Mala Kwailon ist mit einer Freundin aus dem Süden Thailands nach Bangkok gekommen, um gegen die Regierung von Yingluck Shinawatra zu protestieren. Sie tut das am Lumpini Park, einem der vielen zentralen Plätze in der thailändischen Hauptstadt, die derzeit besetzt und blockiert sind. Und Malai ist richtig sauer, aus ganz persönlichen Motiven – ihr geht es ums Geld:
"Die Preise für Kautschuk sind immer weiter runtergegangen auf 50 Bath pro Kilo, davon können wir nicht leben. Die Regierung hat uns nur 20 Bath mehr pro Kilo angeboten, das reicht nicht. Die Regierung macht ihre Arbeit nicht vernünftig."
Kautschukbauern geht es ums Geld
Der Kautschukpreis wird vom Weltmarkt bestimmt. Dafür kann die Regierung nichts. Aber Malai erwartet von Yingluck Shinawatra etwas, dasselbe das die Reisbauern im Norden bekommen, hohe fest zugesagte Ankaufpreise für ihren Kautschuk – für Reis gibt es dieses Versprechen, und es ist grandios gescheitert.
Malai ist das egal, sie hält nichts von Premierministerin Yingluck:
"Yingluck muss zurücktreten, sie kann doch gar nicht regieren, uns im Süden geht es schlecht, aber den Bauern im Norden doch auch."
Damit hat die Mittvierzigerin derzeit Recht, denn die Regierung hat die zugesagten Subventionen für Reis in den vergangenen Monaten nicht mehr ausgezahlt – der vorgesehene Etat-Posten ist abgeräumt. Die Reisbauern, bisher treue Unterstützer der Regierung, gehen nun ebenfalls auf die Barrikaden und drohen mit einem Marsch nach Bangkok.
Somsi kommt ebenfalls aus dem Süden, und sie ist auch Kautschuk-Farmerin. Zusammen mit ihrem Mann gehört ihr eine kleine Plantage. Sie spricht von Korruption und den verhassten Shinawatras, aber grundsätzlich geht es auch ihr darum, dass zu wenig Geld in ihrem Portemonnaie landet:
"Mir geht es um den Kautschukpreis. Wir haben mit der Regierung über höhere Ankaufpreise verhandelt, aber sie bietet zu wenig und für einen zu kurzen Zeitraum. Den Reisbauern wurde ein höherer Ankaufpreis für ihr Produkt gezahlt, aber jetzt bekommen sie auch nichts mehr."
Korruptionsvorwurf gegen Regierung
Somsi ist allein nach Bangkok gekommen, sie protestiert an einer Straßenkreuzung nahe der Chulalongkorn Universität, ihr Mann kümmert sich um die Kautschuk-Plantage, wenn es noch länger geht mit dem Protest, sagt sie, werde man wechseln:
"Ich schlafe hier auf einer Decke, das schmälert natürlich unser Familieneinkommen, einer von uns muss zumindest immer arbeiten."
Jai kommt von Phuket, dort arbeitet er als Barkeeper in einem Hotel. Ihm geht es nicht um Kautschuk, er ist gegen die Korruption, die er wie auch Protestführer Suthep Thaugsuban der Regierung vorwirft. Die verschwenden unser Geld, sagt Jai, der seinen Platz zum Protestieren vor dem Hauptquartier der Polizei gefunden hat.
"Es ist unser Steuergeld, das sie verschwenden, und ich will, dass sie damit aufhören."
Der Begriff Korruption ist hier eigentlich nicht angebracht, das weiß auch Jai. Er spricht von Verschwendung, weil er nicht zu den Nutznießern der Reis-Subventionen oder der günstigenDarlehen für die erste Familienwohnung gehört. Und ihm ist durchaus klar, dass er gegen eine von einer großen Mehrheit demokratisch gewählte Regierung antritt – mit einer undemokratischen Forderung nach einem Volksrat, dessen Teilnehmer unter anderem von der Opposition bestimmt werden sollen. Natürlich ist Demokratie richtig, sagt Jai, aber Wahlen würden jetzt keinen Sinn machen:
"Es muss ganz sicher Wahlen geben, aber erst brauchen wir Reformen, um neue Regeln für einen fairen Wahlgang festzulegen."
Opposition hat keine Mehrheit im Land
Die Opposition hat seit 1992 alle Wahlen verloren, sie hat keine Mehrheit im Land, dies ist der eigentliche Grund für die Ablehnung der Wahl – und sie hat kein Konzept, mit dem sie die Mehrheit der ärmeren Landbevölkerung Thailands überzeugen kann. Reformen, das ist dann eher ein Synonym für neu zugeschnittene Wahlkreise, so, dass es vielleicht doch reicht bei Wahlen. Bisher wird die oppositionelle Demokratische Partei jedenfalls nur von Teilen der Stadtbevölkerung, vor allem in Bangkok, und traditionell von den Bewohnern des Südens unterstützt.
Sakda steht mit einem Megafon unter der Brücke der Hochbahn, des Skytrain vor dem Lumpini Park. Er feuert die Demonstranten an, wir dürfen nicht aufgeben, ruft er immer wieder:
"Wir machen weiter, solange die jetzige Regierung im Amt ist. Solange, bis wir Verhandlungen erreicht haben."
Sakda will verhandeln, damit ist er deutlich kompromissbereiter als seine Führungsfigur Suthep, der jedes Gespräch mit der Regierung ablehnt, auch Neuwahlen will er nicht, eine gemeinsame Reformkommission ist ihm zu wenig. Er will – am Ende – die Macht alleine. Sakda drückt das mit den Wahlen so aus:
"Ich erwarte, dass es Reformen vor den Wahlen gibt, sonst haben wir doch wieder den gleichen Kreislauf."
Den, dass die Opposition nicht gewinnt, weil sie sich nicht um Mehrheiten im Land bemüht. Thailand steht am Rande chaotischer Zustände, weil sich keine tragbare Lösung für diesen Konflikt, diesen Machtkampf zwischen alter und neuer Elite im Land, abzeichnet.