Das war Mbizo Chirasha. Ein Dichter aus Simbabwe. Er hat hier heute ein Heimspiel, denn er stammt aus Harare. Sein Auftritt findet in einer typischen afrikanischen Rundhütte statt. Sie bedient jedes Klischee über Afrika. Allerdings nur auf den ersten Blick. Denn hier ist für eine Woche das Poetry-Café eingezogen. Einer von acht Veranstaltungsorten des bekannten Hifa-Kunst- und Kulturfestivals.
Die internationale Atmosphäre und die vielen Spoken-Word-Performances machen das Café zum Publikumsmagneten. Chirikure Chirikure - Simbabwes bekanntester Lyriker ist verantwortlich für das Literaturprogramm des Festivals - und Chirikure ist begeistert:
"Jedes Jahr sind wir vom Erfolg überwältigt. Viele junge Lyriker aus Simbabwe sind wichtiger Teil des Festivals, das mittlerweile eine enorme Bedeutung für das südliche Afrika und sogar für den ganzen Kontinent hat. Selbst in vielen europäischen Ländern ist das Festival mittlerweile ein fester Begriff."
Erstaunlich, wie jung die afrikanische Literaturszene ist. Einer der Lyriker: Mgcini Nyoni. Er stammt aus Bulawayo, der zweitgrößten Stadt Simbabwes:
"Hifa ist die große Bühne für uns junge Dichter - denn es ist ein internationales Festival. Künstler und Besucher kommen aus allen Teilen der Welt. Wir können netzwerken und haben tolle Chancen, unsere Worte um die Welt zu tragen."
Das Motto des Festivals 2011 heißt: "The Engagement-Party". Chirikure setzt auf Dichterkollegen, die sich einmischen. Engagieren. Deswegen unter anderem hat er Ngwatilo Mawiyoo aus Kenia eingeladen. Ihre Gedichte sind typisch; nicht nur für dieses Festival, vielleicht sogar für die afrikanische Literatur insgesamt.
Mir fällt auf: Keiner der Dichter und nicht ein einziges Gedicht kommen ohne den konkreten Bezug zu den politischen und gesellschaftlichen Missständen aus. Diese Literatur richtet sich direkt an die Menschen. In Europa würde man solchen Texten schnell einen Mangel an Kunstsinn oder ästhetischem Vermögen attestieren. Für Afrikaner gehören sie zur Überlebensstrategie. Alles andere wäre Luxus. Und so klingt das bei der botswanischen Lyrikerin T.J. Dema:
"Gedichte sind ein Scheißdreck, wenn sie nichts zu lehren haben.
Ja, ich behaupte: Gedichte sind so was von sinnlos,
wenn sie nicht das Publikum erreichen,
für das sie geschrieben worden sind."
Chirikure hat unter diesen Gesichtspunkten ein perfektes Programm zusammengestellt.
"Wir können vor den Realitäten unserer Leben nicht davonlaufen. Wir leben nun einmal in einem politischen Umfeld, das in vielen Aspekten gewalttätig ist. Man kann nicht so tun, als wäre alles in Ordnung, wenn nichts in Ordnung ist."
Die Engagement-Party feiert die internationale und vor allem panafrikanische Verständigung. Und ja - auch so etwas "Unmodernes" wie Solidarität. Mawiyoos Klagelied über die Missstände auf dem Kontinent deckt sich weitgehend mit dem, was auch ihre simbabwischen Dichterkollegen vortragen. Mbizo Chirasha:
"Meine Waffe ist eine Rose für den Frieden
Meine Gewehrkugel ist die Versöhnung
Meine Bombe ist mein Verlangen nach Demokratie .
Ist Abtreibung etwa die Lösung für mein Volk?
Ist Zerstörung die Rettung für meine Umwelt?
Ist Korruption ein Mittel zur Bekämpfung meiner Armut?
Ich muss mich wundern:
HIV/ Aids wurde zum Geschäft."
