Archiv

"The Augustines"
Die Fähigkeit zu trauern

Das Debüt der New Yorker Band "The Augustines" vor drei Jahren hatte ein zentrales Thema: den Selbstmord des jüngeren Bruders von Bandleader Billy McCarthy. Schmerz und Trauer prägen auch das kraftvolle Nachfolgealbum der Gruppe.

Von Andreas Zimmer | 08.02.2014
    Musik als Selbsthilfe Gruppe für Trauernde? Und das sollen wir uns anhören? Ja sollen wir. Zumindest, wenn es die "Augustines" sind, die immer noch trauern. Schon ihr Debüt war ein recht erfolgreiches Independent-Album. Ihr zweiter Anlauf zeigt, dass sie den Freitod des Bruders von Mastermind Billy McCarthy noch nicht ganz verkraftet haben. Auch drei Jahre später packt er seinen Kummer in starke Bilder.
    "Ich würde nicht sagen, dass es leicht war, immer wieder an meinen Bruder zu denken. Aber für mich ist es eine Art Akt der Liebe. Als wir das Debüt eingespielt hatten, hatten wir gar nicht die Absicht, eine richtige Band zu sein. Wir wollten nur, dass die Menschen unsere Geschichte hören. Und als wir für unser zweites Album mehr über uns nachdachten, haben wir so viele Probleme in Amerika entdeckt, über die wir unbedingt sprechen wollten."
    Die Band stellt sich auf dem neuen Album "Augustines" den großen Fragen des Lebens. Ohne allerdings Antworten zu geben. Wie tief der Schmerz über den Verlust immer noch sitzt, kann man dennoch nur erahnen.
    "Wir sind in unseren 30ern und hatten bisher nicht allzu viel Glück. Auf dem Album geht es um so viele Dinge, in Wahrheit aber nur um eins: Drei verschiedene Menschen haben sich dem Ziel verschrieben, zusammen etwas Größeres zu erschaffen als sie es allein könnten. Und vielleicht passiert bei so ehrlichen Absichten sogar etwas Magisches. Hoffentlich."
    Als die Band ihr Debütalbum "Rise ye sunken ships" veröffentlichte, nannten sie sich noch "We are Augustines". Aus purer Not heraus, wie sich Bandmastermind Billy McCarthy erinnert, denn sie wurden vom Original-Namensinhaber abgemahnt. Glücklicherweise konnten sie jenen mittlerweile davon überzeugen, eine nachhaltige Band zu sein. So darf das New Yorker Trio jetzt wieder den Wunschnamen "Augustines" führen. Im Angesicht der großen Themen von Tod haben für die Augustines auch von außen betrachtet belanglose Dinge wie der Bandname immense Wichtigkeit.
    "Auf dem letzten Album ging es um meinen kleinen Bruder, den ich noch sehr vermisse. Wir hatten am gleichen Tag Geburtstag. Im August. Und Eric Sanderson, unser Band-Multiinstrumentalist, einen Tag später. Das umgab uns wie eine Art Schutzschild, mit dem wir uns ausgerüstet haben. Es war ein echter Albtraum, als uns eine andere Band schrieb, wir könnten den Namen nicht benutzen."
    Auf der neuen CD "Augustines" zeigt sich das Trio aus New York roh, hymnisch, rockig, poppig, manchmal sogar etwas pastoral und auf jeden Fall musikalisch tief emotional. Sozusagen als Antipode zu den manchmal etwas ratlos aber philosophisch wirkenden Lyrics. In etwa so, als träfen U2-Gitarren und Bass auf One-Republic-Harmonien. Mit einer Mischung zwischen Tom-Waits-Reibeisen-Gesang und engelsgleichen Harmonien sowie Leonhard Cohens textlicher Tiefe. Dabei verlieren die "Augustines" nie das Wesentliche aus dem Blick. Multiinstumentalist Eric Sanderson:
    "Es ist überhaupt nicht wichtig, ob man Erfolg hat oder reich wird, solange man nicht glücklich ist. Es ist egal, ob man im Fernsehen ist, die Welt bereist, das schönste Mädchen hat, nichts spielt eine Rolle, wenn man nicht glücklich ist. Mein persönliches Rezept zum Glücklichsein ist: Ich versuche, ein guter Mensch zu sein, andere zu respektieren, bewusst zu leben."