Weshalb zeigt ausgerechnet ein Museum ohne Sammlung wie das New Yorker New Museum eine Ausstellung übers Sammeln? Weil, so Kurator Massimilano Gioni, gerade eine solche Institution sich dafür eigne, die Rolle des Museums als Ort für die Aufbewahrung von Objekten zu hinterfragen:
"Was heißt es, für Objekte verantwortlich zu sein? Was bedeutet es, für Kunstwerke verantwortlich zu sein? Was für eine Art von Kunst- oder Kulturgeschichte wollen wir erzählen? Welche Objekte wollen wir in unseren Museen haben? Wie wollen wir sie präsentieren? Was für ein Kunstverständnis wollen wir dadurch vermitteln?"
Um es vorweg zu nehmen: Antworten auf diese Fragen bleibt das New Museum Besuchern schuldig. Stattdessen präsentiert es sich als Kuriositätenkabinett voller Kuriositätenkabinette.
Einer der ältesten Sammler, den es mit seinen Schätzen vorstellt, ist der Deutsche Korbinian Aigner. Aigner war ein katholischer Pfarrer mit einer Leidenschaft für Äpfel und Birnen. Von 1912 an bis zu seinem Tod 1966 malte er 900 postkartengroße Bilder dieser Früchte. An seinem pomologischen Verzeichnis arbeitete er selbst in Dachau, wo er während des Zweiten Weltkrieges wegen seiner Opposition zum Nazi-Regime interniert war.
"The Keeper" sei keine Ausstellung von Künstlern, sagt Massimiliano Gioni:
"In New York und in der Welt der zeitgenössischen Kunst überhaupt haben wir uns auf einen sehr engen Kunstbegriff geeinigt. Wir erwarten von Künstlern, dass sie Werke schaffen, die wir überwältigt anstaunen können. Dabei sind Objekte so viel mehr als das. Sie können uns etwas über den Ort und die Zeit erzählen, in denen sie entstanden sind, und etwas über die Person, denen sie etwas bedeutet haben. Das sind nicht nur individuelle Geschichten, sondern Geschichten aus vielen unterschiedlichen Leben."
Keine Hierarchien zwischen Künstlern und Amateuren also. Das ist ein Credo, das Massimilano Gioni schon als künstlerischer Leiter der vorletzten Biennale in Venedig verfochten hat. Dort gewährte er 2013 wie nun im New Museum Kunst-In- und Outsidern gleichermaßen eine Bühne.
"Was heißt es, für Objekte verantwortlich zu sein? Was bedeutet es, für Kunstwerke verantwortlich zu sein? Was für eine Art von Kunst- oder Kulturgeschichte wollen wir erzählen? Welche Objekte wollen wir in unseren Museen haben? Wie wollen wir sie präsentieren? Was für ein Kunstverständnis wollen wir dadurch vermitteln?"
Um es vorweg zu nehmen: Antworten auf diese Fragen bleibt das New Museum Besuchern schuldig. Stattdessen präsentiert es sich als Kuriositätenkabinett voller Kuriositätenkabinette.
Einer der ältesten Sammler, den es mit seinen Schätzen vorstellt, ist der Deutsche Korbinian Aigner. Aigner war ein katholischer Pfarrer mit einer Leidenschaft für Äpfel und Birnen. Von 1912 an bis zu seinem Tod 1966 malte er 900 postkartengroße Bilder dieser Früchte. An seinem pomologischen Verzeichnis arbeitete er selbst in Dachau, wo er während des Zweiten Weltkrieges wegen seiner Opposition zum Nazi-Regime interniert war.
"The Keeper" sei keine Ausstellung von Künstlern, sagt Massimiliano Gioni:
"In New York und in der Welt der zeitgenössischen Kunst überhaupt haben wir uns auf einen sehr engen Kunstbegriff geeinigt. Wir erwarten von Künstlern, dass sie Werke schaffen, die wir überwältigt anstaunen können. Dabei sind Objekte so viel mehr als das. Sie können uns etwas über den Ort und die Zeit erzählen, in denen sie entstanden sind, und etwas über die Person, denen sie etwas bedeutet haben. Das sind nicht nur individuelle Geschichten, sondern Geschichten aus vielen unterschiedlichen Leben."
Keine Hierarchien zwischen Künstlern und Amateuren also. Das ist ein Credo, das Massimilano Gioni schon als künstlerischer Leiter der vorletzten Biennale in Venedig verfochten hat. Dort gewährte er 2013 wie nun im New Museum Kunst-In- und Outsidern gleichermaßen eine Bühne.
Zu den Insidern gehört die Kanadierin Ydessa Hendeles. Ihre Installation umfasst 3000 Fotografien von Leuten, die mit ihren Teddybären posieren. Hat man sich durch diesen Streichelzoo erst einmal durchgeguckt, ist einem die Lust aufs Kuscheln gründlich vergangen.
Der Amerikaner Howard Fried wiederum sammelt die abgelegten Kleider seiner Mutter, um deren Zerfall zu dokumentieren. Morbider Mief? Kunst? Selbsttherapie gegen Verlustängste? Egal, Hauptsache museal.
387 Miniaturhäuschen aus Leim und Pappe, Einklebealben, Quilts, Schnitzereien: Diese Ausstellung ist ein Plädoyer für die Demokratisierung und Individualisierung von Museen. Dazu passt das Manifest von Orhan Pamuk im Katalog. Darin fordert der türkische Literaturnobelpreisträger, dass in Zukunft nicht mehr die Prados und Louvres die Museumslandschaft dominieren, sondern die Stuben von Hinz und Kunz.
Das wäre bedauerlich. Gewöhnlichkeit ist keine Qualität, der gehuldigt werden muss. Die Entscheidung darüber, was es zu bewahren gilt, erwächst aus einem Konsens, der sich wie das Bewahrte selber auf die kulturellen Leistungen der Vergangenheit stützt. Beides gründet im Jetzt und deutet auf die Zukunft. Einzelschicksale mögen tragisch und Liebhaberprojekte schrullig sein – sie fallen letztlich auf sich selber zurück. Das ist zu wenig. Wer einmal in Hinz’ und Kunz’ guter Stube sass, weiss, wie langweilig es dort auf Dauer wird.
Der Amerikaner Howard Fried wiederum sammelt die abgelegten Kleider seiner Mutter, um deren Zerfall zu dokumentieren. Morbider Mief? Kunst? Selbsttherapie gegen Verlustängste? Egal, Hauptsache museal.
387 Miniaturhäuschen aus Leim und Pappe, Einklebealben, Quilts, Schnitzereien: Diese Ausstellung ist ein Plädoyer für die Demokratisierung und Individualisierung von Museen. Dazu passt das Manifest von Orhan Pamuk im Katalog. Darin fordert der türkische Literaturnobelpreisträger, dass in Zukunft nicht mehr die Prados und Louvres die Museumslandschaft dominieren, sondern die Stuben von Hinz und Kunz.
Das wäre bedauerlich. Gewöhnlichkeit ist keine Qualität, der gehuldigt werden muss. Die Entscheidung darüber, was es zu bewahren gilt, erwächst aus einem Konsens, der sich wie das Bewahrte selber auf die kulturellen Leistungen der Vergangenheit stützt. Beides gründet im Jetzt und deutet auf die Zukunft. Einzelschicksale mögen tragisch und Liebhaberprojekte schrullig sein – sie fallen letztlich auf sich selber zurück. Das ist zu wenig. Wer einmal in Hinz’ und Kunz’ guter Stube sass, weiss, wie langweilig es dort auf Dauer wird.