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Theater an der Wiener Burg
Schuldeneklat wird zum Personalstreit

Der Ruf des Theaters an der Wiener Burg ist beschädigt. Das dürfte dem Intendanten, Matthias Hartmann, zu verdanken sein. Er soll für das Millionendefizit des Hauses verantwortlich sein. Auch die Schauspieler distanzieren sich von ihm. Hartmann versucht derweil, seinen Kopf zu retten.

Von Katharina Menhofer |
    Die Papierkrone, in Form des Burgtheaters, die sich Matthias Hartmann anlässlich der Spielplanpräsentation vor einem halben Jahr scherzhalber aufs Haupt gesetzt hat - liegt arg ramponiert am Boden. Dass nun auch das eigene Ensemble draufsteigt, schmerzt wohl besonders.
    Drei von vier Ensemblemitgliedern sprechen Hartmann das Misstrauen aus. Das Ensemble will nicht glauben, dass die ehemalige Vizedirektorin Silvia Stantejsky allein für die Situation am Burgtheater verantwortlich sei. Burgschauspieler Johannes Krisch:
    "Ich glaube, dass es ein Aufrütteln sein muss an die Verantwortlichen in den Führungsetagen, dass man sich seiner Verantwortung stellen muss und nicht sagen kann, man hat von nichts gewusst, weil die finanziellen Gebahrungen des Hauses ja oft und lang genug in den Aufsichtsräten usw. beschlossen wurden.“
    "Noch nie so eine extreme Situation erlebt"
    Im Ensemble herrscht Angst - einige Jahresverträge - darunter jener von Udo Samel und Corinna Kirchhoff - wurden nicht mehr verlängert. Burgschauspieler Peter Matic:
    "Wenn jetzt massive Nicht-Vertragsverlängerungen erfolgen, ist das mehr als beunruhigend und ich habe noch nie eine so extreme Situation erlebt."
    Die politische Opposition fordert Hartmanns Rücktritt - die FPÖ will drastisch ein "Köpferollen" auf Führungsebene und spricht vom "Ausmisten" am Burgtheater, und die Grünen, die Hartmann als Feudalherren bezeichnen - sehen trotz noch ausstehendem Prüfungsbericht genügend Gründe für den Burgchef den Hut zu nehmen. Einzig Kulturminister Josef Ostermayer von der SPÖ steht hinter Hartmann, und versucht wie dieser zu kalmieren. Er will sich mit dem Ensemble zusammensetzen, hat aber schon angekündigt, dass es nicht mehr Geld für die Burg gibt.
    "Nachdem, was bisher vorliegt, auch der Zwischenbericht dieses externen Unternehmens, würd ich keinen Grund sehen, das Vertrauen zu entziehen."
    Interessantes Detail am Rande - KPMG - jene Wirtschaftsprüfungsfirma, die derzeit den Fall Stantejsky untersucht, hat auch die Bilanz des Jahres 2011/12 geprüft - und keine wesentlichen Schwachstellen des internen Kontrollsystems feststellen können. Sollten da nicht vielleicht auch die Prüfer auf den Prüfstand?
    Absage aus Ungarn
    Auch aus dem Ausland werden Stimmen gegen Hartmann laut. Im Züricher Schauspielhaus habe Hartmann ebenfalls mit Verlusten abgeschlossen, er hätte stille Reserven aufgelöst und anders als behauptet, das Schauspielhaus nicht als Sanierungsfall übernommen, sondern es erst zu diesem gemacht. Und aus Ungarn kommt die Absage des Nationaltheaters für ein im März geplantes Ungarn Festival am Burgtheater.
    Das Burgtheater sei nicht der richtige Schauplatz, um hinsichtlich der Angelegenheiten eines anderen Landes die Vermittlerrolle zu spielen. Die Absage kann man freilich als willkommene Retourkutsche interpretieren, weil das Burgtheater selbst im September eine Einladung des Ungarischen Nationaltheaters ausgeschlagen hat.
    Hartmann stellt sich in einer Pressekonferenz
    Wie immer der Endbericht der Wirtschaftsprüfer Ende Februar ausfallen wird - und wie klar die Schuldfrage bis dahin geklärt sein wird - wie das Acht-Millionen-Loch gestopft werden soll - darüber darf man sich jetzt schon Gedanken machen. Die angedachten Immobilienverkäufe sind kurz gedacht, immerhin beziehen die Bundestheater aus ihren Immobilien jährlich 1,5 Millionen Euro aus externen Vermietungen. "Lieber Immobilien verkaufen als Spielstätten schließen," sagt Burgtheaterchef Matthias Hartmann.
    Der von allen Seiten angegriffene Burgchef ist auch vor persönlichen Untergriffen, seinen Lebensstil betreffend, nicht gefeit. Er gibt derzeit keine Interviews, wird sich aber morgen in einer Pressekonferenz den Medien stellen. In einem Zeitungsinterview am Wochenende hat er an die Vernunft appelliert: "Bevor es Menschenopfer gäbe, müsse man alles daran setzen, andere Lösungen zu finden". Ein verzweifelter Ruf, von einem, dem das Messer angesetzt wurde, und der um seinen eigenen Kopf fürchtet. Noch liegt ja nur die Krone im Dreck.