Mbizo nennt die Dinge beim Namen. Und der junge Lyriker Mgcini Nyoni hat so seine eigenen Visionen:
"Ich singe mein Lied für das schwangere Mädchen.
Wer weiß, vielleicht bringt sie den nächsten Präsidenten unseres Landes zur Welt.
und wer weiß, vielleicht wird es diesmal kein Tyrann."
Kommt ein junger Lyriker wie Nyoni wirklich ungeschoren davon, wenn er solche Texte auf die Bühne bringt?
Chirikure Chirikure:
"Ganz allgemein sind Mut und Entschlossenheit sehr wichtig. Wer sich vor Publikum über die Missstände äußert, über die andere aus Angst schweigen, der gibt uns das Selbstvertrauen zurück. Gerade in einem Land wie Simbabwe. Wir glauben wieder daran, dass Dinge verändert werden können. Und auch in diesem Land beim Namen genannt werden können."
Klingt irgendwie unproblematisch. Nicht nach politischem Druck. Und passt so gar nicht zu den vielen Schreckensmeldungen, die wir regelmäßig über Zimbabwe lesen. Deshalb frage ich noch mal bei Nyoni nach, wie er die Dinge sieht. Erstmal kommt er ins Schleudern:
"Ja, ähm, in Bulawayo gibt es mehr Freiräume als in der Hauptstadt Harare. Und das hat natürlich auch mit unserer Geschichte zu tun."
Was Nyoni meint: In seiner Heimat Bulawayu hat die Widerstand eine lange Tradition. Die englischen Kolonialherren bekamen das zu spüren. Mugabe ließ in den 80er-Jahren Zigtausende umbringen, um den Widerstand der Opposition zu brechen. Ein Opfer dieser "Säuberungen" war Nyonis Vater. Ein traumatisches Erlebnis für den Sohn, der seinem Vater ein poetisches Denkmal setzte:
"Für mich persönlich ist meine Arbeit eine Form des Widerstandes. Die Missachtung der Menschenrechte muss ich anprangern. Aber natürlich bemühe ich mich, das dann und wann abzuschwächen. Denn man kann hier nicht immer kritisch sein. Wenn man immer kritisch ist, setzt man ganz klar sein Leben aufs Spiel. Das hab ich auch aus meiner Familiengeschichte gelernt."
Jetzt tritt ein schüchterner junger Mann auf die Bühne. Es ist der simbabwische Lyriker Steve Chikotie und er hat seine Gitarre mitgebracht. Eine Art simbabwischer Biermann, wie sich rausstellen wird. In diesen Zeiten ist selbst ein Liebeslied nicht unpolitisch.
Chirikure Chirikure:
"Man kann diesen politischen Scherbenhaufen nicht ausblenden. Schließlich wird alles durch die Politik mitbestimmt. Aber es ist trotzdem nicht so, dass ich die Dichter danach auswähle, ob sie sich mit dem System auseinander setzen. Das muss nicht sein. Es gibt auch andere Themen. Und so findet man hier auch Liebeslyrik und romantische Gedichte. Aber die Realität spürst du auch da. Wie kann man von Liebe reden, wenn man nichts zu essen hat? Manche Facetten von Liebe finden in dieser Wirklichkeit einfach keinen Ausdruck."
Auch der offizielle Kulturbeauftragte des Mugabe-Regimes, Alvis Mari, hat sich unters Publikum gemischt. Ich möchte seine Meinung kennen lernen. Wissen, wie wichtig oder möglicherweise auch verdächtig ihm das Festival erscheint:
"Man spürt hier nichts von dem, was die Welt sonst so über Simbabwe denkt. Oder was ihr über dieses Land erzählt wurde. Hifa gibt uns Hoffnung, Inspiration und Motivation. Es zeigt uns, dass die Kunst eine treibende Kraft des gesellschaftlichen Fortschritts ist. Wie in jedem anderen Land auch. Ich bin mir sicher, dass auch Sie diese Kraft spüren."
