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"The Wizard of Oz"
In roten Lackschuhen ins surreale Zauberreich

Ende der 20er Jahre entdeckte der Film den Ton und damit fast zwangsläufig auch die Gattung des Film-Musicals. Kurz darauf kam die Farbe hinzu und eröffnete neue Dimensionen für die Unterhaltungsindustrie. Die Kombination aus beidem brachte einen Filmklassiker hervor: Vor 75 Jahren hatte "The Wizard of Oz" Premiere.

Von Hartmut Goege | 17.08.2014
    Ein Paar der roten Lackschuhe, die Judy Garland als Dorothy im Film "The Wizard of Oz" trug.
    Ein Paar der roten Lackschuhe, die Judy Garland als Dorothy im Film "The Wizard of Oz" trug. (AFP Photo / Profiles in History)
    Als am 17. August 1939 das Filmmusical "The Wizard of Oz" im New Yorker Capitol Theatre vor über 4000 Besuchern Premiere feierte, ahnte wohl kaum jemand der Anwesenden, dass er der Aufführung eines zukünftigen Film-Klassikers beiwohnte. Das Musical, das auf dem 1900 erschienenen Kinderbuch "The Wonderful Wizard of Oz" von Lyman Frank Baum basiert, erzählt die Geschichte des Mädchens Dorothy, das auf einer tristen Farm in Kansas aufwächst und Angst um ihren Hund Toto hat. Er soll eingeschläfert werden, weil er die böse Nachbarin Miss Gulch gebissen hat. In ihren Träumen erlebt Dorothy eine bessere Welt: Durch einen Wirbelsturm wird sie mitsamt Haus und Hund in das magische Land Oz geschleudert.
    "Toto, I don´t think we are in Kansas anymore."
    Dem Land Oz hinter dem Regenbogen galt schon immer ihre Sehnsucht, doch möchte Dorothy gern wieder nach Hause zurück. Aber nur der "Zauberer von Oz" kann ihre Rückkehr ermöglichen.
    In die Zauberer gesungen
    Obwohl "The Wizard of Oz" heute zu den schönsten und erfolgreichsten Hollywood-Musicals der Filmgeschichte zählt, startete das Werk alles andere als vielversprechend. Zu enttäuschend waren die ersten landesweiten Einspielergebnisse. Produktions- und Werbekosten waren explodiert. Mit fast vier Millionen Dollar wurde es zum teuersten Film des Jahrzehnts. Dabei hatte man nicht einmal die Wunschbesetzung, die damals elfjährige Shirley Temple - berühmtester Kinderstar seiner Zeit - für die Hauptrolle verpflichten können. Stattdessen sprang die noch wenig bekannte Judy Garland ein. Obwohl schon 17 Jahre alt, wirkte sie mit ihrer Größe von 1,50 Meter noch kindlich genug, um die Rolle einer zwölfjährigen zu spielen. Mit "Over The Rainbow", den das "American Film Institute" Jahrzehnte später an Nummer 1 der besten Filmsongs aller Zeiten setzte, sang sie sich in die Herzen der Zuschauer.
    Der Weg zum Zauberer wird zu einer abenteuerlichen Reise durch ein Märchen-Wunderland, auf dem Dorothy neue Freunde und Weggefährten findet: Eine Vogelscheuche ohne Hirn, die den Zauberer um Verstand bitten möchte, ein Blechmann, der sich ein mitfühlendes Herz wünscht und ein furchtsamer Löwe, der sich von ihm mehr Mut erhofft.
    Am Ende ihrer Reise, auf der sie alle eine böse Hexe zum Schmelzen bringen, mit fliegenden Affen kämpfen und feststellen, dass der Zauberer über keinerlei magische Kräfte verfügt, steht die Erkenntnis, dass sie all die gewünschten Fähigkeiten auf ihrer Reise längst erworben haben. Dorothy muss nur ihre roten Lackschuhe aneinanderschlagen, um zurückzukehren.
    Ein Meilenstein in Technicolor
    Neben Viktor Fleming, den der Vorspann als einzigen Regisseur aufführt, waren im Wechsel noch weitere vier hochkarätige Regisseure verschlissen worden. So war der Film im Grunde ein Werk seines Produzenten Mervin LeRoy und seines Ausstatters Cedric Gibbons. Sie machten den Film zu einem Meilenstein in Technicolor.
    Zu Beginn der Farbfilmära ging man noch sparsam mit der Colortechnik um. Übergänge zu Farbe sollten dann besondere Ereignisse andeuten. In "The Wizard of Oz" steht die anfängliche Alltags-Tristesse auf der Farm - die harte Realität - in schwarz-weissem Kontrast zur überbordenden Farbgestaltung einer Traumwelt. Wenn Dorothy die graubraune Haustür nach draußen öffnet, tritt sie ein in eine künstliche bonbonfarbene Kulissenlandschaft. Auch heute noch wirkt die Welt des Zauberers Oz wie eine fantastische surreale Reise in ein Zauberreich. Als Dorothy aus ihrem Traum erwacht, sind alle Farben wieder verschwunden. Dafür hält sie die uramerikanische Botschaft parat: Zu Hause ist es doch am schönsten:
    "Home sweet Home. There´s no place like home"
    Seine Popularität erlangte der Film vor allem nach Ende des Zweiten Weltkriegs, als das Publikum Ablenkung von der harten Realität suchte. Auch heute noch wirkt "The Wizard of Oz" wie eine fantastische surreale Reise in ein Zauberreich.