93 Prozent der Thailänder sind mit den Maßnahmen der Militärjunta zufrieden, 64 Prozent meinen, dass ihr Leben sicherer geworden ist, diese und andere Erfolgsmeldungen sind in der thailändischen Tageszeitung Bangkok Post derzeit zu lesen - Ergebnisse einer Umfrage des renommierten Suan Dusit Institutes. Prani verkauft Gemüse an einem kleinen Stand am Straßenrand in der Innenstadt Bangkoks. Prani lacht wütend:
"Ich weiß nicht, wen sie da gefragt haben, mich nicht. Fragen sie mal die Straßenhändler, die Taxifahrer, wir sind alle nicht glücklich und zufrieden."
Es soll nun alles besser werden, wettert Prani. Davon könne sie jedenfalls nichts spüren:
"Der Wirtschaft soll es seit dem Putsch wieder besser gehen, heißt es. Wir merken nichts davon. Meine Erfahrung ist, dass die Menschen kaum Geld ausgeben. Ich weiß nicht, warum."
Die Militärjunta bemüht sich, so vernünftig wie möglich zu agieren, fast versucht sie, es allen recht zu machen. Pitch Pongsawat ist Politikwissenschaftler an der Chulalongkorn Universität in Bangkok und er hat dafür eine Erklärung:
"Das Militär versucht derzeit, so neutral wie möglich zu sein, es ist vorsichtig, um möglichst viel Legitimation zu erlangen. Keine Seite soll das Gefühl haben, die Gegenseite bekomme jetzt mehr. Die Rothemden, die Anhänger der gestürzten Shinawatras sind natürlich unter Druck, aber sie sehen auch, dass den Gelbhemden ebenfalls nichts geschenkt wird. Es ist der Moment, in dem keiner bevorzugt wird. Daher rührt die hohe Akzeptanz des Putsches."
Geschenke von der Junta
Lotterielose werden günstiger, während der Fußball-WM waren alle Spiele, ursprünglich nur im Bezahlfernsehen zu empfangen, plötzlich umsonst zu sehen, die Lizenzen für Motorradtaxis werden ab jetzt kostenlos vergeben - die Tageszeitungen in Thailand sind derzeit voll mit Berichten darüber, dass die Junta versucht, sich beliebt zu machen, indem sie Geschenke verteilt, auch an die Rothemden, die Unterstützer der vom Militär gestürzten Regierung von Yingluck Shinawatra.
Das Ziel sei es, den Putsch mit seinen Folgen möglichst unsichtbar zu machen - und damit die Forderung nach Demokratie weitgehend verstummen zu lassen, meint Pitch Pongsawat. Auch Pitch war bereits von der Armee vorgeladen, wie viele Oppositionelle und kritische Geister, und er weiß auch warum:
"Sie wollten mir Informationen geben, die ich wissen sollte, etwa, dass der Putsch unausweichlich war, dass manche Dinge in einem demokratischen System nicht zu regeln sind."
Woraauth Boonkerdlap fährt einen Minibus - und er ist froh, dass das Militär eingegriffen hat:
"Die Lage ist viel besser, es herrscht Recht und Ordnung, alles ist wieder geregelt. Ich sehe das sehr positiv."
Lampon Imlamai kontrolliert die Fahrkarten in Woraauths Bus. Und er stimmt seinem Fahrer zu:
"Ich bin sehr zufrieden, wir können wieder ruhiger arbeiten, die Passagiere können ohne Sorge reisen, das Leben ist wieder einfacher."
Die Siam Intelligence Unit ist unabhängig, schreibt Gutachten für die Wirtschaft und kann es sich leisten, weiterhin eine eigene Meinung zu haben. Kan Yuengyong leitet den Think Tank. Dass es eine große Zustimmung zu dem Putsch gibt, überrascht ihn nicht:
"Die Thailänder haben andere Erfahrungen mit demokratischer Kultur als etwa Europäer. Für uns als Buddhisten geht es vor allem darum, Konflikte zu vermeiden. Das Militär hat die Konflikte im Land gestoppt und darüber sind viele glücklich."
Weg zur Demokratie?
Kan Yuengyong glaubt, dass die Militärs zwar einen Weg in Richtung Demokratie mit den Wahlen im Oktober 2015 aufzeigen, aber keine wirkliche Demokratie zulassen wollen:
"Sie wissen doch, dass wenn es Wahlen gibt, die Shinawatras wieder gewinnen, das werden sie nicht zulassen. Sie werden die Hälfte der Parlamentssitze nicht zur Wahl stellen, sondern bestimmen, dann bleibt die Kontrolle über die Macht."
Eine Übergangs-Nationalversammlung, eine Verfassung, irgendwann Ende 2015 Wahlen, dass alles klingt wie der Weg zu Demokratie, aber, so sagt Kan Yuengyong, die Militärs hätten Interessen zu verteidigen und zu vertreten, und die seien nicht demokratisch.
Die Verfassung ist nicht so wichtig, meint Politikexperte Pitch Pongsawat. Die Zusammensetzung der Übergangsregierung dagegen werde hoch interessant, schließlich würden die Mitglieder vom Militär bestimmt und nicht gewählt:
"Ich mache mir nicht viel Gedanken über die Verfassung, wir hatten so viele Verfassungen, aber wenn wir wissen, wer in der Übergangsregierung sitzt, dann können wir sehen, wer hinter dem Putsch steckt."
Anchang Neng sitzt im Schneidersitz auf einer kleinen Empore in seinem Tatoo-Studio, neben ihm viele Buddha-Statuen, vor ihm das Handwerkszeug des Tätowierers. Anchang Neng ist heiliger Tätowierer, er hat eine natürliche Distanz zu den politischen Dingen da draußen, aber trotzdem eine Meinung:
"Ich glaube, es wird besser werden, das Militär wird wieder in Richtung Demokratie gehen müssen - derzeit wird uns vieles vorenthalten, damit es keine Konflikte gibt, aber es wird besser werden."
Pitch der Politikwissenschaftler, müht sich, den Putsch und seine Folgen mit amüsierter Distanz zu sehen, er müht sich auch, nicht zu kritisch zu sein, am Ende möchte er nicht noch einmal von den Militärs vorgeladen werden:
"Der Sozialismus macht alle arm und das ist dann Gleichheit und hier in Thailand passiert gerade etwas Ähnliches: Alle verarmen politisch gleich stark, das ist dann auch eine Form der Gleichheit."