Derweil kehren viele Simbabwer ihrem Heimatland den Rücken. Ein Umstand, den Nyoni in seinem Gedicht "Across the Limpopo" aufgreift:
"Nach zehn Jahren jenseits des Limpopo
Brachte er das Folgende zurück in seine Heimat:
Ein Messer, das man Okapi nennt
Den Fetzen Stoff, den er am Körper trug
Ein kleines Radio
Und eine tödliche Krankheit
Die ihn von innen auffrisst"
Limpopo - so heißt der Fluss, der die Grenze zwischen Simbabwe und Südafrika markiert. Schätzungsweise vier Millionen Simbabwer haben ihn bereits überquert, auf der Suche nach Sicherheit und Zukunftschancen.
""Nach zehn Jahren jenseits des Limpopo
Ist alles, was er mit nach Hause brachte
Seine tödliche Krankheit
Die ihn bald ins Grab bringt"
Und solche Töne, wie diese des simbabwischen Dichters Bhekuza Moyo, dürfte die offizielle Politik nicht gerne hören:
"Politik ist keine Kunst.
Und doch ist es Kunst,
was Politiker aufführen.
Ihre Mittel sind
Wölfe und Worte,
weißer Lärm und Waffen.
Sie hüsteln und wir haben
derweil schon lange
den Klang unserer eigenen Stimmen verloren"
Chirasha glaubt, dass nicht nur die Literatur, sondern auch die Politik mit Metaphern arbeitet. Einziger Unterschied: Politik schätzt die Metapher als Nebelkerze. Der Literatur geht es um Aufklärung. Ein Beispiel für den Metaphernmissbrauch: Das Shona-Wort "Gukurahundi" geht auf ein ländliches Sprichwort zurück und bedeutet so viel wie "der frühe Regen wäscht die Spreu". Die Unterdrückung der Opposition im Matabele-Land wurde unter diesem Operationsnamen durchgeführt. Bhekusa Moyo mit seinem Gedicht zum Thema:
"Erzähl es mir!
Erklär es mir!
Sie lügen doch!
Und was ist noch privat?
Unsere Führer
Haben längst die Macht ins unseren Schlafzimmern
Und selbst über unsere Körper übernommen
Sie bringen unsere Lippen zum Schweigen
Beim kleinsten Laut der Kritik
Verdammt, wir müssen jetzt alle Dichter werden!
Jeder von uns muss die Kunst beherrschen!
Die politischen Dinge,
poetisch auf den Punkt zu bringen"
Man kann den Mut dieser Lyriker nur bewundern. Denn folgenlos bleiben ihre Auftritte nicht. Das räumt auch Chirikure ein:
"Klar, wir bekommen unseren fairen Anteil an Gängelung von der Regierung, von den Medien. Ohne Frage. Aber das gehört zum Spiel. Es geht doch darum, die Wahrheit zu sagen und auch mit den Konsequenzen zu leben, wenn die Wahrheit nicht immer auf Gegenliebe stößt. Einige unserer Künstler werden von staatlichen Stellen belästigt. Nach den Veranstaltungen bekommen viele Künstler und auch Mitarbeiter des Festivals Drohanrufe und Beschwerden. Der kürzlich verstorbene Lyriker Julius Chingono wurde während eines Festivals von der Polizei verhaftet, weil er was gegen den Präsidenten gesagt hatte."
Das wirkt wie ein aussichtsloser Kampf. Dennoch bleibt der Gesamteindruck über das Festival ein positiver. Nach einer Woche und Hunderten von Veranstaltungen kann man postulieren: Das junge Afrika befindet sich im Aufbruch!
Auf die überwältigende Zuschauerresonanz können die Macher stolz sein. Auch auf die Qualität der Texte und Performances. Sie haben ein Festival auf die Beine gestellt, das ungewohnte Freiräume bietet. Für das offene Wort. Für ungewöhnliche Begegnungen. Für angstfreie Kontakte zwischen allen Bevölkerungsschichten. Mittlerweile entdecken sogar Touristen den Reiz dieser Atmosphäre. Viele kommen wegen Tanz, Theater oder Musik. Aber die Literatur behauptet sich erstaunlich gut. Denn nur hier kommen die Probleme - im Wortsinn - zur Sprache. Bereit für einen Neuanfang.
