistiftskizzen fest. Dann kommen Stecknadeln zum Einsatz.
    Ruth Koch: "Es gibt ein ganz langes Stecknadelstadium für die Bilder, die ich schaffe. Weil immer beim Gestalten: Die Stoffe, die Farben und Struktur – die sprechen dann ja auch noch mal mit mir. Ich will zwar ein bestimmtes Bild machen. Aber dann merke ich, es passt nicht. Ich muss noch mal die Form anders ausschneiden und da arbeite ich ganz viel mit Stecknadeln."
    Ruth Koch: "Wir sind jetzt in meinem Nähraum, in meinem Atelier. Hier hab ich in den Schränken die ganzen Stoffe. Nähgarne in allen Farbschattierungen."
    Musterblöcke von Möbelstoffen verwendet Ruth Koch in ihrer Textilkunst ebenso wie Schneiderabfälle, Lederreste, Batiken oder handgefärbtes Leinen.
    Auch ungewöhnliche Materialien setzt diese Künstlerin gerne ein. Beispielsweise Stacheldraht - in ihrem Werk "Befreiung". Oder auf dem Altarbild einer Kirche im ländlichen Kauernhofen: sogar Reste eines Kleidungsstücks. Es sind Bilder gegen Niedergeschlagenheit und Tristesse im Leben, die Ruth Koch regelmäßig mit der Nähmaschine entwirft, Bilder der Hoffnung, die durch ihre Schönheit und poetische Kraft beeindrucken.