Harare International Festival of the Arts - Kulturfestival Hifa
Die internationale Atmosphäre und die vielen Spoken-Word-Performances machen das Café zum Publikumsmagneten. Chirikure Chirikure - Simbabwes bekanntester Lyriker ist verantwortlich für das Literaturprogramm des Festivals - und Chirikure ist begeistert:
"Jedes Jahr sind wir vom Erfolg überwältigt. Viele junge Lyriker aus Simbabwe sind wichtiger Teil des Festivals, das mittlerweile eine enorme Bedeutung für das südliche Afrika und sogar für den ganzen Kontinent hat. Selbst in vielen europäischen Ländern ist das Festival mittlerweile ein fester Begriff."
Erstaunlich, wie jung die afrikanische Literaturszene ist. Einer der Lyriker: Mgcini Nyoni. Er stammt aus Bulawayo, der zweitgrößten Stadt Simbabwes:
"Hifa ist die große Bühne für uns junge Dichter - denn es ist ein internationales Festival. Künstler und Besucher kommen aus allen Teilen der Welt. Wir können netzwerken und haben tolle Chancen, unsere Worte um die Welt zu tragen."
Das Motto des Festivals 2011 heißt: "The Engagement-Party". Chirikure setzt auf Dichterkollegen, die sich einmischen. Engagieren. Deswegen unter anderem hat er Ngwatilo Mawiyoo aus Kenia eingeladen. Ihre Gedichte sind typisch; nicht nur für dieses Festival, vielleicht sogar für die afrikanische Literatur insgesamt.
Mir fällt auf: Keiner der Dichter und nicht ein einziges Gedicht kommen ohne den konkreten Bezug zu den politischen und gesellschaftlichen Missständen aus. Diese Literatur richtet sich direkt an die Menschen. In Europa würde man solchen Texten schnell einen Mangel an Kunstsinn oder ästhetischem Vermögen attestieren. Für Afrikaner gehören sie zur Überlebensstrategie. Alles andere wäre Luxus. Und so klingt das bei der botswanischen Lyrikerin T.J. Dema:
"Gedichte sind ein Scheißdreck, wenn sie nichts zu lehren haben.
Ja, ich behaupte: Gedichte sind so was von sinnlos,
wenn sie nicht das Publikum erreichen,
für das sie geschrieben worden sind."
Chirikure hat unter diesen Gesichtspunkten ein perfektes Programm zusammengestellt.
"Wir können vor den Realitäten unserer Leben nicht davonlaufen. Wir leben nun einmal in einem politischen Umfeld, das in vielen Aspekten gewalttätig ist. Man kann nicht so tun, als wäre alles in Ordnung, wenn nichts in Ordnung ist."
Die Engagement-Party feiert die internationale und vor allem panafrikanische Verständigung. Und ja - auch so etwas "Unmodernes" wie Solidarität. Mawiyoos Klagelied über die Missstände auf dem Kontinent deckt sich weitgehend mit dem, was auch ihre simbabwischen Dichterkollegen vortragen. Mbizo Chirasha:
"Meine Waffe ist eine Rose für den Frieden
Meine Gewehrkugel ist die Versöhnung
Meine Bombe ist mein Verlangen nach Demokratie .
Ist Abtreibung etwa die Lösung für mein Volk?
Ist Zerstörung die Rettung für meine Umwelt?
Ist Korruption ein Mittel zur Bekämpfung meiner Armut?
Ich muss mich wundern:
HIV/ Aids wurde zum Geschäft."
Mbizo nennt die Dinge beim Namen. Und der junge Lyriker Mgcini Nyoni hat so seine eigenen Visionen:
"Ich singe mein Lied für das schwangere Mädchen.
Wer weiß, vielleicht bringt sie den nächsten Präsidenten unseres Landes zur Welt.
und wer weiß, vielleicht wird es diesmal kein Tyrann."
Kommt ein junger Lyriker wie Nyoni wirklich ungeschoren davon, wenn er solche Texte auf die Bühne bringt?
Chirikure Chirikure:
"Ganz allgemein sind Mut und Entschlossenheit sehr wichtig. Wer sich vor Publikum über die Missstände äußert, über die andere aus Angst schweigen, der gibt uns das Selbstvertrauen zurück. Gerade in einem Land wie Simbabwe. Wir glauben wieder daran, dass Dinge verändert werden können. Und auch in diesem Land beim Namen genannt werden können."
Klingt irgendwie unproblematisch. Nicht nach politischem Druck. Und passt so gar nicht zu den vielen Schreckensmeldungen, die wir regelmäßig über Zimbabwe lesen. Deshalb frage ich noch mal bei Nyoni nach, wie er die Dinge sieht. Erstmal kommt er ins Schleudern:
"Ja, ähm, in Bulawayo gibt es mehr Freiräume als in der Hauptstadt Harare. Und das hat natürlich auch mit unserer Geschichte zu tun."
Was Nyoni meint: In seiner Heimat Bulawayu hat die Widerstand eine lange Tradition. Die englischen Kolonialherren bekamen das zu spüren. Mugabe ließ in den 80er-Jahren Zigtausende umbringen, um den Widerstand der Opposition zu brechen. Ein Opfer dieser "Säuberungen" war Nyonis Vater. Ein traumatisches Erlebnis für den Sohn, der seinem Vater ein poetisches Denkmal setzte:
"Für mich persönlich ist meine Arbeit eine Form des Widerstandes. Die Missachtung der Menschenrechte muss ich anprangern. Aber natürlich bemühe ich mich, das dann und wann abzuschwächen. Denn man kann hier nicht immer kritisch sein. Wenn man immer kritisch ist, setzt man ganz klar sein Leben aufs Spiel. Das hab ich auch aus meiner Familiengeschichte gelernt."
Jetzt tritt ein schüchterner junger Mann auf die Bühne. Es ist der simbabwische Lyriker Steve Chikotie und er hat seine Gitarre mitgebracht. Eine Art simbabwischer Biermann, wie sich rausstellen wird. In diesen Zeiten ist selbst ein Liebeslied nicht unpolitisch.
Chirikure Chirikure:
"Man kann diesen politischen Scherbenhaufen nicht ausblenden. Schließlich wird alles durch die Politik mitbestimmt. Aber es ist trotzdem nicht so, dass ich die Dichter danach auswähle, ob sie sich mit dem System auseinander setzen. Das muss nicht sein. Es gibt auch andere Themen. Und so findet man hier auch Liebeslyrik und romantische Gedichte. Aber die Realität spürst du auch da. Wie kann man von Liebe reden, wenn man nichts zu essen hat? Manche Facetten von Liebe finden in dieser Wirklichkeit einfach keinen Ausdruck."
Auch der offizielle Kulturbeauftragte des Mugabe-Regimes, Alvis Mari, hat sich unters Publikum gemischt. Ich möchte seine Meinung kennen lernen. Wissen, wie wichtig oder möglicherweise auch verdächtig ihm das Festival erscheint:
"Man spürt hier nichts von dem, was die Welt sonst so über Simbabwe denkt. Oder was ihr über dieses Land erzählt wurde. Hifa gibt uns Hoffnung, Inspiration und Motivation. Es zeigt uns, dass die Kunst eine treibende Kraft des gesellschaftlichen Fortschritts ist. Wie in jedem anderen Land auch. Ich bin mir sicher, dass auch Sie diese Kraft spüren."
Derweil kehren viele Simbabwer ihrem Heimatland den Rücken. Ein Umstand, den Nyoni in seinem Gedicht "Across the Limpopo" aufgreift:
"Nach zehn Jahren jenseits des Limpopo
Brachte er das Folgende zurück in seine Heimat:
Ein Messer, das man Okapi nennt
Den Fetzen Stoff, den er am Körper trug
Ein kleines Radio
Und eine tödliche Krankheit
Die ihn von innen auffrisst"
Limpopo - so heißt der Fluss, der die Grenze zwischen Simbabwe und Südafrika markiert. Schätzungsweise vier Millionen Simbabwer haben ihn bereits überquert, auf der Suche nach Sicherheit und Zukunftschancen.
""Nach zehn Jahren jenseits des Limpopo
Ist alles, was er mit nach Hause brachte
Seine tödliche Krankheit
Die ihn bald ins Grab bringt"
Und solche Töne, wie diese des simbabwischen Dichters Bhekuza Moyo, dürfte die offizielle Politik nicht gerne hören:
"Politik ist keine Kunst.
Und doch ist es Kunst,
was Politiker aufführen.
Ihre Mittel sind
Wölfe und Worte,
weißer Lärm und Waffen.
Sie hüsteln und wir haben
derweil schon lange
den Klang unserer eigenen Stimmen verloren"
Chirasha glaubt, dass nicht nur die Literatur, sondern auch die Politik mit Metaphern arbeitet. Einziger Unterschied: Politik schätzt die Metapher als Nebelkerze. Der Literatur geht es um Aufklärung. Ein Beispiel für den Metaphernmissbrauch: Das Shona-Wort "Gukurahundi" geht auf ein ländliches Sprichwort zurück und bedeutet so viel wie "der frühe Regen wäscht die Spreu". Die Unterdrückung der Opposition im Matabele-Land wurde unter diesem Operationsnamen durchgeführt. Bhekusa Moyo mit seinem Gedicht zum Thema:
"Erzähl es mir!
Erklär es mir!
Sie lügen doch!
Und was ist noch privat?
Unsere Führer
Haben längst die Macht ins unseren Schlafzimmern
Und selbst über unsere Körper übernommen
Sie bringen unsere Lippen zum Schweigen
Beim kleinsten Laut der Kritik
Verdammt, wir müssen jetzt alle Dichter werden!
Jeder von uns muss die Kunst beherrschen!
Die politischen Dinge,
poetisch auf den Punkt zu bringen"
Man kann den Mut dieser Lyriker nur bewundern. Denn folgenlos bleiben ihre Auftritte nicht. Das räumt auch Chirikure ein:
"Klar, wir bekommen unseren fairen Anteil an Gängelung von der Regierung, von den Medien. Ohne Frage. Aber das gehört zum Spiel. Es geht doch darum, die Wahrheit zu sagen und auch mit den Konsequenzen zu leben, wenn die Wahrheit nicht immer auf Gegenliebe stößt. Einige unserer Künstler werden von staatlichen Stellen belästigt. Nach den Veranstaltungen bekommen viele Künstler und auch Mitarbeiter des Festivals Drohanrufe und Beschwerden. Der kürzlich verstorbene Lyriker Julius Chingono wurde während eines Festivals von der Polizei verhaftet, weil er was gegen den Präsidenten gesagt hatte."
Das wirkt wie ein aussichtsloser Kampf. Dennoch bleibt der Gesamteindruck über das Festival ein positiver. Nach einer Woche und Hunderten von Veranstaltungen kann man postulieren: Das junge Afrika befindet sich im Aufbruch!
Auf die überwältigende Zuschauerresonanz können die Macher stolz sein. Auch auf die Qualität der Texte und Performances. Sie haben ein Festival auf die Beine gestellt, das ungewohnte Freiräume bietet. Für das offene Wort. Für ungewöhnliche Begegnungen. Für angstfreie Kontakte zwischen allen Bevölkerungsschichten. Mittlerweile entdecken sogar Touristen den Reiz dieser Atmosphäre. Viele kommen wegen Tanz, Theater oder Musik. Aber die Literatur behauptet sich erstaunlich gut. Denn nur hier kommen die Probleme - im Wortsinn - zur Sprache. Bereit für einen Neuanfang.
Harare International Festival of the Arts - Kulturfestival Hifa